Caligula - Eine Biographie
gemacht. Das Bestreben, den Status des Kaisers möglichst nicht in Erscheinung treten zu lassen, hatte vielmehr dazu geführt, daß die alten Formen äußerlich weitgehend unverändert fortgesetzt, damit aber zunehmend unpraktikabel wurden. Das Haus des Kaisers war klein, die Ausstattung bescheiden, das Gedränge bei der Salutatio, zu der bei bestimmten Gelegenheiten die gesamte Aristokratie erschien, groß, und da auch die Gastmähler auf die übliche Größe beschränkt blieben, mußte Augustus, wie berichtet wird, «ständig» Gastmähler abhalten, bei denen er aus Zeitmangel oft später kam und früher wieder ging. In den letzten Jahren der Herrschaft des Tiberius schließlich, als der Kaiser zurückgezogen auf Capri lebte, hatte es in Rom gar kein kaiserliches «Haushalten» mehr gegeben. Wie sollte nun der neue junge Kaiser sein Haus führen? Sollte es in Größe und Pracht weiterhin hinter dem in der Aristokratie längst praktizierten Standard zurückbleiben? Sollte er regelmäßig den gesamten Senat und die vornehmsten Ritter zum Morgenempfang laden? Sollte er sich bei abendlichen Gastmählern mit ehrenvollen alten Männern umgeben und auf die Einhaltung ihres Ranges bedacht sein?
Tiberius hatte bei seinem Tod mehr als zwei Milliarden Sesterzen hinterlassen. Er ist somit das Beispiel dafür, daß Sparsamkeit als solche einen römischen Kaiser nicht beliebt machen konnte. Von Caligula wird berichtet, daß er diese und weitere Gelder in einem (Sueton) bzw. zwei Jahren (Cassius Dio) aufbrauchte. Das meiste wurde zweifellos für die riesigen Schenkungen ausgegeben, die er zu Beginn seiner Herrschaft dem Volk von Rom und den Soldaten zukommen ließ, aber einbeträchtlicher Teil davon scheint in seine Haushaltung geflossen zu sein. Die Folge war, daß diese ein Niveau des Aufwands erreichte, welches das der aristokratischen Häuser weit hinter sich ließ. In Rom, auf dem Palatin, fanden umfangreichere Baumaßnahmen statt. Das kaiserliche Ensemble von Einzelhäusern wurde zum Forum hin erweitert, so daß der größte Teil des Hügels, der das vornehmste Wohngebiet Roms darstellte, nun ausschließlich kaiserlichen Gebäuden vorbehalten war.
Auch außerhalb Roms entfaltete Caligula eine umfangreiche Bautätigkeit, die die seiner Standesgenossen weit übertraf. Es wird von Villen und ländlichen Palästen berichtet, bei denen die übliche Einbeziehung und Beherrschung von Landschaft und Natur in einer noch nie dagewesenen Art gesteigert wurde. Caligula habe versucht, das, was man für unausführbar hielt, zu realisieren: «So wurden Dämme in gefährlichem und tiefem Meer errichtet, Felsen von härtestem Lavagestein abgetragen, Ebenen durch einen Wall mit den Bergen auf gleiches Niveau gebracht und Bergrücken durch Grabungen eingeebnet, und alles dies mit unglaublicher Schnelligkeit…» (Suet.
Cal.
37, 3) Für seine Reisen ließ er Schiffe bauen, «deren Heck mit Edelsteinen besetzt und deren Segel bunt waren, die aber auch auf reichlich bemessenem Raum Bäder, Säulengänge und Speisezimmer sowie eine Vielfalt sogar von Weinstöcken und Obstbäumen aufwiesen. Auf diesen Schiffen wollte er am hellichten Tag unter Chorgesang und Musik zechend die Gestade von Kampanien entlangfahren.» (Suet.
Cal.
37, 2)
Auffällig ist, daß über die Salutatio, die Caligula morgens in seinem Haus in Rom abhielt, nur ein einziger Bericht vorliegt – aus dem hervorgeht, daß diese regelmäßig stattfand. Philo schildert, daß der König Iulius Agrippa während seines Aufenthaltes in Rom den Kaiser «wie üblich» (Phil.
leg.
261) morgens begrüßte und daß weitere Personen dabei zugegen waren. Die merkwürdige Informationslage dürfte auf das auch sonst in den aristokratischen Quellen erkennbare Bestreben zurückzuführen sein, die persönlichen Kontakte und Beziehungen, die zumal Senatoren als «Freunde» mit dem Kaiser zu pflegen hatten, im nachhinein möglichst vergessen zu machen. Nicht klärbar ist daher, ob Caligula hier in den ersten beiden Jahren den dabei erwarteten zeremoniellen Verhaltensweisen nachkam oderob dies nicht der Fall war. Letzteres galt für die Gastmähler, bei denen es höchst luxuriös und zugleich formlos zuging.
Schon Macro soll den jungen Prinzeps ermahnt haben, bei den begleitenden Tanz- und Musikdarbietungen nicht allzu begeistert mitzugehen oder gar mitzumachen, über grobe Zoten nicht jungenhaft zu lachen und nicht beim Gelage einzuschlafen, weil dies alles nicht der kaiserlichen Würde entspreche.
Weitere Kostenlose Bücher