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Caligula - Eine Biographie

Caligula - Eine Biographie

Titel: Caligula - Eine Biographie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aloys Winterling
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Später mißachtete Caligula die üblichen Regeln für die Plazierung der Gäste: Seine Schwestern durften rechts von ihm liegen, dort also, wo normalerweise Ehefrau oder Kinder ihren Platz hatten, die Ehefrau selbst wiederum lag auf dem ehrenvollsten Platz links von ihm. Von seinem Onkel Claudius wird berichtet, daß er, wenn er zu spät erschien, nur mit Mühe und nach mehreren Versuchen einen Platz erhielt.
    Neben der Durchbrechung der üblichen Etikette waren es auch die Teilnehmer an den Gastmählern, die in den Quellen gerügt werden. So pflegte Caligula engen Kontakt zur Zirkuspartei der «Grünen», war selbst in deren Gebäude zu Gast und lud bei sich zum Gelage den bekannten Wagenlenker Eutychus ein, dem er bei dieser Gelegenheit ein Gastgeschenk von zwei Millionen Sesterzen zukommen ließ. Für die Senatoren stellte die Einladung zu einem kaiserlichen Gastmahl gleichwohl nach wie vor eine besondere Auszeichnung dar. Von den amtierenden Konsuln als Teilnehmern wird berichtet, von vornehmen Damen mit ihren Gatten oder von Vespasian, dem späteren Kaiser, der während seiner Prätur bei Caligula zu Gast war und der sich dafür sogar mit einer schmeichlerischen Rede im Senat bedankte.
    Neben der Mißachtung des standesgemäßen Zeremoniells war es ein ungeheurer Aufwand, mit dem die Aristokratie bei den kaiserlichen Gastmählern konfrontiert wurde. So wurden mit Blattgold belegte Speisen serviert, überhaupt ganz neue Arten von Gerichten kreiert, und Caligula selbst soll kostbarste in Essig aufgelöste Perlen getrunken haben. All dies wird in den antiken Quellen und oft auch in modernen Darstellungen als mehr oder weniger sinnloser Luxus und Verschwendung verurteilt. Es hatte jedoch zugleich eine deutliche Funktion im Kontext aristokratischer Statusmanifestation und damit eine latent politische Dimension. Wie schon erwähnt, herrschte innerhalbdes Senatoren- und Ritterstandes eine Konkurrenz um die materielle Pracht der Haushaltungen sowie um die zahlenmäßige Größe und den sozialen Rang der dort erscheinenden Personen. Diese Konkurrenz scheint mit der Etablierung des Kaisertums und dem realen Machtverlust der Aristokratie sogar noch gesteigert worden zu sein, das heißt kompensatorische Züge bekommen zu haben. Tacitus berichtet, in der Zeit vom Beginn der Alleinherrschaft des Augustus bis zum Tode Neros sei der «Tafelluxus» mit verschwenderischem Aufwand getrieben worden: «Sobald sich einer durch seinen Reichtum, seinen Palast und seine Prachtentfaltung bemerkbar machte, galt er aufgrund seines Namens und seiner Klienten als Mann von höherem Rang.» (Tac.
ann.
3, 55, 1f.)
    Über Beispiele des aristokratischen Aufwands wird häufiger berichtet. So soll Caligulas spätere Frau Lollia Paulina bei einer nicht besonders festlichen Gelegenheit Schmuck im Werte von 40 Millionen Sesterzen, dem vierzigfachen Mindestvermögen eines Senators, getragen haben – und diesen hatte sie nicht ihrem Status als Kaiserin zu verdanken, sondern von ihrem Vater geerbt. Auch die in Essig aufgelösten Perlen hatten einen besonderen Hintergrund: Die berühmte ägyptische Königin Kleopatra soll mit ihrem Geliebten Marcus Antonius gewettet haben, sie sei in der Lage, bei einer Mahlzeit zehn Millionen Sesterzen zu verbrauchen. Sie gewann die Wette mit eben diesem Verfahren. «Luxus» und «Verschwendung», die Caligula in seiner Haushaltung betrieb, dokumentierten also auf dem letzten Feld, auf dem die Aristokratie noch mit dem Kaiser zu konkurrieren versuchte, dessen unerreichbare, königsgleiche Überlegenheit. Tatsächlich berichtet Tacitus an der zitierten Stelle, daß sich die Familien des alten republikanischen Hochadels, der sogenannten Nobilität, die einst reich und durch ihre Namen berühmt waren, mit ihrem Streben nach äußerem Prunk in der frühen Kaiserzeit ökonomisch ruiniert hätten.
    Auch Caligulas Verhalten in der städtischen Öffentlichkeit ignorierte weitgehend aristokratische Verhaltenserwartungen. Der Verzicht auf ein kompliziertes Begrüßungszeremoniell wurde zwar positiv vermerkt und erleichterte die Begegnung mit dem Kaiser auf den Straßen und Plätzen Roms. Er scheint es jedoch mit der Formlosigkeit weiter getrieben zuhaben, als es der vornehmen Gesellschaft jener Zeit entsprach. Macros Ermahnungen des jungen Kaisers, bei Zirkusspielen und Theateraufführungen nicht allzu viel Enthusiasmus an den Tag zu legen, fruchteten nicht. Caligula wurde aktiver Anhänger einer der vier römischen

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