Calibans Krieg
Kinderschreie waren.
»Ich wollte mit Ihnen sprechen«, begann sie.
»Ich bin hier.« Bobbie zuckte mit den Achseln.
»Ist das ein Problem?«
»Ich kann Ihnen nicht folgen. Was für ein Problem?«
»Dass Sie hier sind.«
Bobbie wandte den Blick ab, und ihre Miene versteinerte. Damit hatte Avasarala gerechnet.
»Sie sind hinuntergegangen, um zu sterben, aber das Universum hat Ihnen schon wieder einen Streich gespielt. Sie haben gesiegt und leben noch, und die Probleme sind nicht verschwunden.«
»Einige schon«, widersprach Bobbie. »Aber nicht alle. Und wenigstens haben wir Ihr Spiel gewonnen.«
Avasarala hustete und lachte gleichzeitig. Der Impuls reichte aus, um sie in eine leichte Drehbewegung zu versetzen. Sie streckte den Arm aus und fing sich an einer Wand ab.
»So ist es in dem Spiel, das ich spiele. Man gewinnt nie. Es kommt lediglich darauf an, nicht zu verlieren. Errinwright hat verloren. Soren und Nguyen ebenfalls. Ich habe sie aus dem Spiel geworfen und bin dringeblieben, aber jetzt? Errinwright wird ehrenvoll verabschiedet, und ich bekomme seinen Job.«
»Wollen Sie ihn denn?«
»Was ich will, spielt keine Rolle. Ich bekomme das Angebot, weil die Leute nicht glauben dürfen, der Klopskopf hätte mich geschnitten. Ich akzeptiere, damit die Leute nicht glauben, ich sei nicht mehr hungrig genug, und man müsse mich nicht mehr fürchten. Ich werde unmittelbar dem Generalsekretär unterstellt, besitze mehr Macht und trage eine größere Verantwortung. Mehr Freunde, mehr Feinde. Das ist der Preis des Spiels.«
»Es muss doch eine Alternative geben.«
»Die gibt es. Ich könnte in den Ruhestand gehen.«
»Warum tun Sie das nicht?«
»Oh, das werde ich tun«, sagte Avasarala. »An dem Tag, an dem mein Sohn nach Hause kommt. Was ist mit Ihnen? Wollen Sie nicht den Dienst quittieren?«
»Fragen Sie, ob ich immer noch plane, mich selbst umzubringen?«
»Genau das.«
Es gab eine Pause. Das war gut, denn es bedeutete, dass Bobbie wirklich nachdachte, ehe sie antwortete.
»Nein«, sagte sie schließlich. »Ich glaube nicht. In einen Kampf ziehen ist eine Sache. Darauf kann ich stolz sein. Aber einfach nur losgehen und mich töten lassen, das könnte ich nicht.«
»Sie sind in einer interessanten Position«, erklärte Avasarala. »Überlegen Sie sich genau, was Sie damit anfangen wollen.«
»In welcher Position bin ich denn? In der einer gesetzlosen?«
»Sie haben Ihre Regierung verraten und sind eine patriotische Heldin. Eine Märtyrerin, die nicht gestorben ist. Eine Marsianerin, deren beste und einzige Freundin die Regierung der Erde leiten wird.«
»Sie sind nicht meine einzige Freundin«, widersprach Bobbie.
»Quatsch. Alex und Amos zählen nicht. Die wollen Ihnen doch nur an die Wäsche.«
»Sie nicht?«
Avasarala lachte wieder. Bobbie lächelte wenigstens. Das war mehr, als ihr seit der Rückkehr bisher zu entlocken gewesen war. Die ältere Frau seufzte schwer und melancholisch.
»Ich fühle mich immer noch verfolgt«, gestand Bobbie schließlich. »Ich dachte, es geht vorbei. Ich dachte, wenn ich mich der Angst stelle, verschwindet das alles.«
»Es verschwindet nicht. Nie. Aber man wird besser darin.«
»Worin?«
»Darin, sich verfolgt zu fühlen«, erklärte Avasarala. »Überlegen Sie sich, was Sie tun wollen. Überlegen Sie, wer Sie werden wollen. Und dann sprechen Sie mit mir, und wenn es mir möglich ist, sorge ich dafür, dass Sie es bekommen.«
»Warum?«, fragte Bobbie. »Ehrlich, warum? Ich bin Soldatin und habe einen Auftrag erledigt. Sicher, der Einsatz war härter und eigenartiger als alles, was ich bisher getan habe, aber ich habe es erledigt. Ich habe es getan, weil es getan werden musste. Sie sind mir nichts schuldig.«
Avasarala zog eine Augenbraue hoch.
»Ich bringe meine Zuneigung mit politischen Gunstbeweisen zum Ausdruck«, erklärte sie.
»Hört zu, Leute«, rief Alex über die Schiffslautsprecher. »Wir haben grünes Licht und geben in dreißig Sekunden Schub, falls nicht irgendjemand Einwände erhebt. Macht euch darauf gefasst, dass ihr gleich wieder etwas wiegt.«
»Vielen Dank für das Angebot«, sagte Bobbie. »Aber es könnte eine Weile dauern, ehe ich weiß, ob ich es annehmen will.«
»Was werden Sie denn als Nächstes tun?«
»Ich fliege nach Hause. Ich will meine Familie sehen. Meinen Dad. Ich glaube, ich bleibe eine Weile dort und überlege mir, wer ich überhaupt bin. Wie ich noch einmal von vorne anfange. Etwas in dieser Art.«
»Die Tür
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