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Canale Mussolini

Canale Mussolini

Titel: Canale Mussolini Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pennacchi Antonio
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Genuesen; wer bei sich zu Hause keine Arbeit fand – und das waren viele –, der kam nach Littoria. Nach ein paar Monaten – wenn hier alles fertig war – würden sie zurückkehren in ihre Heimat, ab und zu würden sie einen Malariaschub bekommen; abgesehen natürlich von denjenigen, die, wie gesagt, gar nicht mehr zurückkamen, weil sie ihre Seele für immer hier ausgehaucht hatten, unter einem Baugerüst oder im Krankenhaus von Velletri. Lauter kräftige junge Männer zwischen zwanzig und dreißig.
    Vor allem aber war es voll mit Leuten von hier, aus den Lepiner Bergen und dem Latium: Sezze, Cori, Norma, Sermoneta, Bassiano, Priverno, Sonnino, und dann aus der Provinz Rom und der Ciociaria, Alatri, Ceccano, Ferentino, Rieti, Viterbo. Alle hierhergekommen zum Arbeiten, und die aus den Lepiner Bergen – als meine Onkel nach ein bisschen Palaver endlich sagten, wer sie waren – alle gleich sauer und missgünstig. Sobald sie erfuhren, dass wir nicht wie sie Arbeiter auf den Baustellen oder an den Kanälen waren, sondern Siedler, hierhergekommen, um auf den Höfen zu leben, die sie gebaut und trockengelegt hatten, hätten sie beinahe den Platz auf der Bank zurückverlangt, den sie uns zuvor eingeräumt hatten. »Cispadanier hier, Cispadanier da!«, fingen sie an.
    Zunächst verstanden meine Onkel nicht. »Was die wohl sagen wollen mit diesem Cispadanier?« Und Onkel Iseo flüsterte Onkel Adelchi, der schließlich die Schule besucht hatte, leise ins Ohr: »Was zum Teufel heißt denn Cispadanier?«
    »Woher zum Teufel soll denn ich das wissen?« Um aber nicht zurückzustehen – denn Onkel Adelchi, und wenn man ehrlich ist, allen Peruzzi widerstrebte es gewaltig, hinter wem auch immer zurückzustehen – und weil er begriffen hatte, dass dieses »Cispadanier« nicht gerade ein Kompliment sein musste, konterte er sofort: »Ihr dreckigen Marokkaner, was wollt ihr denn von uns?«
    »Die Höfe, ihr habt uns die Höfe weggenommen!«
    Nun muss man aber dazusagen, dass es ein paar Minuten vorher – noch ehe sich die Gemüter erhitzten über der Frage nach den Cispadaniern und ob jene uns als die hypothetischen Diebe ihrer noch hypothetischeren Höfe ansehen durften oder nicht – einen kleinen Disput über dieses Littoria und seine Bauzeit gegeben hatte. Einer von denen aus den Lepiner Bergen, einer aus Sezze, hatte spöttisch gesagt – und damit zu verstehen gegeben, dass er nicht gerade ein hundertprozentiger Faschist war: »Mussolini will im Dezember kommen und Einweihung feiern, na schön. Aber was will er denn da einweihen, eine Froschkolonie?«
    Da war Onkel Pericle aufgefahren und hatte gesagt: »Red nicht so daher. Wenn der Duce sagt, im Dezember ist es fertig, dann ist es im Dezember fertig. Firmato Pericle Peruzzi, verdammt noch mal«, und hatte mit der Faust auf den Tisch geschlagen.
    »Ist ja gut! Reg dich nicht auf«, hatten die anderen sofort gesagt und das Thema gewechselt, auch weil in dem Augenblick gerade zwei Carabinieri auf Streife an ihrer Bank vorbeikamen, während mein Onkel sich schon von sich aus fragte: »Aber was zum Teufel rede ich denn da?« Auch die Brüder – Adelchi und Iseo – sahen ihn entgeistert an, wie um zu sagen: »Aber Pericle!« Sie sagten natürlich nichts, denn er war Pericle, und es war besser, ihm gegenüber nichts zu sagen, aber sie hatten ihn komisch angeschaut, und er hatte verstanden. »Ich halt besser den Mund, blamiert hab ich mich nun eh schon.«
    Als jedoch die anderen sagten »Cispadanier!« und Onkel Adelchi »Marokkaner!« und die wiederum »Landdiebe!«, platzte Onkel Pericle der Kragen, der Ärger über die Einweihung im Dezember kam noch hinzu – »das auch noch!« –, er sprang auf, und über den Tisch weg sagte er zu dem aus Sezze, den er direkt vor sich hatte: »Nimm das zurück, du Marokkaner!«
    »Was soll ich denn zurücknehmen? Einen Scheißdreck nehm ich zurück, du Cispadanier und Polentafresser.«
    Pum! über den Tisch hinweg verpasste Pericle ihm einen Kinnhaken. Sofort sprang auch Onkel Iseo auf. Ein paar von denen aus Sezze stürzten sich auf Onkel Adelchi. Eine Gruppe von Siedlern – wie wir vor ein paar Tagen hier gelandet und nun auch zu Besuch auf den mysteriösen Baustellen von Littoria – hatte »Cispadanier« und »Marokkaner« schreien hören, und in dem berechtigten Verdacht, die Sache könne sie in irgendeiner Weise angehen, stürzten sie sich ebenfalls ins Getümmel. Doch dann kamen auf der anderen Seite noch die Schafhirten von

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