Caligula - Eine Biographie
in dieser Hinsicht eine angesichts der Kürze seiner Herrschaft außergewöhnlich umfangreiche Aktivität an den Tag. Wenige Wochen nach dem Tod Drusillas, um die Mitte des Jahres 38, brach er zu einer Reise nach Sizilien auf. Er ließ den Bau einer großen Hafenanlage mit Kornspeichern bei der Stadt Rhegion beginnen, so daß die aus Ägypten kommenden Getreideschiffe dort ihre Ladung löschen konnten. Dies diente vermutlich der Versorgung Süditaliens und stellte nach Iosephus’ Einschätzung die nützlichste Tat seiner Herrschaft dar. In Syrakus auf Sizilien veranstaltete Caligula anläßlich seines Besuchs Spiele, vermutlich zu Ehren Drusillas, und ließ die verfallenen alten Stadtmauern und Tempel wiederaufbauen.
Seneca, Sueton und Cassius Dio erwähnen den Hafenbau gar nicht, die Sizilienreise nur in lapidaren Nebensätzen. Für die Stadt Syrakus dürfte es sich dagegen um das wichtigste Ereignis ihrer neueren Geschichte gehandelt haben. Wie wir von anderen Städten wissen, war ein Kaiserbesuch eine höchst festliche Angelegenheit, die mit aufwendiger zeremonieller Begrüßung und vielfältigen Ehrungen des Kaisers durch die Honoratioren und die gesamte Bevölkerung der Stadt einherging. Durch Spiele, umfangreiche Schenkungen und Baumaßnahmen profilierte sich der Kaiser im Gegenzug als Wohltäter der Gemeinde, eine Rolle, auf die die Syrakusaner bei späteren Gelegenheiten Bezug nehmen konnten. Noch weiteren sizilianischen Städten scheint die Ehre des Besuchs zuteil geworden zu sein. Aus Messina soll Caligula wegen eines drohenden Ätnaausbruchs vorzeitig abgereist sein.
Nach seiner Rückkehr kamen seine Aktivitäten zunächst wieder Rom zugute. Im Oktober beteiligte er sich persönlich mit seinen Prätorianern an der Löschung eines Brandes, was allgemeine Aufmerksamkeit erregte. Im Jahre 38 ließ er außerdem den Bau zweier neuer Wasserleitungen zur Versorgung der Metropole beginnen, der Aqua Claudia und des Anio Novus, die von Tibur aus Wasser nach Rom führten. Die beiden umfangreichen Bauvorhaben wurden erst unter seinem Nachfolger Claudius vollendet.
Schließlich müssen in diesem Jahr die Vorbereitungen für einen groß angelegten Feldzug in Germanien begonnen haben. Aus den Berichten zum Jahre 39 geht hervor, daß dazu Legionen und Hilfstruppen aus dem gesamten Reich zusammengezogen, daß überall umfangreiche Rekrutierungen durchgeführt und daß Proviant und Vorräte in ungeheurer Menge bereitgestellt wurden. 200.000 bzw. 250.000 beteiligte Soldaten werden genannt. Im Zuge der Vorbereitungen dürften auch die Planungen zum Bau einer Stadt in den Alpen entstanden sein, die Sueton erwähnt. Anlaß für den Kriegszug waren die Einfälle rechtsrheinischer Germanenstämme nach Gallien. Das entscheidende Motiv des jungen Kaisers dürfte es jedoch gewesen sein, in der Tradition seines Vaters den germanischen Eroberungskrieg wieder aufzunehmen und kriegerischen Ruhm zu erwerben. Militärischer Erfolg war nach wie vor die wichtigste Prestigeressource in der römischen Gesellschaft, er stärkte den Rückhalt des Kaisers bei den Soldaten ebenso wie seinen Vorrang innerhalb der Aristokratie. Schon Augustus hatte bei seinen Kriegen in Spanien in den Jahren 27 bis 24 v. Chr. vorgeführt, daß man auf diese Weise erfolgreich innerrömischen Konflikten entgehen und durch einen auswärtigen Sieg die eigene Position auch in Rom festigen konnte. Die Bedeutung militärischen Ruhms für die Stellung des Kaisers ist auch daran ablesbar, daß der Triumph in Rom, traditionell die Ehrung des siegreichen Feldherrn, in der Kaiserzeit bis auf wenige Ausnahmen ausschließlich dem Kaiser selbst vorbehalten blieb, der ja formell stets den Oberbefehl führte. Die Kriegsvorbereitungen zeigten somit, daß Caligula zielstrebig daran ging, die Ressourcen des Reiches zur Festigung seiner kaiserlichen Position zu nutzen.
Die Germanienpläne gingen einher mit Maßnahmen im griechischen Osten des Reiches. Dort gab es, vom Bosporus über Thrakien und Syrien bis Palästina, einen Kranz von unter römischem Einfluß stehenden Klientelkönigtümern, die aufgrund innenpolitischer Wirren und parthischer Einflußnahme von Tiberius teilweise unter römische Verwaltung genommen worden waren. Schon im Jahre 37 hatte Caligula dort zwei Könige inthronisiert und mit großen Schenkungen ausgestattet, Iulius Agrippa in Judäa und Antiochos IV. Epiphanes in Kommagene.Beide hatten einen Teil ihrer Jugend in Rom verbracht und hielten sich dort auch
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