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Calibans Krieg

Calibans Krieg

Titel: Calibans Krieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James S. A. Corey
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losging.
    »Wie lange noch?«, fragte Avasarala. Sie schlürfte dünnen Kaffee, den sie als Ersatz für den Tee zubereitet hatte, aus einem Trinkbeutel.
    Holden dachte daran, sie auf die Navigationsinformationen hinzuweisen, die auf jeder Konsole der Rosinante abzulesen waren, verzichtete aber schließlich darauf. Avasarala wollte nicht von ihm wissen, wie sie es selbst finden konnte. Sie wollte, dass er es ihr sagte. Sie war nicht daran gewöhnt, selbst auf die Knöpfe zu drücken. Ihrer Ansicht nach bekleidete sie einen höheren Rang als er. Holden fragte sich, wie die Befehlshierarchie in dieser Situation wirklich aussah. Wie viele illegale Kapitäne gestohlener Schiffe brauchte es, um eine in Ungnade gefallene UN-Beamtin aufzuwiegen? Allein mit dieser Frage konnte sich ein Gericht Jahrzehnte beschäftigen.
    Außerdem war er Avasarala gegenüber etwas unfair. Es ging ja gar nicht darum, dass er ihre Befehle ausführen sollte. Sie befand sich in einer Situation, für die sie nicht ausgebildet war. Sie war der am wenigsten nützliche Mensch in diesem Raum und versuchte, ein wenig Kontrolle auszuüben. Sie wollte den Raum, der sie umgab, nach ihren eigenen Vorstellungen formen.
    Vielleicht wollte sie auch einfach nur eine menschliche Stimme hören.
    »Es sind noch achtzehn Stunden«, erklärte Holden. »Die meisten anderen Schiffe, die nicht zu unserer Flotte gehören, werden vorher eintreffen. Diejenigen, die bis dahin noch nicht da sind, werden zu spät kommen. Wir können sie also ignorieren.«
    »Achtzehn Stunden.« Avasarala sprach es fast ehrfürchtig aus. »Der Weltraum ist verdammt groß. Es ist immer wieder das gleiche Spiel.«
    Er hatte richtig geraten. Sie wollte einfach nur reden, also ließ er sie. »Was für ein Spiel meinen Sie?«
    »Imperien. Jedes Imperium wächst, bis es eine Größe erreicht, die nicht mehr beherrscht werden kann. Zuerst kämpfen wir um die besten Äste auf einem Baum. Dann steigen wir hinab und streiten uns um ein paar Hektar voller Bäume. Jemand entdeckt, wie man auf Pferden reitet, und es entstehen Reiche von immenser Ausdehnung. Schiffe eröffnen die Möglichkeit, sich über Ozeane hinweg auszubreiten. Der Epstein-Antrieb hat uns die äußeren Planeten geschenkt …«
    Sie ließ den Satz unvollendet und tippte auf der Com-Konsole etwas ein. Wem sie die Nachrichten schickte, verriet sie nicht, und Holden machte sich nicht die Mühe zu fragen. Als sie fertig war, sagte sie: »Aber die Geschichte ist immer die gleiche. Ganz egal, wie gut die Technologie ist, irgendwann erreichen Sie einen Punkt, an dem Sie ein Gebiet erobern, das Sie nicht auf Dauer halten können.«
    »Meinen Sie die äußeren Planeten?«
    »Nicht nur.« Sie sprach jetzt leise und nachdenklich. »Dies gilt ganz allgemein für alle Arten von Imperien. Die Briten konnten Indien und Nordamerika nicht halten, denn warum sollten die Menschen auf einen König hören, der sechstausend Kilometer entfernt war?«
    Holden fummelte an der Luftdüse seines Pults herum und richtete sie auf sein Gesicht aus. Die kühle Luft roch leicht nach Ozon und Öl. »Die Logistik ist immer ein Problem.«
    »Und ob. Wenn Sie eine gefährliche Reise von sechstausend Kilometern über den Atlantik unternehmen müssen, um mit Kolonisten zu kämpfen, hat der Gegner einen verdammt großen Heimvorteil.«
    »Wenigstens haben wir Erder uns das überlegt, ehe wir gegen den Mars zu kämpfen begannen. Der ist sogar noch weiter weg, und manchmal ist obendrein die Sonne im Weg.«
    »Manche Leute haben uns nie verziehen, dass wir den Mars nicht gedemütigt haben, als sich die Gelegenheit bot«, erklärte Avasarala. »Ich arbeite für ein paar von ihnen. Diese verdammten Idioten.«
    »Ich dachte, die Moral Ihrer Geschichte sei die, dass genau diese Leute am Ende immer verlieren.«
    »Diese Leute sind nicht das eigentliche Problem.« Sie richtete sich auf und ging langsam zur Leiter. »Die Venus beherbergt jetzt möglicherweise ein Vorauskommando des ersten Imperiums, dessen Reichweite seiner Macht entspricht. Das verdammte Protomolekül hat uns als die Kleinstadtganoven bloßgestellt, die wir tatsächlich sind. Wir sind drauf und dran, unser Sonnensystem zu verlieren, weil wir dachten, wir könnten Flughäfen aus Bambus bauen und die Fracht mit Beschwörungen herbekommen.«
    »Schlafen Sie sich aus«, riet Holden ihr, als sie den Leiteraufzug rief. »Wir besiegen die Imperien immer eins nach dem anderen.«
    »Vielleicht.« Sie verschwand, hinter ihr fiel

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