Camel Club 02 - Die Sammler
Büchersammler?«, stellte Stone eine Gegenfrage.
»Na ja, nicht direkt, aber ich habe schon viel Wertvolles gesammelt«, wich Behan der Frage aus.
»Nun, es ist eine ganz nette kleine Bibliothek«, sagte Caleb. »Sie wird zur Auktion freigegeben. Auf jeden Fall die herausragendsten Werke.«
»So, so«, sagte Behan zerstreut. »Wissen Sie Neues über Jonathans Tod?«
Caleb schüttelte den Kopf. »Bisher sieht’s nach Herzversagen aus.«
»Nicht zu fassen. Dabei machte er einen so gesunden Eindruck! So etwas gibt einem wieder neuen Ansporn, aus jedem Tag das Beste zu machen, nicht wahr? Denn wer weiß, was morgen ist.« Behan drehte sich um und ging, die Wachmänner folgten ihm.
Während ihre Schritte verklangen, wandte Stone sich an Caleb. »Sehr aufmerksam von dem Burschen, im Haus eines Mannes nach dem Rechten zu sehen, mit dem er auf der Straße hin und wieder ein paar Worte gewechselt hat.«
»Er ist ein Nachbar, Oliver«, entgegnete Caleb. »Ich finde es ganz normal, dass er ein bisschen Acht gibt.«
»Mir gefällt der Kerl nicht«, gestand Milton. »Er stellt Dinge her, die Menschen töten.«
»Ganze Völkerscharen«, bekräftigte Reuben. »Für meine Begriffe ist der freundliche C. B. ein mieser kleiner Kriegsgewinnler.«
Es dauerte Stunden, die Bücher und anderen Druckwerke durchzuschauen, bis Caleb ein halbwegs ordentliches Verzeichnis vorlag. Milton tippte sämtliche Daten seinem Notebook ein. »Und was nun?«, fragte er, als sie das letzte Buch zuklappten.
»Üblicherweise lässt man zum Schätzen einen Sachverständigen von Sotheby’s oder Christie’s kommen«, sagte Caleb. »Aber ich denke an jemand anders. Ich halte ihn für den besten Fachmann auf dem Gebiet antiquarischer Bücher. Ich möchte erfahren, ob er wusste, dass Jonathan ein Psalm Book besaß.«
»Ist der Wunderknabe in New York zu finden?«, erkundigte sich Stone.
»Nein, hier im D. C. Es sind nur zwanzig Minuten mit dem Wagen.«
»Wer ist es?«, fragte Reuben.
»Vincent Pearl.«
Stone blickte auf die Armbanduhr. »Wir müssen ihn wohl morgen besuchen. Es ist schon nach dreiundzwanzig Uhr.«
Caleb schüttelte den Kopf. »Nein, die Gelegenheit ist günstig. Pearls Antiquariat hat nur abends geöffnet.« KAPITEL IJ
KAPITEL I 4
Als der Camel Club die Villa DeHavens verließ, wurden die Männer durch zwei Ferngläser beobachtet. Eines wurde durch ein Dachfenster eines Gebäudes auf der anderen Straßenseite auf Stone und die anderen gerichtet; das zweite Fernglas hielt ein Mann in den Händen, der im Innenraum eines auf derselben Straße geparkten Lieferwagens mit der Aufschrift »D. C. Public Works« saß.
Als das Motorrad und der Chevy Nova abfuhren, folgte ihnen der Lieferwagen.
Nachdem die Fahrzeuge verschwunden waren, suchte der Beobachter im Haus an der Good Fellow Street mit dem Feldstecher die Umgebung ab.
Wie Caleb geschätzt hatte, brauchten sie bis zu Vincent Pearls Antiquariat zwanzig Minuten. Die Ladenfront hatte kein Firmenschild, sondern trug lediglich den Hinweis »Geöffnet Montag bis Sonntag von 20 bis 24 Uhr«. Caleb läutete am Eingang.
Reuben betrachtete die massive Tür und die vergitterten Fenster. »Ich vermute mal, er inseriert nicht.«
»Wer sich ernsthaft mit Büchersammeln beschäftigt«, erklärte Reuben, »weiß auch so, wo er Vincent Pearl finden kann.«
»Kennst du ihn gut?«, fragte Stone.
»Nein. Auf dem Niveau kann ich nicht mithalten. In den letzten zehn Jahren habe ich nur zweimal mit ihm geredet, beide Mal hier im Buchladen. Aber ich habe früher seine Vorträge gehört. Der Mann ist unvergesslich.«
Im Westen konnte man die helle Kuppel des Capitols sehen. Die Gegend, in der sie sich befanden, wurde von alten, moosbewachsenen Reihenhäusern aus Ziegeln und Naturstein beherrscht, die einst den Mittelpunkt einer aufblühenden Hauptstadt gebildet hatten.
»Bist du sicher, dass er da ist?«, fragte Milton.
Im nächsten Moment meldete sich ein strenge, tiefe Männerstimme: »Wer ist da?«
Milton erschrak, doch Caleb sprach sofort in eine kleine Sprechanlage, die unter dem verflochtenen Efeugewirr neben der Tür fast unsichtbar blieb. »Mr. Pearl, hier ist Caleb Shaw von der Kongressbibliothek.«
»Wer?«
Caleb wirkte peinlich berührt. »Caleb Shaw«, wiederholte er. »Ich arbeite im Lesesaal der Raritätenabteilung. Wir sind uns vor ein paar Jahren begegnet, als ein Sammler von Lincoln-Denkwürdigkeiten in der Bibliothek vorsprach. Ich hatte Ihnen den Herrn damals
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