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Caligula - Eine Biographie

Caligula - Eine Biographie

Titel: Caligula - Eine Biographie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aloys Winterling
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Wochen ließen sie sich schließlich zum Kriegszug bewegen. Zu Beginn des Jahres 40 könnte sich Ähnliches ereignet haben. Der Befehl, Muscheln zu sammeln – die die Soldaten beim Triumphzug in Rom präsentieren sollten –,und die Siegesprämie wären dann als der Versuch des Kaisers zu deuten, die Feigheit der meuternden Truppen, die sich am Meer versammelt, aber zu kämpfen geweigert hatten, öffentlich der Lächerlichkeit preiszugeben.
    Was tatsächlich im einzelnen vorgefallen ist, wird sich nicht mehr klären lassen. Für eine Meuterei spricht jedoch eine weitere merkwürdige Begebenheit, von der Sueton im Anschluß an die Szene am Ozean berichtet. Caligula habe, bevor er die Provinz verließ, zwei Legionen niedermetzeln lassen wollen. Nachdem man ihn von diesem äußerst gefährlichen Plan abgebracht hätte, habe er sie zumindest dezimieren, also eine traditionelle militärische Bestrafung vornehmen wollen, bei der von einer Legion, die Feigheit vor dem Feind gezeigt hatte, jeder zehnte Soldat – unabhängig von seinem tatsächlichen Verhalten – getötet wurde. Der Plan sei gescheitert, da die Legionäre gemerkt hätten, was ihnen bevorstand, und zu ihren Waffen geeilt seien. Daraufhin habe der Kaiser fluchtartig die Versammlung verlassen.
    Sueton begründet Caligulas Bestrafungsversuch damit, daß es sich um die Legionen handelte, die nach dem Tod des Augustus im Jahre 14 n. Chr. gemeutert hatten. Damals war sein Vater Germanicus ihr Befehlshaber und Caligula selbst als Kleinkind im Lager anwesend gewesen. Was von dieser Erklärung zu halten ist, liegt auf der Hand: Die übliche militärische Dienstzeit betrug für einfache Soldaten 20 Jahre, Zenturionen konnten auch länger Dienst tun. Nach 26 Jahren dürften also kaum noch Beteiligte von damals dabei gewesen sein, und eine Bestrafung just zu diesem kritischen Zeitpunkt wäre in jedem Falle eine vollkommen sinnlose Aktion des Kaisers gewesen – genau das also, was dem Caligulabild, das Sueton durchweg zu zeichnen versucht, entspricht.
    Der Britannienfeldzug scheint also tatsächlich an einer Meuterei des Militärs gescheitert zu sein, wobei dann die von ihrem ursprünglichen Standort am Rhein abkommandierten Legionen I und XX – diese waren es, die 14 n. Chr. schon entsprechend in Erscheinung getreten waren – eine besondere Rolle gespielt hätten. Dazu paßt auch die Analyse der innerbritannischen Verhältnisse, die Anthony Barrett vorgelegt hat. Demnach waren die Rahmenbedingungen für eine Eroberung derInsel zu jener Zeit durchaus günstig, hätte man sie denn in die Wege leiten können.
    Tacitus charakterisiert die Feldzüge Caligulas angesichts des enormen Aufwands, der dafür betrieben worden war, als lächerlich und macht die «Sprunghaftigkeit» des jungen Kaisers für den Mißerfolg verantwortlich. Tatsächlich ist es zu keinen nennenswerten Eroberungen gekommen. Bei neutraler Beurteilung ist jedoch festzuhalten, daß die Erhebung des Statthalters einer der militärisch bedeutendsten Provinzen des Reiches niedergeschlagen wurde und daß die seit Jahren unerledigt gebliebenen militärischen Mißstände in den Armeen an der Rheingrenze behoben wurden. Es spricht viel dafür, daß dadurch die Voraussetzungen für die drei Jahre später unter Claudius durchgeführte Eroberung Britanniens geschaffen wurden. Zudem ist zu bedenken, daß die seit längerer Zeit laufenden militärischen Planungen der Feldzüge infolge der großen Verschwörung kurzfristig über den Haufen geworfen werden mußten und daß sie insgesamt unter den Bedingungen einer höchst unsicheren Situation in Rom abliefen.
    Verschiedene Indizien deuten schließlich darauf hin, daß auch der überstürzte Abbruch der Aktionen und die schnelle Rückkehr Caligulas mit erneuten Bedrohungen zusammenhingen, die ihm aus dem Kreis der Aristokratie erwachsen waren. So weist eine Notiz Dios im Zusammenhang mit den Ereignissen an der Kanalküste – Caligula sei «sehr verdrossen über seine schon irgendwie erfolgreichen Unterfeldherren» gewesen (Cass. Dio 59, 21, 3) – auf Konflikte zwischen ihm und dem senatorischen Führungspersonal im Militär hin (die kaum auf deren Erfolgen im Sinne des Kaisers beruht haben können). Zum anderen war mit dem Ende der militärischen Aktionen eine weitere, extreme Verschärfung der Feindseligkeit des Kaisers gegenüber der Aristokratie insgesamt verbunden, für die die Quellen keine schlüssige Erklärung geben: Als Caligula auf dem Weg nach Rom von einer

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