Callista 03 - Planet des Zwielichts
Stunden gewesen sein. Im Krug war frisches Wasser, und einiges deutete darauf hin, daß jemand – vielleicht Liegeus – im Zimmer gewesen war. Sie war unter einer Decke aufgewacht und empfand Erleichterung, da sie sich die Mühe gemacht hatte, die Ausdrucke und ihr Lichtschwert zu verstecken, ehe sie schließlich vor Erschöpfung eingeschlafen war. Als sie sich schließlich hingelegt hatte, war sie so müde gewesen, daß sie gedacht hatte, sie würde nie wieder aufwachen.
Tatsächlich hatten ihre Empfindungen auf seltsame Weise jenen geähnelt, die sie unter dem Einfluß der Todessaat gehabt hatte.
Aber Dzym war nicht erschienen. Wenn Dzym gewußt hätte, wo sie gewesen war und was sie getan hatte, wäre sie ganz sicherlich nicht hier aufgewacht.
Sie schob den Ärmel hoch. Ihre Haut war an ein paar Stellen gerötet, und sie hatte sich ein paar zusätzliche Drochbisse eingefangen, aber irgendwelche Spuren von Gewaltanwendung waren nicht zu erkennen; keine Anzeichen von aufgeplatzten Äderchen wie beim letzten Mal, als der Sekretär sie so hart angepackt hatte.
Das purpurne Zwielicht des zu Ende gehenden Tages verblaßte windlos und still zur Nacht. Leia erwog, bis zur Morgendämmerung zu warten, entschied sich dann aber anders. Schließlich gab es auf Nam Chorios keine nächtlichen Räuber. Wenn sie zögerte, würde sie das nur Ashgads Rückkehr um acht Stunden näherbringen. Wenn sie jetzt handelte, hatte sie gute Aussichten, daß man sie erst am Morgen vermißte.
Leia stand auf und spürte, wie wackelig ihre Knie waren. Der Wasserkrug war doppelwandig und fungierte als Thermogefäß. Man konnte den Deckel fest verschrauben. Sie riß einen Streifen von ihrem Bettlaken ab und hängte sich das schwere Gefäß über die Schulter. Dann rollte sie zwei Decken zusammen und zog die zwei Ersatzhemden an, die Liegeus ihr gebracht hatte. Als sie den Stoff berührte, spürte sie, wie ihre Wut auf ihn nachließ. Er konnte unmöglich gewußt haben, worauf er sich einließ, und sobald er sich einmal in Ashgads Fängen befand, war es ohnehin zu spät.
Die Türkombination war, während sie geschlafen hatte, geändert worden. Aber sie aktivierte ihr Lichtschwert und stieß es ins Schloß. Der Zeitpunkt zum Handeln war jetzt oder nie gekommen. Eine Verzögerung konnte sie sich nicht leisten.
Zuerst Ashgads Büro. Zwei Dinge mußte sie noch in Erfahrung bringen.
Das Arbeitszimmer ging, ebenso wie ihr Zimmer, nach Norden. Die dem Fenster gegenüberliegende Wand lag im Schatten, aber das Licht der bereits untergegangenen Sonne wurde von den Klippen und Kristalltürmen hinter dem Plateau reflektiert, und so lag eine gespenstische Decke aus fleckigem Licht über dem weißen Fliesenboden, die dem Raum einen beinahe anheimelnden Charakter verlieh. Leia rief die Hauptdateien auf und versorgte sich mit einem Scanausdruck von allem, was irgendwie mit der Todessaat zu tun hatte. Der Ausdruck umfaßte fünfzig oder sechzig beidseitig bedruckte Folien, die sie zu den am Vortag beschafften Ausdrucken in ihre Deckenrolle stopfte.
Dann ließ sie die Verzeichnisse vor sich ablaufen, bis sie gefunden hatte, was sie brauchte: Karten der Umgebung und Bodenerhebungen sowie von Reiserouten. Es gab in zwanzig Kilometern Entfernung auf der anderen Seite der Bergkette, auf der die Festung stand, ein Dorf. Ashgad würde dort suchen, dachte sie. Die Wahrscheinlichkeit, daß sie nicht über genügend leistungsfähiges Gerät verfügten, um ein Signal in den Weltraum zu senden, war groß. Sechzehn Kilometer in entgegengesetzter Richtung befand sich auf einer Bergspitze eine Kanonenstation, die Bleak Point genannt wurde. Wenn sie sich entlang der Vorgebirge bewegte, sollte sie diese Stelle erreichen können, dachte sie. Wahrscheinlich war die Station verlassen, ein automatisches System, das diese Welt jetzt seit beinahe tausend Jahren bewachte, aber sie würde dort vielleicht Geräte finden, die sie gebrauchen konnte.
Leia rief noch einmal den Bauplan des Hauses auf. Durch jene Tür und dann den Korridor entlang, wo sie das letzte Mal links abgebogen war; eine Treppe und eine versperrte Tür, deren Kombination nach Angabe des Computers 339-054001-6 lautete; die Antigravtanks wurden hinter der zweiten Tür aufbewahrt. Das Licht des Sonnenuntergangs verblaßte, und Leia verspürte eine Anwandlung von Angst. Obwohl sie wußte, daß Dzym bei Tag ebenso aktiv war wie in der Nacht, fühlte sie sich doch bei Tag sicherer. Wer oder was auch immer dieses
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