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Canale Mussolini

Canale Mussolini

Titel: Canale Mussolini Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pennacchi Antonio
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Hochziehen des Wassers hatten wir allerdings nur die Handpumpe oder den Eimer, denn 1932 waren die ländlichen Gebiete des Agro Pontino noch nicht elektrifiziert. Strom, Telegraf und Telefon sowie Kanalisation gab es nur in den größeren Zentren und in der Stadt, und außer Glühlampen an der Decke hatten die Leute dort auch Toiletten im Haus. In den Siedlerhäusern der ONC gab es Licht nur von Petroleum- oder Karbidlampen, und auch der Brunnenschaft war nur ein Stahlzylinder in Form einer mit Halmen umwundenen Garbe mit einem schönen Schwengel. Quiii quiii quiii , machte das, wenn man pumpte, und das Wasser fiel in den Trog daneben – oder auch Viehtränke –, eine rechteckige, gemauerte Wanne aus wasserdichtem Beton. Dieser Trog war der Mittelpunkt unseres Lebens, immer war dort jemand, um Wasser zu pumpen oder sonstige Arbeiten zu verrichten. Meine Onkel wollten aber nicht, dass man sich dort wusch, sie regten sich tierisch auf, wenn sie einen dabei sahen. Man musste das Wasser erst in den Eimer pumpen, dann konnte man anderswo damit machen, was man wollte. Aber wehe, man verunreinigte – man verdarb – ihnen das Wasser im Trog, und sie verlangten auch, dass er immer voll war. Jeden Tag aufs Neue war das ein Gezerre, jemanden zu finden, der ihn vollpumpte – quiii quiiii quiii , bis einem die Arme abfielen –, auch wenn dort alle Arbeiten, jede einzeln, ganz genau eingeteilt waren. Sobald einer auf die Welt kam, teilte Großmutter ihm auch schon eine Aufgabe zu – »Du machst das, du das und du jenes« –, und für den Trog waren die Kinder zuständig. Aber jeden Tag aufs Neue versuchte man dem zu entkommen, und jeden Tag gab es wieder Zank und Ärger, vor allem, wenn meine Onkel abends – wenn Zeit war, das Vieh zu tränken – auch nur einen Hauch von Schmutz auf dem Wasser entdeckten, einen Ölflecken oder was auch immer. Dann verlangten sie, dass man den Stöpsel unten am Boden zog und das Wasser ganz ausließ und es dann wieder neu einfüllte – quiii quiii quiii –, dazu Hiebe mit der Weidenrute auf die Beine: »Das Wasser muss sauber sein für die Tiere«, brüllten sie.
    Dann lösten sie je zwei der Tiere von den Ketten, mit denen sie im Nacken an den Raufen festgebunden waren, träge schoben die sich dann, hin und wieder einen Fladen fallen lassend, durch den Gang auf den gepflasterten Platz vor dem Stall, bogen nach links um die Hausecke herum, und zwanzig Meter vom Haus entfernt auf der Tenne beugten sie sich zum Saufen über den Trog. Natürlich stand an der Straße jemand mit der Mistgabel Wache, um zu verhindern, dass sie auf die Idee kamen, in die Felder zu laufen. Onkel Iseo blies über das Wasser im Trog: ffff, fff, fff , und sie soffen so viel, dass es reichte bis zum nächsten Tag. Heutzutage gibt es in allen Ställen über der Futterkrippe den Trinknapf, und wenn die Kuh Durst hat, braucht sie nur mit der Schnauze dagegenzudrücken, und es kommt Wasser heraus. Damals soffen sie einmal am Tag und so viel sie wollten, und je liebevoller Onkel Iseo übers Wasser blies fff, fff, fff , umso lieber soffen sie. Niemand hat die Tiere so sehr geliebt wie Onkel Iseo, und wer bläst ihnen denn jetzt übers Wasser, fff, fff, fff , wenn sie automatisch getränkt werden?
    Wir hingegen tranken aus einem Eimer in der Küche, mit einer Schöpfkelle aus Blech oder Aluminium. Auch für uns gab es noch keine automatischen Wasserhähne, die man nur aufzudrehen braucht, und schon kommt Wasser heraus. Wir mussten es mit der Kraft unserer Arme heraufpumpen quiii quiii quiii , den Eimer am Brunnenrohr aufgehängt. Dann trug man es ins Haus, und dort blieb es stehen, im Eimer im Spülstein beim Fenster. Die Schöpfkelle – eine rechteckige Schöpfkelle – hing an einem Haken an der Wand. Wer Durst hatte, nahm die Schöpfkelle, tauchte sie ins Wasser und trank daraus. Dann hängte man sie wieder an die Wand, und wenn das Wasser etwas zu warm geworden oder der Eimer leer war, schickte Großmutter den ersten Buben, der ihr über den Weg lief, ihn an der Pumpe wieder aufzufüllen. Die Schöpfkelle wurde – wie alles übrige Geschirr – zwei Mal am Tag abgewaschen, beim Trog, wenn schönes Wetter war, oder am Spülstein mit Wasser aus dem Eimer; und Sie werden begreifen, mit so wenig Wasser und so wenigen Eimern wie möglich. Und wenn man unbedingt Lust hatte auf frisches, völlig klares Wasser, ging man zum Brunnen, pumpte quiii und trank direkt dort.
    Wie bitte, was sagen Sie? Das sei nicht so hygienisch,

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