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Calibans Krieg

Calibans Krieg

Titel: Calibans Krieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James S. A. Corey
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Bett ging, wenn sie betrunken genug war, doch sie würde sich nie darauf verlassen, dass er ihr im Kampf den Rücken deckte. Wenn sie es recht bedachte, würde sie sich auch niemals so sehr betrinken.
    »Draper!«, rief Avasarala, die sie endlich bemerkt hatte.
    »Ja, Madam.« Bobbie machte einen Schritt nach vorn. Alle anderen stellten ihre Unterhaltungen ein und beobachteten sie.
    »Sie sind mein Verbindungsoffizier«, sagte Avasarala. Die Ringe unter ihren Augen waren so tief, dass es eher nach einer Erkrankung als nach Übermüdung aussah. »Also machen Sie sich sofort an die Arbeit, und rufen Sie Ihre Leute an.«
    »Was ist passiert?«
    »Die Situation vor Ganymed ist eskaliert und könnte in eine Katastrophe münden«, sagte sie. »Wir befinden uns in einem heißen Krieg.«

21 Prax
    Prax kniete, die Arme hatte man ihm so stramm hinter dem Rücken gefesselt, dass die Schultern schmerzten. Es tat weh, den Kopf oben zu halten, und es tat weh, ihn sinken zu lassen. Amos lag auf dem Bauch. Prax hielt ihn für tot, bis er sah, dass auch der Mechaniker gefesselt war. Die nichttödlichen Geschosse ihrer Entführer hatten auf Amos’ Hinterkopf eine riesige blaue und schwarze Schwellung hinterlassen. Die meisten anderen – Holden, einige Söldner von Pinkwater, sogar Naomi – waren auf ähnliche Weise gefesselt wie er.
    Vor vier Jahren hatten sie einen Mottenbefall gehabt. Der Versuch, die Ausbreitung einzudämmen, war gescheitert, und die drei Zentimeter großen Woll-Rindeneulen waren über seine Kuppel hergefallen. Er und seine Helfer hatten eine Wärmefalle gebaut: ein paar Tupfer Pheromone auf eine hitzebeständige Glasfiberplatte unter den großen Vollspektrumlampen. Die Motten waren den Lampen zu nahe gekommen, und die Hitze hatte sie getötet. Der Geruch der brennenden kleinen Körper hatte tagelang die Luft verpestet. Der Geruch entsprach haargenau demjenigen des Brenneisens, mit dem die Entführer den verletzten Pinkwater-Mann behandelten. Von dem Plastiktisch, auf den sie ihn gelegt hatten, stieg weißer Rauch auf.
    »Ich bin nur …«, stöhnte der halb betäubte Verletzte. »Macht nur weiter. Beendet das ohne mich. Ich bin dann …«
    »Noch eine Blutung«, sagte eine Frau. Sie hatte ein fleischiges Gesicht und ein Muttermal unter dem linken Auge. Blut hatte ihre Gummihandschuhe benetzt. »Genau hier.«
    »Ich hab’s.« Der Mann mit dem Brenneisen führte die Metallspitze in die offene Bauchwunde des Patienten ein. Das scharfe Knacken der elektrischen Entladungen war zu hören, dann kringelte sich wieder eine Rauchwolke zur Decke.
    Auf einmal rollte sich Amos herum. Seine Nase war ein blutiger Matsch, das Gesicht mit Schorf bedeckt. »Ingch könnge mich irren, Gnäptn«, nuschelte er durch die angeschwollene Nase, »aber ingch glaub nich, dass die da Wachleugne der Stagnion sind.«
    Der Raum, den Prax nach dem Abnehmen der Haube gesehen hatte, entsprach ganz und gar nicht den Zellen der Gesetzeshüter, die er kannte. Eher schon erinnerte er an ein altes Büro, das ein Sicherheitsinspektor oder ein Frachtagent in den alten Tagen vor dem Einsetzen der Reaktionskaskade benutzt haben mochte: ein langer Schreibtisch mit eingebautem Terminal, ein paar in der Decke versenkte Leuchten, eine tote Pflanze – eine Sanseviera trifasciata – mit langen, grünbraunen Blättern, die sich zu dunklem Schleim zersetzten. Die mit grauen Rüstungen ausstaffierten Wächter oder Soldaten, oder was sie auch darstellten, waren methodisch und effizient vorgegangen. Die Gefangenen befanden sich an einer Wand und waren an Fuß- und Handgelenken gefesselt. Die Handterminals, Waffen und persönlichen Habseligkeiten waren an der anderen Wand aufgestapelt. Zwei Wächter achteten darauf, dass niemand sie berührte. Die Rüstungen, die sie Holden und Amos abgenommen hatten, lagen neben den Waffen auf dem Boden. Schließlich hatten die beiden, die Prax für Sanitäter hielt, mit der Arbeit begonnen und sich zunächst um die Schwerverletzten gekümmert. Bisher hatten sie noch nicht die Zeit gefunden, jemand anders zu behandeln.
    »Hat jemand eine Ahnung, mit wem wir es zu tun haben?«, fragte Wendell leise.
    »Es ist nicht die AAP«, erklärte Holden.
    »Damit bleiben noch eine ganze Menge andere Verdächtige übrig«, entgegnete der Hauptmann von Pinkwater. »Haben Sie irgendjemanden so verärgert, dass ich es jetzt besser erfahren sollte?«
    Holdens Augen nahmen einen schmerzlichen Ausdruck an. Er machte eine Bewegung, die einem

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