Callista 03 - Planet des Zwielichts
nächste Mal…«
»Ein nächstes Mal«, flüsterte Dzym, »ist nicht erforderlich.«
»Ich werde das erledigen, wenn Larms Truppen landen, das verspreche ich Ihnen. Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen, daß sie Sie verrät. Ihr wird ohnehin niemand Glauben schenken. Aber ich… Sehen Sie mich an.« Die schrille Greisenstimme überschlug sich, und Leia wurde plötzlich bewußt, ohne daß sie dafür einen Grund hätte angeben können, daß er gar keine Mütze trug, wie sie zuerst gedacht hatte. Sein schwarzes Haar war grau, beinahe weiß geworden. »Ich mußte letzte Nacht dort weg, gleich nach der Versammlung. Ich mußte… zurückkommen.«
»Zurückkommen«, flüsterte Dzym spöttisch. »Zu jemandem, dem Sie nicht vertrauen. Zu jemandem, von dem Sie glauben, daß er nicht gehorcht…«
»Ich habe nie geglaubt, daß Sie nicht gehorchen.«
»Sie haben dem Winsler geglaubt.«
»Ich… Das habe ich nicht. Ich war nur – verwirrt. Dzym, wir brauchen ihn, bis das alles vorbei ist. Er ist der beste Holofälscher, den wir kriegen konnten. Einer der besten überhaupt. Sobald Larms Truppen gelandet sind, sobald wir die Reliant starten können, können Sie mit ihm machen, was Sie wollen. Aber bitte, bitte seien Sie nicht böse. Bitte…« Sie konnte nicht verstehen, was er sprach, aber sie vermutete, daß er »Helfen Sie mir!« sagte oder vielleicht auch »Geben Sie mir…!«
Dzym trat ein wenig zur Seite. Leia sah seinen schwarzen Haarknoten im Licht der Computerdioden glänzen und dann die spinnenhafte Bewegung seiner behandschuhten Hände, als er sein Gewand öffnete. In dem Lichtschein, in dem er jetzt stand, sah sie deutlich, daß seine Haut unter der Halspartie gar keine Haut war, sondern hartes, gelblich-grünes schimmerndes Chitin, rissig und schartig. Dzyms jetzt entblößte Brust war mit Röhren und Öffnungen und kleinen Knoten mit Mündern bedeckt, die an einer menschlichen Gestalt nichts zu suchen hatten. Und all die kleinen Münder und Öffnungen gähnten und streckten sich, und etwas Dunkles floß glitzernd aus ihnen heraus und sickerte in der Chitinschale nach unten. Dzyms menschlicher Mund öffnete sich ebenfalls, und die lange Zunge wand sich tastend heraus wie eine Schlange.
Mit einem Laut, der an ein Wimmern erinnerte, aber keines war, ein Schluchzen, aber auch das war es nicht, beugte Ashgad das greise Haupt. Er preßte den Mund an die grünlich schimmernde Chitinbrust, und Dzym neigte mit einer unnatürlichen, für einen menschlichen Hals unmöglichen Bewegung den Kopf zur Seite, und seine Zunge tastete nach Ashgads Nacken. Das gelbliche Licht ließ ein Rinnsal von Blut erkennen. Ashgad gab eine Weile Laute von sich – wieder dieses verzweifelte Wimmern – und verstummte dann. Das Schweigen dauerte beinahe eine Minute, wenn es Leia in dem engen Raum auch noch viel länger vorkam. Am Ende flüsterte Ashgad so leise, daß man es kaum hören konnte: »Danke.« Aber die brüchige Greisenstimme war jetzt einer anderen gewichen. Der Raum lag jetzt in völliger Dunkelheit, und draußen am Himmel war nur noch ein kaum wahrnehmbares orangefarbenes Glühen zu erkennen, und doch hatte Leia den Eindruck, als wäre das Haar des Alten deutlich dunkler geworden, und als die beiden dann den Raum verließen, bewegte Ashgad sich wie ein junger Mann. Leia glaubte zu sehen, war sich dessen aber nicht sicher, daß er sich etwas von Mund und Kinn wischte.
Sie lauschte ihren Schritten, die die Treppe hinaufgingen, und wußte, daß ihr jetzt nur noch Minuten blieben. Die himmelsfarbene Klinge des Lichtschwerts blitzte in ihrer Hand auf, und sie trieb es mit einem bösartigen Zischen von Funken und Rauch in die Konsole. Dann griff sie nach ihren zusammengerollten Decken und dem Wassergefäß und rannte durch den Raum, tippte blitzschnell die Kombination in das Kontrollfeld der verschlossenen Tür ein, die ins Haus führte, rannte den Korridor entlang und hetzte die Stufen hinauf. Wieder eine Kombination, eine weitere Tür – dahinter, im Labor, taumelte ein Synthdroide, die blauen Augen glasig und starr, der androgyne Mund offen und schlaff herabhängend, benommen von Wand zu Wand. Leia glitt rasch an ihm vorbei, stieß ihn dabei an, worauf er stürzte. Sie empfand eine Art Schuldgefühl, während sie über den reglosen Körper stieg. Als sie ihr Lichtschwert in die zentrale Steuereinheit stieß, hatte sie alle Synths deaktiviert und damit zerstört…
Sie leben nicht, sagte sie sich. Sie leben ebensowenig wie
Weitere Kostenlose Bücher