Callboys - Die Schönen der Nacht
an ihrem Schreibtisch, nicht auf der Toilette, nicht in dem kleinen Aufenthaltsraum für Trauergäste. Sie war auch nicht auf dem Parkplatz oder in der Kapelle. Wieder und wieder rief ich ihren Namen. Ich hatte sie und Jared schon früher am Tag gesehen, als sie beide ihren jeweiligen Aufgaben nachgegangen waren. Jared war im Keller verschwunden, um dort einige Lieferungen auszupacken, aber seitdem waren schon einige Stunden vergangen.
Wieder rief ich die beiden Namen. Ich brauchte die Formulare, bevor ich mit Mrs. Grenady anfing, die im Balsamierungszimmer auf mich wartete. Ihre Familie würde nicht glücklich sein, wenn der Gedenkgottesdienst anfing und sie nicht fertig war.
„Jared? Shelly?“
Ich hörte leise Musikklänge aus dem Balsamierungszimmer, aber keiner der beiden war da drinnen. Nur Mrs. Grenady, und sie war nicht in der Lage, mir zu sagen, ob sie meine Büroleiterin und meinen Praktikanten gesehen hatte. Die Musik allerdings klang so, als hätte Jared sie ausgewählt. Ich schaltete sie aus und lauschte.
Das Zimmer, in dem ich Sam damals Gitarre spielen gehört hatte, lag nur ein paar Schritte den Flur hinunter, und die Tür war geschlossen. Ich klopfte, aber niemand antwortete. Ich hatte mit niemandem einen Termin vereinbart, der dort hätte warten können, aber ich nahm dennoch an, dass das Zimmer nicht leer war.
„Shelly?“
Ich öffnete die Tür und machte sie mit geschlossenen Augen und brennenden Wangen genauso schnell wieder zu.
Oh Gott.
Das war ein Bild, an das ich mich lange erinnern würde, und zwar nicht gern. Jared und Shelly in flagranti zu erwischen war so ähnlich, als würde ich meinen Bruder dabei überraschen, wie er sich beim Anschauen des Hot Juggz Magazins einen herunterholte. Peinlich und irgendwie beunruhigend.
Ich hatte schon das Ende des Flurs erreicht, als sich hinter mir die Tür öffnete und Jared herauskam. Gott sei Dank vollständig bekleidet, obwohl sein Haar und sein Hemd eine Bürste hätten gebrauchen können. Er hatte die Knöpfe schief geschlossen, es war ihm aber trotzdem gelungen, das Hemd in den Hosenbund zu stecken. Allerdings hatte er vergessen, seinen Hosenstall zuzumachen.
„Grace … Ich … Wir …“
Ich hob die Hand. „Interessiert mich nicht.“
„Warte doch.“
Sein bittender Ton ließ mich stehen bleiben, allerdings drehte ich mich nicht um. Ich hatte kein Interesse daran, einen weiteren Blick auf Jareds Kronjuwelen zu erhaschen. “Überleg dir gut, was du sagst, Jared. Ich bin nicht in der Stimmung, großzügig zu sein.“
„Ich weiß. Aber es war nicht so, wie du denkst. Und es ist nicht Shellys Schuld.“
„Das ist nicht wahr!“
Als ich hinter mir Shellys Stimme hörte, hätte ich mich fast umgedreht, doch in letzter Minute blieb ich unbewegt stehen und starrte die Tür zum Balsamierungszimmer an. Ich hatte sogar noch weniger Lust, mir anzusehen, was Shelly zu bieten hatte, als es bei Jared der Fall war. „Ihr zieht euch jetzt beide an. Vollständig! Und dann kommt ihr nach oben.“
Auf meinen Befehl folgte Schweigen, und ich stellte mir vor, wie sie hinter meinem Rücken Blicke tauschten. Verdammt, ich hasste es, mich wie eine Furie zu benehmen, aber bei allem, was mir heilig war … in einem Beerdigungsinstitut? Bei der Arbeit? Ich hatte schon Sex an ungewöhnlichen und gefährlichen Orten gehabt, aber nie bei der Arbeit!
Obwohl ich schon unglaublich heißen Sex im Gebäude des Beerdigungsinstituts gehabt hatte, dachte ich grinsend, während ich fortging, damit die beiden sich herrichten konnten. Als sie nach oben in mein Büro kamen, war mein Grinsen verschwunden. Jared sah mich an wie ein Schaf, doch Shelly schob trotzig ihr Kinn nach vorn.
Ich hatte inzwischen Mrs. Grenadys Unterlagen gefunden, aber deshalb war ich noch lange nicht geneigt, den beiden zu verzeihen. Ihr Benehmen war außer Kontrolle geraten, und ich war es einfach leid. Als ich ihm einen langen Blick zuwarf, schaute Jared sofort weg, aber Shelly nutzte die Gelegenheit, seine Hand zu nehmen. Sie verflocht ihre Finger mit seinen, und er sah mit einem dankbaren Ausdruck im Gesicht auf ihre ineinanderliegenden Hände hinunter.
„Ich habe euch vorher gesagt, dass diese Sache eure Arbeit nicht beeinträchtigen oder mein Geschäft stören darf.“ Ich starrte Shelly an.
Sie schob ihr Kinn noch ein weniger weiter vor. „Es hat die Arbeit nicht beeinträchtigt.“
Jared war klug genug, keine Entschuldigungen anzubringen. „Es tut mir leid, es wird nicht
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