Camel Club 04 - Die Jäger
hatte er sie unbewusst erschrecken wollen . Oder zumindest auf den Tag vorbereiten, an dem er nicht mehr nach Hause kam … oder an dem sie seinen Leichnam identifizieren musste.
Sein Blick schweifte durch das trostlose Motelzimmer. In wie vielen schmutzigen Absteigen, wie vielen jämmerlichen Kaffs und an wie vielen armseligen Winkeln der Erde hatte er den Großteil seines Lebens vergeudet? Die eindeutige Antwort lautete: In viel zu vielen.
Knox lag auf dem Bett, starrte an die Decke und fühlte sich einsamer als je zuvor.
Hexen von Oz? Nun, ich könnte dir alles über die Hexen und Hexenmeister der CIA erzählen, Schätzchen. Aber dann müsste ich Angst haben, dass du deinen Vater hasst, und da wäre mir ein Genickschuss lieber.
Das Handy summte. Der Anrufer war Hayes; Knox wusste es, ohne auf das Display zu schauen. Er hätte es vorgezogen, jetzt nicht mit Hayes zu reden, aber ihm blieb keine Wahl, denn es drohten unangenehme Alternativen – unter anderem die, dass man ihn versetzte, um geheimdienstliche Wühlarbeit in Teheran oder Pjöngjang zu verrichten.
»Joe Knox.«
»Wo stecken Sie?«, schnauzte Hayes.
»Ich bin auf der Pirsch.«
»Auch ja? Und wo?«
»Im Südwesten von Virginia.«
»Das ist mir zu ungenau.«
»Ehrlich gesagt, Sir, ich weiß selbst nicht genau, wo ich bin. Und der Empfang hier ist sehr schlecht. Ich kann Sie kaum verstehen.«
Hayes sprach noch lauter als zuvor. »Haben Sie den Kerl inzwischen gesichtet?«
»Nein, Sir, dann hätte ich Sie sofort angerufen. Aber ich habe ein paar heiße Spuren, die mir helfen werden, seinen vermutlichen Aufenthaltsort einzugrenzen.«
»Weshalb sind Sie nicht mit dem Hubschrauber an den fraglichen Ort geflogen?«
Weil du dann genau wüsstest, wo ich bin. »Würde in dieser Gegend ein Hubschrauber einen Agenten absetzen, Sir, dürfte das für erhebliches Aufsehen sorgen. Falls Carr in der Nähe ist, wäre er blitzschnell verschwunden. Ich schaue mich lieber unauffällig um und verständige Sie gegebenenfalls sofort.«
»Ich bin nicht gerade begeistert darüber, wie Sie Ihre Ermittlungen führen, Knox.«
»Ich weiß, dass es nicht gerade wie geschmiert läuft, Sir, aber ich tue mein Bestes.«
»Wirklich? Also gut, benachrichtigen Sie mich, sobald Sie etwas wissen. Ohne Verzögerung, ist das klar?« Hayes trennte die Verbindung.
Knox hob den Blick und schaute zum Fernseher, wo Arthur Fonzarelli in der Uralt-Serie Happy Days seine Sprüche vom Stapel ließ.
»Du kannst mich mal, Arschloch«, sagte Knox in seiner besten »Fonzie«-Imitation.
KAPITEL 42
Annabelle und Caleb betraten die Union Station und gingen geradewegs zu der Schalterangestellten, mit der Knox gesprochen hatte. Annabelle zückte ihren gefälschten FBI-Dienstausweis.
»Wir sind die Agenten Hunter und Kelso. War ein Mann bei Ihnen, der Ihnen Fotos gezeigt und Sie mit Fragen belästigt hat?«
»Ja«, sagte die Frau nervös.
»War sein Name angeblich Joe Knox? Hat er behauptet, vom Heimatschutzministerium zu sein?«
»Ja.«
Annabelle stöhnte laut auf. »Dann haben wir ein großes Problem.«
Erschrocken blickte die Frau sie an. »Was für ein Problem denn? Wir haben Agent Knox nach besten Kräften geholfen.«
»Das Problem ist«, ergriff Caleb das Wort, »dass er nicht Knox heißt und auch nicht für das Heimatschutzministerium arbeitet.«
Die Frau wurde bleich. »Verdammt!«
»Wie recht Sie haben«, sagte Annabelle. »Ich muss sofort jeden vernehmen, mit dem der Kerl gesprochen hat.«
Wenige Minuten später saßen Annabelle und Caleb im Büro des Bahnhofsvorstehers. Auch der Zugbegleiter war zugegen.
»Wir dachten, Mr. Knox ist Geheimagent.«
»Das kann ich mir vorstellen«, sagte Annabelle. »Vermutlich hat er Ihnen eingeschärft, mit niemandem über das zu reden, was er mit Ihnen besprochen hat, stimmt’s?«
»Genau.«
»Leider ist das leeres Agentengewäsch, wie man es aus Filmen kennt.«
»Aber seine Ausweise sahen echt aus«, gab der Zugbegleiter zu bedenken.
Caleb hielt seinen falschen Dienstausweis so, dass die Männer ihn sich gründlich anschauen konnten. Die Ausweise waren noch warm, weil Annabelle sie erst auf der Fahrt im Lieferwagen gefälscht hatte. »Ich arbeite tatsächlich für das Heimatschutzministerium, deshalb kann ich Ihnen einen echten Ausweis zeigen«, sagte er. »Ist Ihnen aufgefallen, ob in der oberen rechten Ecke des Fotos ein umgedrehtes kleines e war, so wie Sie es hier sehen können?«
Die Bahnmitarbeiter schauten es sich an und
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