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Calibans Krieg

Calibans Krieg

Titel: Calibans Krieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James S. A. Corey
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gehört.«
    »Ja, Madam«, sagte Soren.
    Endlich blickte Bobbie zwischen den beiden hin und her. Soren wurde vor einem neuen Teammitglied heruntergeputzt, das zugleich technisch gesehen der Feind war. Seine Miene hatte sich jedoch nicht verändert. Er wirkte, als ginge er nachsichtig mit einer geistesschwachen Großmutter um. Avasarala schnalzte ungeduldig mit der Zunge.
    »Habe ich mich nicht deutlich ausgedrückt? Habe ich die Fähigkeit zu sprechen verloren?«
    »Keineswegs, Madam«, erwiderte Soren.
    »Bobbie? Können Sie mich verstehen?«
    »J-ja, Madam.«
    »Gut. Dann verschwinden Sie aus meinem Büro, und machen Sie sich an die Arbeit. Bobbie, Sie lesen. Soren: Tee.«
    Bobbie wandte sich zum Gehen. Soren starrte sie mit ausdrucksloser Miene an. Das war in gewisser Weise sogar noch beunruhigender, als wenn er ein gewisses Maß an selbstgerechter Empörung gezeigt hätte.
    Als Bobbie an ihm vorbeiging, fiel Avasarala etwas ein. »Soren, warten Sie. Bringen Sie das hier Foster im Datendienst.« Sie reichte Soren eine Art Memorystick. »Sorgen Sie dafür, dass er dies bekommt, ehe er Feierabend macht.«
    Soren nickte, lächelte und nahm das kleine schwarze Plastikding entgegen. »Selbstverständlich.«
    Als er und Bobbie Avasaralas Büro verlassen und Soren die Tür hinter ihnen geschlossen hatte, atmete Bobbie gedehnt aus und lächelte ihn an.
    »Mann, das war aber unangenehm. Es tut mir leid, dass …« Sie hielt inne, als sie sah, dass Soren die Hand gehoben hatte und ihre Anteilnahme mit einem lässigen Winken abtat.
    »Das war nichts«, antwortete er. »Sie ist heute sogar ziemlich gut drauf.«
    Als sie ihn noch offenen Mundes anstarrte, wandte Soren sich schon ab und warf den Memorystick auf seinen Schreibtisch, wo er unter die Verpackung einer halb geleerten Keksschachtel rutschte. Er ließ sich nieder, schnappte sich einen Kopfhörer und ging auf dem Schreibtischdisplay eine Reihe von Telefonnummern durch. Bobbie nahm er anscheinend überhaupt nicht mehr wahr.
    »Sie wissen ja, ich soll nur ein paar Sachen lesen«, sagte Bobbie endlich. »Wenn Sie zu tun haben, könnte ich auch das Ding zu dem Mann vom Datenservice bringen. Ich meine, falls Sie mit anderen Aufgaben beschäftigt sind.«
    Soren bequemte sich nun doch noch, ihr einen fragenden Blick zu schenken.
    »Warum sollten Sie das für mich tun?«
    »Na ja.« Bobbie blickte auf die Zeitanzeige ihres Terminals. »Es ist jetzt fast achtzehnhundert Lokalzeit, und ich weiß nicht, wann Sie normalerweise Feierabend machen, also dachte ich mir …«
    »Keine Sorge. Meine Hauptaufgabe besteht darin, dafür zu sorgen, dass sie da drinnen«, er nickte in die Richtung der verschlossenen Tür, »zufrieden und glücklich ist. Bei ihr hat alles höchste Priorität. Deshalb ist gar nichts wirklich wichtig, verstehen Sie? Ich erledige die Dinge, wenn sie erledigt werden müssen. Bis dahin kann die Zicke meinetwegen meckern, wenn ihr das irgendetwas gibt.«
    Bobbie war entsetzt und überrascht. Nein, das war keine Überraschung. Schock.
    »Haben Sie Avasarala wirklich gerade als Zicke bezeichnet?«
    »Wie würden Sie sie denn nennen?«, gab Soren mit entwaffnendem Grinsen zurück. Oder machte er sich über sie lustig? War das alles für ihn nur ein Scherz? Avasarala, Bobbie und sogar das Monster auf Ganymed? Ungerufen kam ihr ein Bild in den Sinn, wie sie den selbstgefälligen Assistenten aus dem Stuhl riss und zu einer Zickzacklinie verformte. Automatisch spannte sie die Hände an.
    Schließlich sagte sie jedoch nur: »Madam Untergeneralsekretärin hielt es wohl für ziemlich wichtig.«
    Soren drehte sich wieder zu ihr um. »Machen Sie sich deshalb keine Sorgen, Bobbie. Wirklich nicht. Ich weiß schon, wie ich meine Arbeit erledigen muss.«
    Sie blieb noch einen Moment stehen.
    »Das habe ich begriffen«, antwortete sie.
    Plärrende Musik riss Bobbie aus dem Schlaf. In fast völliger Dunkelheit fuhr sie in dem unvertrauten Bett auf. Das einzige Licht war ein leichtes, mattes Pulsieren auf ihrem Handterminal, das auf der anderen Seite des Raumes lag. Die Musik brach mit einem unmelodischen Lärm ab und wechselte zu dem Song, den sie als akustisches Signal für eingehende Gespräche gewählt hatte. Jemand rief sie an. Sie verfluchte den Anrufer in drei Sprachen und versuchte, über das Bett zum Terminal zu kriechen.
    Früher als erwartet erreichte sie die Bettkante und stürzte mit dem Gesicht voran auf den Boden. Ihr Körper, der noch im Halbschlaf lag, konnte die

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