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Calibans Krieg

Calibans Krieg

Titel: Calibans Krieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James S. A. Corey
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anzufauchen.
    »Wo, zum Teufel, steckt Bobbie?«, sagte er zu niemand im Besonderen. Er hatte sie nicht mehr gesehen, seit sie die Umlaufbahn um Io erreicht hatten.
    »Vorhin war sie noch in der Werkstatt«, antwortete Amos über Funk. »Sie hatte gerade meine Schrotflinte zerlegt. Ich glaube, sie wartet alle Waffen und Rüstungen.«
    »Das …« Holden hätte wirklich gern jemanden angebrüllt. »Das ist sehr hilfreich. Sag ihr, sie soll ihren Anzug anlegen und den Funk einschalten. Es könnte sein, dass es bald rundgeht.«
    Er brauchte einige Sekunden, bis er wieder ruhig atmete und sich entspannt hatte. Dann richtete er den Blick auf die Gefechtskonsole.
    »Alles klar bei dir?«, fragte Naomi über ihren privaten Kanal.
    »Nein«, antwortete er. Mit dem Kinn drückte er auf einen Knopf, um dafür zu sorgen, dass sie als Einzige seine Antwort hörte. »Nein, ich habe Todesangst.«
    »Ich dachte, wir wären darüber hinaus.«
    »Darüber hinaus, Angst zu haben?«
    »Nein.« Er konnte hören, dass sie lächelte. »Darüber hinaus, dir selbst die Schuld zu geben. Ich habe auch Angst.«
    »Ich liebe dich.« Er spürte den gleichen Schauer wie immer, wenn er es ihr sagte, halb Furcht und halb Stolz.
    »Du solltest lieber den Blick auf dein Pult richten«, neckte sie ihn. Sie sagte nie, dass sie ihn liebte, wenn er es zuerst gesagt hatte. Sie fand, dass die Worte ihre Kraft verloren, wenn man sie zu oft aussprach. Er verstand, was sie damit meinte, hoffte aber trotzdem, sie werde wenigstens dieses eine Mal gegen die Regel verstoßen. Er wollte es hören.
    Avasarala hatte sich über die Com-Station gebeugt wie eine alte Wahrsagerin, die in eine trübe Kristallkugel starrte. Der Raumanzug hing an ihr wie die übergroßen Mäntel einer Vogelscheuche. Holden überlegte, ob er ihr befehlen sollte, den Helm zu schließen, dann zuckte er mit den Achseln. Sie war alt genug, um selbst einzuschätzen, ob sie das Risiko eingehen wollte, auf dem Schlachtfeld Pistazien zu essen.
    Regelmäßig griff sie in die Handtasche und zog eine neue Pistazie heraus. Rings um sie schwebte eine wachsende Wolke winziger Schalenstücke in der Luft. Es störte ihn mächtig, dass sie ihren Müll auf seinem Schiff verbreitete, aber ein Kriegsschiff war nicht so empfindlich, dass ein wenig schwebender Abfall irgendwelchen Schaden anrichten konnte. Entweder wurde er von der Luftaufbereitung angesaugt und blieb in den Filtern hängen, oder er würde unter Schub auf den Boden fallen, wo man ihn aufwischen konnte. Holden fragte sich, ob Avasarala schon einmal in ihrem Leben irgendetwas geputzt hatte.
    Während er sie beobachtete, legte die alte Dame den Kopf schief und lauschte jemandem, den nur sie hören konnte. Ihre Hand schoss blitzschnell wie ein Vogelschnabel nach vorn und tippte auf den Bildschirm. Eine neue Stimme war im Schiffscom zu hören, dieses Mal mit dem leichten Rauschen unterlegt, das entstand, wenn die Sendung Millionen von Kilometern weit durch den Raum übertragen wurde.
    »…kretär Esteban Sorrento-Gillis. Unlängst habe ich die Einrichtung eines Ermittlungsausschusses angekündigt, der die möglicherweise missbräuchliche Verwendung von UN-Ressourcen für illegale biologische Waffenentwicklungen untersuchen sollte. Die Ermittlungen sind noch nicht abgeschlossen, und der Ausschuss kann derzeit noch keine konkreten Beschuldigungen formulieren, doch im Interesse der öffentlichen Sicherheit und um die Ermittlungen so gründlich und umfassend wie möglich durchführen zu können, werden verschiedene UN-Mitarbeiter in Schlüsselpositionen zum Zweck der Befragung auf die Erde zurückgerufen. Dies ist zunächst einmal Admiral Augusto Nguyen von der Raummarine der Vereinten Nationen. Zweitens …«
    Avasarala drückte auf die Taste und schaltete den Feed ab. Offenen Mundes starrte sie einige Sekunden lang die Konsole an. »Oh, verdammt noch mal.«
    Im ganzen Schiff schlugen Alarmsignale an.

48 Avasarala
    »Ich habe schnelle Objekte auf dem Schirm«, übertönte Naomi die plärrenden Warnsignale. »Das UN-Flaggschiff feuert.«
    Avasarala schloss den Helm und fand auf dem Helmdisplay bestätigt, was Naomi gesagt hatte. Sie tippte auf die Kommunikationskonsole. Ihre Gedanken bewegten sich viel schneller als die Hände. Errinwright hatte sich auf einen Deal eingelassen, und Nguyen wusste es. Der Admiral war nicht sehr glücklich darüber, dass man ihn auf diese Weise hängen ließ. Auf der Konsole öffnete sich ein Fenster: eine eingehende

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