Caligula - Eine Biographie
sondern gab solches auch in großem Stile aus. Wie es sichfür einen Kaiserbesuch in einer Provinzstadt gehörte, veranstaltete er prachtvolle Festivitäten, unter anderem Theater- und Zirkusspiele sowie einen Rednerwettbewerb in griechischer und lateinischer Sprache. Zudem verlieh er wohl in dieser Zeit der Stadt Vienna das römische Bürgerrecht.
Weniger festlich ging es derweil in Rom zu. Die Angst der Aristokratie vor den weiteren Maßnahmen des Kaisers zeigte sich am 1. Januar 40, als Caligula in Abwesenheit sein drittes Konsulat bekleidete. Sein designierter Amtskollege war kurz zuvor verstorben. Die Prätoren und Volkstribunen, deren Aufgabe es nun gewesen wäre, den Senat einzuberufen, wagten jedoch nicht, irgend etwas zu unternehmen, um den Eindruck zu vermeiden, sie handelten ohne kaiserlichen Auftrag an dessen Stelle. So ruhten bis zum 12. Januar, als von Caligula die Nachricht eintraf, daß er das Konsulat niederlege, alle politischen Geschäfte des Senats. Statt dessen stiegen die Senatoren geschlossen zum Kapitol empor, brachten im dortigen Tempel Opfer dar und vollzogen vor einem leeren Thron des Kaisers die Proskynese, die fußfällige Verehrung. Anschließend versammelten sie sich in der Kurie, ohne daß sie jemand offiziell einberufen hatte, und verbrachten den ganzen Tag mit Lobreden und Gebeten für Caligula. «Denn da sie den Kaiser weder liebten, noch sein Überleben wünschten, so dehnten sie beide Handlungen heuchlerisch weiter in die Länge, um dadurch ihre wahren Empfindungen besser zu verbergen.» (Cass. Dio 59, 24, 6) Als dann das neue Konsulpaar seine Stellen angetreten hatte, beschloß man unter anderem, die Geburtstage des Tiberius und der Drusilla fortan mit den gleichen Feiern wie den des Augustus zu begehen, und errichtete und weihte auf ein Schreiben des Caligula hin Standbilder von Drusilla und ihm selbst.
In Gallien muß etwa um dieselbe Zeit eine wichtige militärische Entscheidung gefallen sein: den Germanienfeldzug aufzuschieben und statt dessen eine Eroberung Britanniens zu versuchen. Wie bei den übrigen militärischen Ereignissen jener Zeit ist man auch hier hinsichtlich der Hintergründe aufgrund der Quellenlage auf Spekulationen angewiesen. Naheliegend ist, daß sich langwierige Auseinandersetzungen abzeichneten, die angesichts der mehr oder weniger gescheiterten römischenGermanienpolitik seit der Varuskatastrophe 9 n. Chr. im Teutoburger Wald nicht überraschen können. Der Kaiser dürfte aber aufgrund der durch die Niederschlagung der großen Verschwörung äußerst gespannten Situation in Rom einen schnellen militärischen Erfolg angestrebt haben. Den Anlaß zum Umdisponieren scheinen Thronstreitigkeiten im Reich des Britannierkönigs Cynobellinus geboten zu haben. Außerdem wird eine erfolgreiche Eroberung der fernen Insel als höchst prestigereiche Unternehmung eingeschätzt worden sein. Seit Caesars Expeditionen in den Jahren 55 und 54 v. Chr. hatte kein römischer Feldherr mehr das Land betreten, und zwei Jahre nach Caligulas Tod sollte Claudius dokumentieren, daß eine Eroberung Britanniens durchaus erfolgversprechend und für eine Stabilisierung der Stellung des Kaisers sehr gut geeignet war.
Die Quellenberichte sind wiederum knapp und wirr. Einerseits soll der britannische Königssohn Adminius mit einer kleinen Schar die Insel verlassen und sich dem Kaiser unterworfen haben, woraufhin dieser großspurig ein Schreiben an den Senat gesandt habe, als sei ihm die ganze Insel übergeben worden. Andererseits heißt es, Caligula habe, als er am Ozean, also vermutlich an der Kanalküste, angelangt sei, seine Soldaten wie zur Schlacht antreten lassen, sei selbst mit einem Kriegsschiff kurz in See gestochen, dann aber wieder zurückgekommen und habe schließlich den Legionen den Befehl erteilt, am Strand Muscheln zu sammeln. Als Zeichen des Sieges sei ein hoher Leuchtturm errichtet worden, die Soldaten seien mit dem Betrag von 400 Sesterzen pro Mann beschenkt worden, und abschließend hätte Caligula ihnen verkündet: «So geht nun froh und wohlhabend davon!» (Suet.
Cal.
46)
Die vielleicht plausibelste Erklärung der Ereignisse hat der englische Forscher Balsdon vorgelegt. Er geht dabei von den Berichten über die Britannienexpedition des Claudius im Jahre 43 aus. Damals meuterten die römischen Legionen, erklärten, die Insel gehöre nicht mehr zur Oikumene, das heißt zur zivilisierten Welt, und weigerten sich, nach Britannien überzusetzen. Erst nach mehreren
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