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Caligula - Eine Biographie

Caligula - Eine Biographie

Titel: Caligula - Eine Biographie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aloys Winterling
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Schiffsgefechte veranstaltet werden konnten. Sodann wurde ein neues hölzernes Amphitheater errichtet.
    Die meisten der politischen Maßnahmen, die im zeitlichen Kontext des Sturzes von Macro und Silanus in den ersten Monaten des Jahres 38 stattfanden, stießen auf große Zustimmung und hatten besondere Ehrungen des Kaisers zur Folge. So wurde beschlossen, eine goldene Büste Caligulas jedes Jahr an einem bestimmten Tag auf das Kapitol zu tragen. Dabei sollten der gesamte Senat den Festzug bilden und die Knaben und Mädchen der vornehmsten Senatorenfamilien gleichzeitig Loblieder auf die Tugenden des Kaisers singen. Auch sollte der Tag des Herrschaftsantritts des Caligula wie der 21. April, der Gründungstag Roms,
Parilia
genannt werden als Zeichen dafür, daß die Stadt durch ihn gewissermaßen neu gegründet worden sei.
    Die geschilderten Aktivitäten Caligulas hatten zweifellos das Ziel, die Akzeptanz seiner Stellung bei den verschiedenen politisch relevanten Gruppen der Bevölkerung zu erhöhen. Betrachtet man sie genauer, so zeigt sich jedoch eine deutliche Differenz zu seinem Verhalten zur Zeit des Macro und Silanus, das noch ganz vom Stil des augusteischen Prinzipats geprägt war. Dem Senat, traditionell am Ideal der untergegangenen «freiheitlichen» Republik orientiert, kam er zwar durch die Offenlegung der kaiserlichen Finanzen und durch die Veränderung des Appellationsverfahrens entgegen, zugleich wurde jedoch dieses Ideal in einer Weise ernst genommen, die den Interessen der Senatoren keineswegs mehr entsprach. Die Erlaubnis, Geschichtswerke zu verbreiten, paßte gut zu republikanischer Freiheit, konnte aber zweifellos einige unerwünschte Nebeneffekte zeitigen. Wie die Annalen des Tacitus über die tiberiseheZeit zeigen, dokumentierte eine offene Schilderung vergangener Ereignisse nicht nur kaiserliche Willkür, sondern mindestens in gleichem Maße auch skrupellosen Opportunismus senatorischer Denunzianten und kollektive Unterwürfigkeit des Senats, was keineswegs allen seiner Mitglieder angenehm gewesen sein wird. Ähnlich war es mit der Wiedereinführung der Magistratswahlen durch die Volksversammlungen, die zweifellos als Grundelement der politischen Ordnung der Republik anzusehen waren. Sie widersprachen längst den Interessen der Senatsaristokratie, der infolge der kaiserlichen Reichsverwaltung die früheren finanziellen Bereicherungsmöglichkeiten in den Provinzen versperrt waren. Angesichts der vielen Senatoren fehlenden Wahlkampfmittel hatte man sich längst mit dem neuen System der Wahl im Senat, das faktisch auf kaiserliche Ernennung der Magistrate hinauslief, arrangiert. Caligulas Erneuerungen alter Traditionen übertrafen damit den Senat an Konservativität und nahmen ihm zugleich den Wind aus den Segeln. Eine Kritik daran hätte die interessengebundene Einseitigkeit senatorischer Verherrlichung der Vergangenheit offengelegt und konnte daher nicht zur Sprache gebracht werden.
    Bei seinem geschickten Verhalten gegenüber dem Senat nutzte Caligula zugleich den Rückhalt aus, den er im Volk besaß. Jenes profitierte zweifellos in höherem Maße von den politischen und ökonomischen Veränderungen, und diese selbst, vor allem die Volkswahl und die Erlaubnis der Gründung von
collegia,
dokumentieren, daß der Kaiser keinerlei Befürchtungen gegenüber größeren politischen Aktionsmöglichkeiten der unteren Schichten der Bevölkerung hegte. Weitere Profiteure waren die Vertreter der provinzialen Oberschichten, die in den Ritterstand aufgenommen wurden und denen der Weg in den Senat durch die Verleihung der Standessymbole geebnet wurde. Dies entsprach in hohem Maße kaiserlichen Interessen. Schon unter Augustus hatte sich gezeigt, daß «neue Männer» im Senat, die ihren gehobenen Status dem Kaiser verdankten, jenem gegenüber – zumindest in der ersten Generation – erheblich gefügiger waren als Vertreter der alten aristokratischen Geschlechter. Offiziell waren die Maßnahmen jedoch auch hier durch die Wiederherstellung guter alter Ordnung motiviert,der zumal aus der Senatorenschaft niemand widersprechen konnte.
    Die politischen Maßnahmen, die mit der Beseitigung des Gemellus, seiner Anhänger und der beiden führenden Köpfe aus der Zeit des Tiberius einhergingen, waren somit klug und geschickt. Sie kamen den Interessen von Senatsaristokratie, Ritterstand, provinzialer Oberschicht und stadtrömischem Volk entgegen, dienten aber zugleich der Stärkung der Stellung des Kaisers selbst. Ihnen

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