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Caligula - Eine Biographie

Caligula - Eine Biographie

Titel: Caligula - Eine Biographie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aloys Winterling
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aufgedeckte Verschwörung scheint, ähnlich wie unter Tiberius, eine Welle von Denunziationen ausgelöst zu haben. So wissen wir zufällig aus der Vita des späteren Kaisers Vespasian, der zu jener Zeit Prätor war, daß gerade Aufsteiger niedriger Herkunft die Situation nutzten, um sich dem Kaiser verbunden zu zeigen. Vespasian gehörte dazu. Er stellte im Senat den wenig geschmackvollen, aber für die Atmosphäre jener Wochen bezeichnenden Antrag, daß die Leichen der in Rom hingerichteten Verschwörer unbeerdigt liegen bleiben sollten.
    Der Senat beschloß – wie nach der ersten Verschwörung zu Beginn des Jahres und auch diesmal mit schmeichlerischen Worten – eine Ovatio für den Kaiser und schickte ihm eine Gesandtschaft, um ihn davon zu informieren und ihm seine Unterstützung zu demonstrieren. Man wählte als Führer ausgerechnet Claudius, denjenigen also, der nach der Verurteilung der Schwestern – neben dem Kaiser selbst – über das höchste dynastische Prestige verfügte und der ja später Caligula tatsächlich auf dem Thron folgen sollte. Ein Wutausbruch des Kaisers war die Folge. Die Beauftragung des Claudius verstieß gegen sein ausdrückliches Verbot, Mitglieder seiner Familie zu ehren. Zudem scheint er Angst vor weiteren Verschwörungen gehabt zu haben. Es wird berichtet, daß er den größten Teil der Gesandtschaft, ehe sie ihn erreicht hatte, nach Rom zurückschickte. Er hielt sie für Spione und suchte deshalb zu verhindern, daß sie in irgendeinen Kontakt mit Personen seines zivilen oder militärischen Gefolges treten konnten. Nur wenige ausgesuchte Vertreter der Gesandtschaft ließ er vor. Claudius soll in dieser Situation erheblichen Bedrohungen und Erniedrigungen ausgesetzt worden sein.
    Angesichts der labilen, von Angst und gegenseitigen Verdächtigungen geprägten Situation mußte es für Caligula zunächst darum gehen, die militärischen Verhältnisse zu stabilisieren, auf denen seine Position letztlich basierte. Der überstürzte Aufbruch nach Germanien hatte die ursprünglichen Kriegspläne jedoch durcheinandergebracht. Ein sofortiger Feldzugins rechtsrheinische Gebiet kam Anfang November schon aus jahreszeitlichen Gründen nicht mehr in Frage. Außerdem war der Zustand der Rheinlegionen offensichtlich so desolat, daß sie zu einer schnellen militärischen Aktion gar nicht in der Lage gewesen wären.
    Die ersten Maßnahmen Caligulas zielten daher auf eine Reorganisation der dortigen Truppen. Eine ganze Reihe von Zenturionen – Hauptmännern, die den Kern der römischen Heeresorganisation bildeten – wurde wegen ihres fortgeschrittenen Alters und körperlicher Schwäche entlassen, die bei der Entlassung üblichen Geldzahlungen wurden reduziert. Einige Heerführer der nach Germanien beorderten Truppenteile aus den übrigen Provinzen des Reiches wurden unehrenhaft ihrer Funktionen enthoben, weil sie zu spät am Ort des Geschehens eingetroffen waren. Offensichtlich bestand der Verdacht, daß sie sich in der dramatischen Entscheidungssituation absichtlich zurückgehalten hatten, um den Ausgang der Erhebung des Gaetulicus abzuwarten. Galba dagegen, der es an aktiver Unterstützung nicht hatte mangeln lassen, wurde mit besonderen Auszeichnungen belohnt. Als neuem Oberkommandierenden kam ihm die Hauptaufgabe bei der Wiederherstellung der Einsatzfähigkeit der oberrheinischen Armee zu. Es wird berichtet, daß er den Soldaten Urlaubsgesuche verweigerte und sie mit dauernden Manövern und Gewaltmärschen, an denen er persönlich teilnahm, wieder an militärische Disziplin gewöhnte. Die neuen Verhältnisse spiegelt ein von Sueton zitiertes Sprichwort wieder, das sich in der Truppe verbreitete: «Lernt, Soldaten, Soldaten zu sein! Galba ist da, nicht Gaetulicus!» (Suet.
Galba
6, 2) Auch am Niederrhein, wo bei Köln und Xanten vier weitere römische Legionen stationiert waren, scheint zur gleichen Zeit eine militärische Neuordnung stattgefunden zu haben. Dort wurde der Befehlshaber Lucius Apronius seines Postens enthoben und durch Publius Gabinius Secundus ersetzt. Apronius hatte mit Gaetulicus in familiären Beziehungen gestanden und war für einige katastrophale militärische Fehlschläge in den Kämpfen gegen friesische Stämme verantwortlich gemacht worden.
    In seiner Galba-Vita berichtet Sueton, der neue Statthalter habe zu jener Zeit «Barbaren», die schon bis Gallien vorgedrungenwaren, zurückgeworfen, und in der Vita Vespasians schreibt er, der damalige Prätor habe vor dem Senat in

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