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Camp Concentration

Camp Concentration

Titel: Camp Concentration Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas M. Disch
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Durchschnittsmensch wie Sie sich so etwas einfallen läßt, nur um seine Neurose zu kultivieren. Vor allem, wenn ich an das alte Sprichwort denke: ›Ein gebranntes Kind scheut das Feuer.‹« Sie wollte nicht sachlich argumentieren, sondern ihn durch Stiche reizen wie ein Picador den Stier.
    »Spielen Sie auf Auaui an? Was man allgemein zu vergessen scheint, ist, daß ich diesen Feldzug gewonnen habe. Trotz der dort grassierenden Krankheiten, trotz des Verrats meiner Offiziere habe ich ihn gewonnen! Trotz der Lügner, von denen ich umgeben war, und übrigens auch trotz des ungünstigsten Horoskops, das mir jemals gestellt worden ist, habe ich ihn gewonnen!«
    Sie witterte Blut und überlegte mit sichtlichem Vergnügen, wo sie ihm den nächsten Stich versetzen sollte. »Ich war unfair«, sagte sie sanft. »Denn ich bin sicher, daß für alles, was damals geschah, Berrigan weit mehr Verantwortung trug als Sie. Jedenfalls nach heutigen Maßstäben. Ich muß Sie also um Entschuldigung bitten.«
    Sie hatte wahrscheinlich, genau wie ich, erwartet, ihn damit völlig konsterniert und gewissermaßen den Banderilleros ausgeliefert zu haben. Aber weit gefehlt! Er ging zum Lesepult und betrachtete die Geheimzeichen wie ein Kenner. »Sagen Sie, was Sie wollen ...«
    Die Busk zog fragend eine Augenbraue hoch.
    »Sagen Sie, was Sie wollen - an der Sache ist was dran!« Er schlug mit der Faust gegen das Pult und zitierte dann in seiner unnachahmlichen oberlehrerhaften Art das Motto von Berrigans Buch: »Es gibt mehr Ding im Himmel und auf Erden, als eure Schulweisheit sich träumt, Horatio.«
    Kein Wunder, daß Haast alle Schlachten gewinnt: Er kennt seine Niederlagen nicht!
    Die Busk biß sich auf die Lippen und stiefelte zur Tür. Als sie draußen war, sagte Haast lächelnd zu mir: »Jetzt haben wir’s Siegfried aber gegeben, was? Beherzigen Sie meinen Rat, Louie - lassen Sie sich nie mit einer Frau auf Diskussionen ein!«
    Der Theatertradition entsprechend gehen komische Episoden schrecklichen Ereignissen voraus: Hamlet macht sich über Polonius lustig, der Narr gibt Rätsel zu lösen auf, der betrunkene Pförtner stolpert über die Bühne, um dem, der ans Tor klopft, zu öffnen.

    Später
    So bald hatte ich die Katastrophe nicht erwartet! Das Drama ist fast beendet, und ich dachte, wir befänden uns erst ungefähr in der Mitte des zweiten Akts. Jetzt bleibt nichts mehr zu tun, als die Leichen von der Bühne zu tragen.

    Wie stets hatte ich mich sehr frühzeitig im Theater eingefunden, aber Haast war noch vor mir da. Als ich eintraf, beschimpfte er gerade das technische Personal, weil die Ventilatoren plötzlich verrückt spielten. Sein am Nachmittag von weißen Stoppeln geziertes Gesicht war jetzt glattrasiert. Er trug einen schwarzen Zweireiher, der, obwohl funkelnagelneu, an ihm irgendwie altmodisch wirkte. Als ich Anfang der sechziger Jahre Stuttgart besucht hatte, war mir aufgefallen, daß viele Geschäftsleute Anzüge trugen, wie sie in ihrer Jugend modern gewesen waren. Für sie - und für Haast - ist die Zeit 1943 stehengeblieben.
    Als nächste erschienen die wenigen Gefangenen, die bei dem Ritual keine aktive Rolle zu spielen hatten. Einige trugen Abendanzüge, einige ihre - nicht weniger nüchterne - Alltagskleidung. Da sich die Gruppe über sämtliche Stuhlreihen verteilte, wirkte der kleine Zuschauerraum fast so leer wie zuvor.
    Dr. Busk, angezogen als ob sie Trauer hätte, setzte sich hinter mich und begann, eine Camel nach der andern zu rauchen. Nach kurzer Zeit waren wir beide eingequalmt, wozu die mangelhafte Entlüftungsanlage das ihre tat.
    Mordecai, der Bischof und eine Horde von Sicherheitsbeamten, Wärtern und anderem Personal (ein Auftritt, der mich an den ersten Akt von Tosca im Amato-Theater erinnerte), erschienen als letzte - treffender gesagt: hielten ihren bombastischen Einzug. Der Bischof hatte ein goldenes Gewand mit symbolischen Figuren im Stil von Matisse angelegt, doch fehlte auch in seiner Ausstattung das Element der Trauer nicht: Seine Mitra war pechschwarz. Mordecai hatte sich bei der Auswahl seines Festkostüms einer fast makabren Sparsamkeit befleißigt: Er erschien in dem schwarzen Samtgewand mit dem goldenen Spitzenkragen, das George Wagner als Faustus getragen hatte. Es schrie geradezu nach chemischer Reinigung, aber auch wenn es sauber gewesen wäre, hätte es in seiner Schwärze an dem schwarzen Mordecai unkleidsam gewirkt. Zudem betonte es seine schmale Brust, seinen runden Rücken,

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