Camel Club 02 - Die Sammler
bloß mit dir abhängen müssen.«
»Lass gut sein, Leo.«
»Okay, aber was war das für ’ne Nummer? Moscarelli-Familie? Wer waren die Figuren wirklich?«
»Fünf geile Buchhalter aus Cincinnati, die heute Abend versuchen werden, irgendwelche Schnallen ins Bett zu kriegen.«
»Du hast Glück gehabt, dass sie solchen Kampfgeist hatten.«
»Mit Glück hatte das nichts zu tun. Ich habe denen weisgemacht, ich wollte mit einem Bekannten in der Öffentlichkeit eine Filmszene proben, so was käme in L.A. ständig vor. Also habe ich sie gebeten, sie sollten sich wie Mafiosi benehmen, um uns die passende Atmosphäre für die Szene zu liefern. Wären sie überzeugend genug, könnten sie vielleicht einen Auftritt im Film kriegen. Wahrscheinlich war es das aufregendste Erlebnis, das sie je hatten.«
»Na gut, aber woher wusstest du, dass der Typ dich tatsächlich anbaggert?«
»Es war bestimmt keine Brechstange, was er da in der Hose hatte. Oder glaubst du, ich hätte ihm das Wasser aus Vergnügen auf den Schoß gekippt?«
Am nächsten Tag fuhren Annabelle und Leo in einem Mietwagen, einem dunkelblauen Lincoln, in Beverly Hills den Wilshire Boulevard entlang. Aufmerksam betrachtete Leo die Ladengeschäfte, an denen sie vorbeikamen. »Woher hast du den Tipp gekriegt?«
»Die üblichen Quellen. Er ist jung und hat in der Szene kaum Erfahrung, aber ich hab’s wegen seiner Spezialität auf ihn abgesehen.« Annabelle lenkte den Wagen auf einen Parkplatz und zeigte auf ein Geschäft. »Da ist der Schuppen, wo unser Ladenschwengel die Kundschaft bescheißt.«
»Was ist er für ein Typ?«
»Sehr metrosexuell.«
Ratlos sah Leo sie an. »Metrosexuell? Was ist denn das? Steht er auf U-Bahnen, oder was?«
»Du solltest häufiger unter die Leute gehen, Leo, und mehr Zeit am Computer verbringen.«
Gleich darauf führte Annabelle ihn in eine teure Kleiderboutique. Begrüßt wurden sie von einem sehnigen, gut aussehenden jungen Mann in schickem Schwarz. Er hatte blondes, glatt nach hinten gekämmtes Haar und fesche Eintagesstoppeln am Kinn.
»Arbeiten Sie hier ganz allein?«, fragte Annabelle, während sie die offenbar gut betuchten Kundinnen des Ladens musterte. Die Frauen mussten wohlhabend sein, denn die Schuhe hier kosteten von tausend Dollar aufwärts. Wer sie bezahlen konnte, durfte dafür auf Zehnzentimeterabsätzen umherstelzen, bis die Achillessehne riss.
Der junge Mann nickte. »Ja, und ich arbeite gern in diesem Geschäft. Dienstleistung macht mir Spaß.«
»Na klar«, sagte Annabelle halblaut.
Sobald sämtliche anderen Kundinnen gegangen waren, hängte Annabelle unbemerkt das Geschlossen-Schild an die Tür. Leo brachte eine Damenbluse zur Kasse, während Annabelle ins hintere Umfeld der Ladentheke schlenderte. Leo gab dem Verkäufer seine Kreditkarte. Sie rutschte dem jungen Mann aus der Hand, sodass er sich bückte, um sie aufzuheben. Kaum hatte er sich aufgerichtet, stand Annabelle schon hinter ihm. »Ein hübsches kleines Spielzeug haben Sie da«, sagte sie und betrachtete den winzigen Apparat, durch den der Angestellte gerade Leos Kreditkarte zog.
»Verzeihung, Ma’am, aber hinter die Ladentheke haben Sie keinen Zutritt«, sagte er gereizt.
Annabelle achtete nicht auf seine Bemerkung. »Haben Sie das selber gebastelt?«
»Es ist ein Prüfgerät«, entgegnete der Verkäufer indigniert. »Damit checken wir Kreditkarten auf ihre Gültigkeit. Es untersucht sie auf verschlüsselte Codes. Früher hatten wir viel Ärger mit gestohlenen Kreditkarten, deshalb hat der Inhaber uns angewiesen, so ein Gerät zu benutzen. Ich tue es möglichst unauffällig, damit niemand in Verlegenheit kommt. Sicher haben Sie Verständnis dafür.«
»Oh, das ist mir alles vollkommen verständlich, Tony.« Annabelle langte an dem Angestellten vorbei und nahm den kleinen Apparat in die Hand. »Dieses Ding liest Name, Kontonummer und Geheimzahl, damit Sie die Karte fälschen können, nicht wahr, Tony?«
»Oder Sie verscherbeln die Daten an einen Kartenfälscherring, was wahrscheinlicher ist«, sagte Leo. »Auf diese Weise machen Sie sich Ihre metrosexuellen Händchen nicht so schmutzig. Stimmt’s, Tony?«
Tony starrte sie nacheinander an. »Woher kennen Sie meinen Namen? Sind Sie Bullen?«
»Oh nein, viel besser.« Annabelle legte ihm einen Arm um die schmalen Schultern. »Wir sind genau solche Halsabschneider, wie Sie einer sind.«
Zwei Stunden später spazierten Annabelle und Leo im Hafen von Santa Monica die Uferstraße
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