Camel Club 02 - Die Sammler
oder was? Außerdem hab ich mit Monte nichts am Hut, Leo«, fügte sie hinzu, ehe er antworten konnte. »Also, wie viel? Ich frage aus einem bestimmten Grund.« Sie verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte sich wartend gegen die Mauer.
Leo zuckte mit den Achseln. »Normalerweise arbeiten wir in einer Schicht an sechs verschiedenen Stellen jeweils eine Stunde. An einem guten Tag machen wir zwei- bis dreitausend. Hier gibt’s viele Gewerkschaftsfritzen, die Schwarzgeld übrig haben, das sie auf den Kopf hauen können. Aber die Jungs und ich ziehen demnächst weiter. Hier gibt es bald Massenentlassungen. Außerdem wollen wir nicht, dass die Leute sich allzu gut an unsere Gesichter erinnern.«
»Wie viel bleibt dir von den Nettoeinnahmen?«, fragte Annabelle.
»Sechzig Prozent. Die Kosten sind hoch heutzutage. Ich habe bis jetzt um die dreißig Riesen gespart und will das bis zum Winter verdoppeln. Damit komme ich dann ein Weilchen über die Runden.«
»Ein sehr kurzes Weilchen, wie ich dich kenne.« Annabelle Conroy steckte die Biermarke und die Payback-Karte ein. »Bist du an großem Geld interessiert?«
»Als du mir diese Frage das letzte Mal gestellt hast, hat man auf mich geschossen.«
»Man hat auf uns geschossen, weil du zu gierig wurdest.«
Jetzt lächelte keiner mehr.
»Worum geht’s?«, fragte Leo.
»Das sag ich dir, nachdem wir ein paar kleinere Dinger gedreht haben, um uns Kapital zu beschaffen. Für die ganz große Nummer brauche ich Knete.«
»Die ganz große Nummer, aha. Wer ist denn da noch scharf drauf?«
Sie neigte den Kopf und sah auf ihn hinunter. In den hochhackigen Stiefeln war sie fast eins achtzig groß. »Ich. Ich hab damit nie aufgehört.«
Leo musterte ihr langes rotes Haar. »Warst du nicht brünett, als ich dich das letzte Mal gesehen habe?«
»Ich bin immer das, was ich gerade sein muss.«
Er grinste wieder. »Die gute alte Annabelle.«
Ihr Blick wurde hart. »Was ist jetzt? Bist du dabei?«
»Und das Risiko?«
»Ist hoch. Der Gewinn aber auch.«
Mit Ohren zerfetzender Lautstärke heulte die Alarmanlage eines Autos los. Keiner der beiden zuckte auch nur zusammen. Ganoven, die in ihrer Liga spielten, durften nicht schreckhaft sein, sonst endeten sie schnell im Knast oder auf dem Friedhof.
Schließlich nickte Leo. »Okay, ich bin dabei. Was jetzt?«
»Jetzt trommeln wir ein paar Leute zusammen.«
»So eine richtige All-Star-Truppe?« Bei dieser Aussicht glänzten Leos Augen.
»Für das ganz große Ding sind nur die Besten gut genug.« Sie hob die schwarze Dame auf. »Da, ich hab schon wieder gewonnen! Mein Gewinn ist ein Abendessen.«
»Ich fürchte, in dieser Gegend gibt’s nur Hamburger aus Gammelfleisch«, sagte Leo.
»Okay, dann essen wir in Los Angeles. Wir fliegen in drei Stunden.«
»Was? Ich habe nicht mal gepackt! Und ich hab kein Ticket.«
»In deiner linken Jackentasche. Ich hab’s reingeschoben, als ich dich abgetastet habe.« Sie warf einen Blick auf seinen Schmerbauch und runzelte die Stirn. »Du hast kräftig zugelegt, Leo.«
Annabelle drehte sich um und ging davon, noch während Leo in seiner Tasche kramte und den Flugschein entdeckte. Er schnappte sich seine Spielkarten und lief hinter ihr her. Den Tisch ließ er einfach stehen.
Das Three Card Monte hatte jetzt erst mal Pause. Das ganz große Ding rief.
KAPITEL 3
KAPITEL 3
Beim Abendessen in L.A. legte Annabelle in groben Zügen ihre Pläne für die nächsten Tage dar und vertraute Leo an, wer die beiden anderen Beteiligten an dem Coup sein sollten.
»Klingt gut, aber wie soll die ganz große Nummer denn nun aussehen? Du hast noch kein Wort darüber gesagt.«
»Eins nach dem anderen«, erwiderte Annabelle, die an diesem Abend das Kleine Schwarze trug und in Leos Augen richtig schnuckelig aussah. Nun drehte sie das Weinglas in der Hand und ließ gewohnheitsmäßig den Blick durch das Nobelrestaurant schweifen, um Dummköpfe auszuspähen. Früher oder später fand sich immer ein Trottel, den man abzocken konnte.
Mit einem Ruck warf Annabelle das rot gefärbte Haar zurück und stellte Blickkontakt zu einem Kerl her, der drei Tische entfernt saß. Schon seit einer Stunde verschlang der Bursche sie mit Blicken und gab ihr ganz offen Zeichen, während seine unverhohlen gedemütigte Begleiterin stumm vor sich hin schäumte. Wieder leckte der Bursche sich die Lippen und zwinkerte Annabelle zu.
Oh nein, du Penner, du hast nicht den Hauch einer Chance.
Leo unterbrach ihre Gedanken.
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