Callboys - Die Schönen der Nacht
angezogen.
„Ich muss mich beeilen. Um halb vier habe ich eine Verabredung.“ Ich suchte in meiner Brieftasche nach Geld. „Wie viel schulde ich dir für die Pizza?“
Schweigen war die Antwort auf meine Frage, und ich hob den Kopf. „Jack?“
„Nichts“, erwiderte er nach einer Sekunde. „Ich lade dich dazu ein.“
Laut Vertrag musste ich jedes Extra bezahlen, doch da die Suche in meiner Brieftasche nur ein paar lausige, eselsohrige Dollarscheine und eine Kundenkarte für den Tankstellenshop bei Sheetz zutage gefördert hatte, widersprach ich nicht. „Danke.“
„Gern geschehen.“ Noch einmal zwang er mich mit seinem Lächeln in die Knie, und ich wollte plötzlich nicht mehr gehen. „Es hat Spaß gemacht“, erklärte er mit sanfter Stimme.
„Es hat Spaß gemacht.“ Ich hielt inne, stand wie erstarrt da, obwohl ich wusste, dass ich hätte gehen sollen. Ich würde zu spät kommen. Dennoch stand ich einfach nur da, wie festgenagelt durch Jacks hochgezogene Mundwinkel und das Funkeln seiner Augen, gefesselt von der Art, wie ihm sein seidiges schwarzes Haar ins Gesicht fiel.
Er rettete mich vor mir selbst, indem er sich der Pizza zuwandte. „Hast du etwas dagegen, wenn ich den Rest mit nach Hause nehme?“
„Natürlich nicht.“ Der Zauber des Augenblicks war gebrochen, und ich schob mir die Henkel meiner Tasche über die Schulter und griff nach dem Schlüssel, den ich auf dem Weg nach draußen am Empfang abgeben musste. „Vergiss deine Uniform nicht.“
„Auf keinen Fall. Damien würde mich umbringen.“ Lachend balancierte Jack die Pizzaschachtel in der einen Hand, während er mit der anderen das Shirt und die Mütze einsammelte.
In der Tür stießen wir zusammen, prallten aufeinander und schnellten zurück wie Flipperkugeln, bis wir beide lachten und er zurücktrat, um mich vorbeizulassen. Hinter uns schloss sich die Tür. Während wir drinnen herumgetrödelt hatten, waren Wolken vor die Sonne gezogen, und ich konnte schon den Regen riechen. Ein Windstoß blies Jack das Haar aus dem Gesicht und brachte das T-Shirt, das er in der Hand hielt, zum Flattern. Ich sah sein Motorrad, das er ganz in der Nähe abgestellt hatte.
„Wie willst du mit der Pizza in der Hand fahren?“
Jack blinzelte hinauf zum Himmel. „Ich mach das schon. Die Pizza kommt hinten aufs Motorrad, das ist kein Problem.“
„Jack.“ Auch ich schaute zum Himmel, der während der kurzen Zeit, die wir dort gestanden hatten, sogar noch dunkler geworden war. „Es fängt gleich an zu regnen.“
Aus der Ferne war Donnergrollen zu hören. „Hörst du?“
„Ich komme schon klar. Schließlich bin ich nicht aus Zucker.“
Ich betrachtete ihn mit hochgezogenen Brauen. „Deine Pizza wird klitschnass werden.“
„Du bietest mir an, mich nach Hause zu fahren?“
„Der Gedanke, dass du durch den Regen fährst, gefällt mir nicht, das ist alles.“ Ich gestehe, ich hoffte, noch einen Blick auf sein Lächeln zu erhaschen, das regelmäßig mein Höschen feucht werden ließ.
Meine Hoffnung wurde belohnt.
„Uh-huh“, machte er grinsend.
Ich tat unschuldig. „Was ist? Willst du mir erzählen, dir ist es lieber, durchnässt zu werden und matschige Pizza zu essen? Gut, dann vergiss mein Angebot.“
Nach nur zwei Schritten in Richtung des Hotelbüros hatte er mich eingeholt und hielt mich am Ärmel fest. „Warte.“
Ich blieb stehen. Links von uns zuckte ein Blitz über den düsteren Himmel. Einen Augenblick später folgte ein dumpfer Donnerschlag, der klang wie eine riesige Pauke.
„Ich fahre mit dir. Einer meiner Freunde kann mich später herfahren, damit ich das Motorrad abholen kann. Vielen Dank.“
Wieder starrten wir einander an, doch ich war die Erste, die den Blick abwandte. Mein Angebot, ihn mitzunehmen, war sehr spontan und sicher nicht besonders klug gewesen, aber nun war es zu spät, einen Rückzieher zu machen. Außerdem erschien es mir nicht richtig, ihn auf einem Motorrad mit einer Pizza in den Regen zu schicken. Ich hatte in meinem Job schon zu oft gesehen, wie ein schwerer Motorradunfall endete. Wenn Jack etwas passierte, das ich hätte verhindern können, würde ich mir das niemals verzeihen.
Ich brauchte nur ein paar Minuten, um den Schlüssel abzugeben und auszuchecken. Wieder warf der Angestellte am Empfang nur einen kurzen Blick in mein Gesicht, ein Verhalten, das mir normalerweise gefiel, das mir aber an diesem Tag das Gefühl gab, etwas Verbotenes getan zu haben, obwohl ich mir dieses Gefühl
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