Camel Club 01 - Die Wächter
Feststellung über die Hälfte aller unserer Mitarbeiter machen. Um es offen zu sagen, Sir, sie wären gern Sie. Natürlich können sie es niemals sein, und das wurmt sie.«
Gray lehnte sich in seinen Chefsessel. »Ich habe einen Blick in Johnsons Personalakte geworfen. Sie enthält nichts, das befürchten ließe, dass jemand ihn umdrehen könnte. Sind Sie auch dieser Meinung?« Hemingway nickte. »Allerdings kann man das Gleiche bei sämtlichen Leuten feststellen, die tatsächlich umgedreht worden sind. Es hat mehr mit Psychologie als mit Bankkonten zu tun.«
»Es gibt im Hause Mitarbeiter, die Johnson besser kannten als ich.«
»Ich habe mich bei ihnen informiert«, sagte Gray. »Auch mit seiner Verlobten habe ich mich unterhalten. Sie hält den Vorwurf des Drogenhandels für völligen Blödsinn.«
»Dass sie ihn in Schutz nimmt, ist kaum verwunderlich.«
»Die Zentralisierung sämtlicher Geheimdienstdatenbanken wurde erst vor vier Monaten abgeschlossen, nicht wahr?«
»Ja, Sir. Allerdings mit der Einschränkung, dass wir die vollständige Integration der Daten, die von den für die Sicherheit von Warentransport und Reiseverkehr zuständigen Behörden überstellt wurden, erst vor kurzem beenden konnten. Das lag unter anderem an juristischen Schwierigkeiten mit der Homeland Security.«
»Treten im System noch relevante Störungen auf?«
»Nein. Aber wie Sie sich gewiss entsinnen, hatten wir viel Arbeit mit den Daten. Neben anderen Programmen gab es da Secure Flight, Registered Traveler und US VISIT. Das VISIT-Programm war für uns besonders wichtig, weil es genaue Personendaten, digitale Fingerabdrücke und Fotos ausländischer Reisender enthält. Dadurch fühlte sich die Amerikanische Bürgerrechtsunion auf die Zehen getreten. Sie beschimpfte die USA als Überwachungsstaat und hat jedes Gericht behelligt, das ihr zuhören wollte. Aber diese Daten gehören in unsere Zuständigkeit, und mittlerweile haben wir sie. Vorher waren diese Daten bei einem Dutzend Dienststellen verteilt, ohne dass es eine funktionierende Integration gab, sondern eine unglaubliche Fülle an Überschneidungen und Doppelerfassungen – mit dem Ergebnis, dass viele Informationen wertlos blieben.«
»Dieser Missstand war einer der Gründe, warum der elfte September möglich wurde«, sagte Gray.
»Da wir gerade davon reden… wie ich hörte, hat der Präsident Sie gebeten, morgen bei der Gedenkfeier in New York anwesend zu sein.«
»Ja, der Büroklatsch. Er bewährt sich besser als jedes Spionagenetzwerk. Ja, der Präsident hat mich darum gebeten, und ich habe abgelehnt. So wie jedes Mal ziehe ich es auch dieses Jahr vor, an einer privaten Ehrung derjenigen teilzunehmen, die an dem Tag das Leben verloren haben.«
»Mir ist außerdem zu Ohren gekommen, dass Sie den Präsidenten nach Brennan in Pennsylvania begleiten.«
Gray nickte, öffnete die Schreibtischschublade und entnahm ihr ein Buch.
»Wie gut kennen Sie die Bibel, Tom?«
Im Umgang mit Gray war Hemingway an überraschende Themenwechsel gewöhnt. »Ich habe sie gelesen. Die King-James-Fassung. Ebenso den Koran, den Talmud und das Buch Mormon.«
»Gut. Und welche Übereinstimmung stellen Sie in all diesen Büchern fest?«
»Gewaltneigung«, gab Hemingway zur Antwort. »Die Menschen werfen dem Koran vor, dass er zur Gewalt aufruft. Dabei vergessen sie gern die Christen. Wenn ich mich nicht irre, ist vor allem das Fünfte Buch Mose voller Hasspredigten. Schlag da tot, schlag dort tot.«
»Zumindest ist es in sich konsistent. Der Koran weist die Gläubigen an, nicht das eigene Leben fortzuwerfen – ein Gebot, das sich schlecht mit einem Selbstmordbombenattentäter verträgt. Tatsächlich verheißt er dafür keineswegs das Paradies, sondern droht jedem Selbstmörder die Verdammnis an.«
»Das sagt der Koran, wenn der Freitod nicht im Namen Allahs erfolgt. Das gilt aber nicht, wenn er für seine Sache geschieht. Es finden sich viele Abschnitte im Koran, in denen dazu angehalten wird, Ungläubige zu töten. Und in späteren Schriften und nachgeordneten Regelwerken sind Darlegungen zu lesen, nach denen es möglich ist, den Freitod und das gleichzeitige Töten Ungläubiger zu rechtfertigen. Und von denen, die für Allahs Sache in den Tod gehen, heißt es, dass sie eigentlich gar nicht sterben und dass ihre Verwandten sie nicht betrauern sollen. Das ist ein Unterschied zwischen Islam und Christentum.«
»Gewiss. Aber es gibt noch eine weitere große Ähnlichkeit zwischen den
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