Caligula - Eine Biographie
Rom unter anderem auch die Veranstaltung besonderer Spiele wegen eines kaiserlichen Sieges über die Germanen beantragt. Bei Dio heißt es, der Kaiser habe sich mehrfach zum Imperator ausrufen lassen. Demnach kam es am Oberrhein offensichtlich schon im Herbst 39 zu einigen für die Römer erfolgreichen militärischen Auseinandersetzungen. In der Lebensbeschreibung des Caligula gibt derselbe Sueton dagegen bizarre Geschichten zum besten, die die unter dem Oberbefehl des Kaisers ablaufenden militärischen Aktionen als reine Farce erscheinen lassen. So heißt es etwa, Caligula habe einigen Germanen aus seiner Leibwache befohlen, über den Rhein zu setzen und sich dort zu verstecken. Dann habe er sich nach dem Frühstück mit großer Aufregung melden lassen, der Feind sei da, woraufhin er mit Freunden und einem Teil der prätorianischen Reiter in einen nahegelegenen Wald gestürmt sei. Dort habe man Bäume gefällt und nach Art von Siegeszeichen herrichten lassen. Abends sei der Kaiser bei Fackelschein zurückgekommen und habe die Zurückgebliebenen wegen ihrer Furchtsamkeit getadelt, die Teilhaber seines «Sieges» dagegen mit einer Art neuer militärischer Auszeichnung geehrt. Angesichts der angeführten, von Sueton in anderen Kaiserviten selbst berichteten, höchst ernsthaften und offensichtlich trotz des Zustands der Truppen teilweise auch erfolgreichen militärischen Aktionen am Oberrhein in jener Zeit läßt sich die Geschichte über das Versteckspiel der germanischen Leibgarde leicht als eine militärische Übung erkennen, an der der Kaiser persönlich teilnahm und die in Suetons Schilderung sinnentstellend aus ihrem Zusammenhang gerissen wird.
Trotz des ungeheuren Aufwands, der im Vorfeld betrieben worden war und der auch durch beiläufige Bemerkungen des Tacitus belegt ist, konnten vor Einbruch des Winters keine umfangreicheren militärischen Pläne mehr in die Tat umgesetzt werden. Caligula verließ daher die Rheinfront und verbrachte den Winter in Lyon, dem Hauptort der Provinz Gallia Lugdunensis, wo sich zu jener Zeit auch die einzige kaiserliche Münzstätte für Edelmetallprägungen befand. Offensichtlich wurden hier Steuererhebungen zur Finanzierung der gewaltigenKriegsanstrengungen durchgeführt, was bei Dio zu der Behauptung führt, der Kaiser habe sich die Steuerlisten Galliens vorlegen lassen und befohlen, die reichsten Personen hinzurichten. Daß ein solcher Weg der Geldeinnahme gewählt wurde, läßt sich allerdings bezweifeln. Zugleich wird nämlich berichtet, daß der Kaiser dort den gesamten kostbaren Hausrat seiner Schwestern mitsamt ihren Sklaven und sogar Freigelassenen versteigern ließ. Da die Auktion sehr erfolgreich war, ließ er anschließend große Mengen des wertvollen Inventars, das sich in den übrigen Haushalten der Kaiserfamilie unter Augustus und Tiberius angesammelt hatte, aus Rom kommen und ebenfalls versteigern. Es soll sich um solche Mengen gehandelt haben, daß durch die Beschlagnahmung von Transportmitteln die Versorgung Roms mit Nahrungsmitteln behindert wurde und dort eine Brotknappheit entstand. Es heißt, er habe die Auktionen persönlich geleitet und es seien «die schönsten und kostbarsten Kleinodien der Monarchie» (Cass. Dio 59, 21, 5) dabei unter den Hammer gekommen.
Daß bei diesen Versteigerungen ein Zwang zu kaufen ausgeübt wurde, wie Dio schreibt, ist wiederum wenig schlüssig. Wie die Aristokratie in Rom so dürften auch die reichen städtischen Oberschichten Galliens nach luxuriösem Glanz ihrer Haushaltungen gestrebt haben, und die Gegenstände des «alten Hofes» in Rom (Suet.
Cal.
39, 1) waren daher für sie zweifellos höchst attraktiv. Es heißt, der Kaiser habe mit den Gegenständen zugleich auch die ihnen beiliegende «Würde» verkauft (Cass. Dio 59, 21, 6). Das Interesse der gallischen Oberschichten an Prestige durch Kaisernähe und ihre ökonomische Potenz dokumentiert eine Anekdote Suetons: Ein reicher Provinziale hatte das für die Einladung zur kaiserlichen Tafel zuständige Personal mit 200.000 Sesterzen – immerhin die Hälfte des Mindestvermögens eines römischen Ritters – bestochen, um an einem Gastmahl des Caligula teilnehmen zu dürfen. Als dieser davon erfuhr, wurde dem Mann am nächsten Tag bei einer Versteigerung irgendeine Kleinigkeit für 200.000 Sesterzen zugesprochen und der Hinweis gegeben, er dürfe nun auf persönliche Einladung des Kaisers an dessen Gastmahl teilnehmen. Zum anderen nahm Caligula in Lyon nicht nur Geld ein,
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