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Caligula - Eine Biographie

Caligula - Eine Biographie

Titel: Caligula - Eine Biographie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aloys Winterling
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Zirkusparteien. Seine Begeisterung für Wagenrennen war so groß, daß er sich in seinen vatikanischen Gärten ein eigenes Stadion bauen ließ, Gaianum genannt, in dem er sich selbst als Rennfahrer betätigte. Aulus Vitellius, der der Sohn eines Konsulars war und später für einige Monate römischer Kaiser werden sollte, erwarb sich durch die gleiche Passion die besondere Gunst Caligulas – außerdem eine Gehbehinderung als Folge eines Unfalls, wenn man Sueton glauben darf. Caligulas Interesse an Gladiatorenspielen und Tierhetzen ging so weit, daß er selbst mit Gladiatoren trainiert bzw. gekämpft und dabei sogar scharfe Waffen benutzt haben soll. Auch Theateraufführungen galt seine Leidenschaft. Er umgab sich mit den Bühnenstars jener Zeit, dem Schauspieler Apelles, der zeitweise zu seinem Gefolge gehörte, und dem berühmten Pantomimen Mnester, mit dem er so häufig zusammen war, daß man später behauptete, beide hätten eine homosexuelle Beziehung gepflegt.
    In seiner Passion für Wagenrennen, Kampfspiele und Theateraufführungen scheint sich Caligula kaum grundsätzlich von den Interessen der vornehmen Jugend Roms in jener Zeit unterschieden zu haben. So wird von Augustus berichtet, daß er im Zirkus mitunter Wagenlenker, Wettkämpfer und Tierkämpfer auftreten ließ, die der Jugend der Nobilität, also den vornehmsten Familien Roms angehörten, außerdem Gladiatoren aus dem Ritterstand. Auch die Senatorensöhne, die an einem von Caligula veranstalteten Gladiatorenspiel teilnahmen, müssen bereits in dieser Kampftechnik trainiert gewesen sein. Zudem ist zu bedenken, daß die Spiele in Rom keineswegs auf ihre Unterhaltungsfunktion beschränkt waren. Nicht nur daß der Kaiser Spiele gab, sondern auch wie er dies tat, war von großer Bedeutung. Die städtischen Arenen waren der wichtigste Raum der direkten Kommunikation zwischen Kaiser und Volk. Bei den Spielen konnten dem Kaiser durch Jubel oder Buhrufe Zustimmung oder Kritik mitgeteilt werden. In Sprechchörenwurden häufiger Forderungen vorgetragen, die der Kaiser in der direkten Konfrontation mit der Menge schlecht ablehnen konnte. Dessen persönliche Anteilnahme an den Wettkämpfen brachte seine Volksnähe zum Ausdruck und unterlag genauer Beobachtung. Wiederum von Augustus heißt es, er habe den Spielen, wenn er dabei zugegen war, seine ganze Aufmerksamkeit geschenkt, «sei es, um dem Tadel zu entgehen, der, wie er sich erinnerte, seinen (Adoptiv-)Vater Caesar häufig getroffen hatte – dieser pflegte nämlich während der Vorstellung Briefe und Bittschriften zu lesen oder zu beantworten –, sei es aus reiner Freude und Vergnügen am Zusehen, die er keineswegs verbarg und auch vielfach offen bekundete.» (Suet.
Aug.
45, 1)
    Jugendliche Begeisterung für Zirkus und Theater war also in Rom nichts Besonderes und kaiserliche Anteilnahme daran im Volk beliebt. Trotzdem scheint Caligula dadurch, daß er beides kombinierte, die Grenzen überschritten zu haben, die dem Verhalten eines Kaisers in der städtischen Öffentlichkeit gesetzt waren. Er ergriff selbst bei den Spielen Partei für oder gegen bestimmte Schauspieler und wurde zornig, wenn das Volk nicht mitging oder diejenigen beklatschte, die ihm nicht gefielen. «Seine Freude am Singen und Tanzen trieb ihn so weit, daß er sich sogar bei öffentlichen Schauspielen nicht zurückhalten konnte, den gerade auftretenden Tragöden mit seiner Stimme zu begleiten und die Gesten des Schauspielers vor aller Augen lobend oder tadelnd nachzuahmen.» (Suet.
Cal.
54, 1) Das alles bedeutete aus der Sicht der Aristokratie, daß der junge Mann, der ihr Herrscher geworden war, sich «wie jemand aus dem niedrigen Volk» aufführte (Cass. Dio 59, 5, 4).
    Caligulas Gestaltung seiner Haushaltung und sein Verhalten im städtischen Raum entsprachen somit nicht der Rolle, die er bei seinem politischen Handeln im institutionellen Kontext an den Tag legte. Während dieses von Mäßigung und Geschick zeugte und allgemeine Anerkennung fand, nutzte er bei jenen ungehemmt die Chancen aus, die sich aus seiner kaiserlichen Position ergaben. Seine Luxusentfaltung deklassierte die Pracht aristokratischer Häuser. Seine Unkonventionalität in den häuslichen Umgangsformen mißachtete das aristokratische Bedürfnis nach Rangmanifestation im persönlichen Kontakt mit demKaiser. Seine Zirkusbegeisterung und die persönliche Nähe zu Schauspielern und Wagenlenkern unterlief die aristokratischen Verhaltensnormen in umgekehrter Richtung.

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