Camel Club 01 - Die Wächter
beiden Religionen.«
»Und die wäre, Sir?«
Gray legte die Bibel in die Schublade zurück. »Die Auferstehung der Toten.«
KAPITEL 37
Die weitläufige Villa, die Captain Jack in einer Vorortsiedlung Brennans gemietet hatte, lag weitab der Hauptstraße, und es gab in der Nähe keine Nachbarn. Ein anderer Vorzug war das große Heimkino, das ihm am heutigen Tag von Nutzen sein sollte.
Captain Jack steckte die von Hemingway erhaltene DVD in den Player, schaltete aber noch nicht auf Abspielen; die Männer, die sich heute hier versammelten, belegten gerade erst die Plätze. Niemand futterte Popcorn; ebenso wenig standen Getränke bereit. Diese Art Vorführung war nicht geplant.
Captain Jack nahm sich einen Moment Zeit, um seine Truppe zu mustern. Er hatte gute, fähige Männer zur Verfügung. Sie waren durch ein Leben abgehärtet worden, in dem sie kaum Augenblicke des Glücks gekannt und vieles entbehrt hatten, was andere Menschen als Selbstverständlichkeit erachteten: Nahrung, sauberes Wasser, ein Bett, Freiheit von ständiger Verfolgung und der Gefahr des gewaltsamen Todes. Jacks Bombenbauer und Techniker, die Schützen und Scharfschützen, die Fedajin und Mechaniker und Fahrer – alle waren anwesend. Nur Djamila fehlte. Sie hatte eine ganz andere Aufgabe. Captain Jack musste sich eingestehen, nicht beurteilen zu können, wie die Männer darauf reagiert hätten, dass eine Frau bei der Aktion eine solch entscheidende Rolle spielen sollte. Nur wenige Beteiligte wussten von Djamilas Mitwirkung, und Captain Jack hielt es für am gescheitesten, es so zu belassen.
Sämtliche Männer waren äußerlich verändert worden. Haare waren kürzer oder länger als vorher; Bärte waren abrasiert; manche hatten abgespeckt, andere an Gewicht zugelegt. Alle trugen westliche Kleidung; einige hatten sich das Haar gefärbt, andere trugen Brillen. Zwar enthielten die NIC-Datenbanken keine »echten« Fotos dieser Männer mehr, doch die ganze Operation hatte einen zu hohen Stellenwert, als dass man bei kleinen, unter Umständen jedoch wichtigen Details hätte schlampen dürfen. Modifizierung der NIC-Fotos hin oder her, es bestand immerhin noch die Möglichkeit, dass amerikanische Geheimdienstler, die ihnen vor Jahren persönlich begegnet waren, sie erkannten.
Captain Jack ging im Kinosaal nach vorn und rief die Männer einzeln mit Namen auf, ein Zeichen des Respekts und der Kameradschaft. Jeden Aufgerufenen bat er um einen Statusbericht, und jeder gab eine kompetente, prägnante Darstellung.
Captain Jack, Tom Hemingway und ein Dritter hatten diese Männer anhand einer Vorschlagsliste ausgewählt, die ihnen von ein und derselben Person unterbreitet worden war – einer Person, der Jack und Hemingway trauten. Sie hatten aus der Liste keineswegs die gewalttätigsten und zelotischsten Moslems ausgesucht. Es mutete wie Ironie an, doch der Charakterzug, der ihnen am wichtigsten war, war die Fähigkeit zur Zurückhaltung.
Die Flugzeugentführer des 11. September hatten die unterschiedlichsten Hintergründe gehabt. Vierzehn der fünfzehn Entführer, die mit den vier »Piloten« an Bord der Passagiermaschinen gestiegen waren, stammten aus Saudi-Arabien, aus Familien der Mittelschicht, die weder in der Politik noch im islamischen Glauben je sonderliche Aktivitäten entfaltet hatten. Und doch hatten diese jungen Männer ihrem Zuhause und ihren Familien den Rücken gewandt, hatten das Training bei der Al Kaida auf sich genommen, hatten sich in den Praktiken des radikalen Islam und des Dschihad schulen lassen und hatten zuletzt – ohne Zweifel in der Hoffnung, geradewegs ins Paradies zu fliegen – ihre Befehle mit militärischer Präzision ausgeführt. Die Flugzeugentführer des 11. September hatten keine eigenen Entscheidungen getroffen, sondern waren vollauf verplant worden. In Brennan verhielt die Situation sich vollkommen anders. Jeder Einzelne übte großen Einfluss auf das aus, was geschehen sollte.
Aufgrund dieser Erwägungen hatten Hemingway und Captain Jack ältere, gebildete Männer ausgesucht, die einst ein normales Leben geführt hatten. Sie waren in keinem Trainingslager der Al Kaida gewesen. Sie hatten sich aus keinen für die islamistische Mentalität typischen Gründen dem Dschihad verschrieben. Und obwohl mehrere dieser Männer bereits Ärger mit der amerikanischen oder europäischen Justiz bekommen hatten, obwohl sie in Polizeigewahrsam fotografiert und ihre Fingerabdrücke genommen worden waren – weshalb im NIC ihre
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