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Canale Mussolini

Canale Mussolini

Titel: Canale Mussolini Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pennacchi Antonio
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und geschlafen, sind immer bestens miteinander ausgekommen; nur die Menschen etwas weniger.
    Irgendwann war sie beim Ticktack der Pendeluhr an der Wand eingenickt, den Wollfaden im Schoß. Hund und Katze im Körbchen schliefen ebenfalls. An diesem Tag verfiel Großmutter aber gleich in einen tiefen Schlaf, und sofort sah sie im Traum einen schwarzen Mantel, einen Mantel, der sie wie Asphalt ganz zudeckte und sie am Atmen hinderte. »Ah, ah«, stieß sie hervor und schnappte nach Luft. Aber sie bekam wirklich keine Luft, ihre Kehle brannte. Sie glaubte, sie müsse sterben, dabei wusste sie im Traum – deshalb hat sie ihn auch nie mehr vergessen –, war ihr im Traum bewusst, dass sie träumte, und sie wollte aufwachen, doch es gelang ihr nicht, dieser schwarze Mantel deckte sie immer mehr zu. »Heiligemariamuttergottes, ich sterbe!«, dachte sie und empfahl, immer noch im Traum, ihre Seele dem Herrn.
    Plötzlich kam Armida, Pericles Frau, in die Küche gestürzt und schrie: »Was ist los?«
    So wachte Großmutter auf – besser gesagt, so gelang es ihr endlich aufzuwachen, sich loszumachen aus dem schwarzen Mantel – und plötzlich wachte auch der Hund auf: wau wau , die Katze auch miauuu , und blitzschnell sausten sie davon. Draußen hörte man das wwuuu wwuuu wwuuu von Tausenden schwirrenden Bienen. Um ihnen nachzulaufen, hatte Armida die Hacke zwischen den Rüben liegen lassen – »Wo rennt die denn hin? Immer hinter ihren Bienen her?«, murrten die Schwägerinnen – und war ins Haus gelaufen.
    »Von einem schwarzen Mantel hab ich geträumt, von einem ganz schwarzen Mantel, ich glaubte, ich muss sterben«, keuchte Großmutter und schaute auf die Pendeluhr hinter sich, um zu sehen, wie spät es war. Es war fast drei, und dort in Ostafrika – am Canyon von Laga Wolde – hatte Onkel Adelchi eben den letzten Schuss auf die Priester und Messdiener abgegeben, die unsinnigerweise zu fliehen versuchten.
    Fünf Tage später hatte sie wieder diesen Traum. Es war früher Morgen – quasi im Halbschlaf –, und da bekam sie wirklich Angst: »Zwei Mal innerhalb weniger Tage? Da muss etwas passiert sein. O Gott, mein Adelchi!« Sie ließ sich ins Dorf bringen und zündete in der Kirche eine Kerze an; ein paar Tage später kam der Brief von ihm, dass es ihm gutgehe, dass seine Zeit fast um sei und er in höchstens einem Monat nach Hause kommen würde. »Dank sei dir, o Herr«, sagte Großmutter.
    Ich möchte aber nun nicht, dass Sie meinen, es gäbe da, wie soll ich sagen, eine ständige Fehde zwischen uns und den Priestern, weshalb ein Peruzzi, sobald er einen Pfaffen trifft, auf den losgeht und ihn erschlägt. Nein, so ist das nicht. Es war ein Verhängnis. Wir alle sind wie Schilfrohr im Wind des Schicksals. Wir gehen, wohin der Wind uns trägt. Und dort angekommen, tun wir – jedes Mal – das, weswegen der Wind uns dorthin getragen hat. Aber wir hatten nichts gegen die Priester. Im Gegenteil.
    Kaum hier angekommen, ließ Großmutter sich gleich am ersten Sonntag mit dem Karren in den Borgo bringen, sie wollte in die Kirche. Und so am nächsten Sonntag und alle folgenden auch. Großvater setzte sie vor der Kirche ab und ging ins Wirtshaus. Wenn er sie dann von weitem kommen sah, sagte er zu seinen Freunden: »Wartet, ich bin gleich wieder da.« Er brachte sie nach Hause und fuhr zurück, so ging das einige Wochen lang. »Wer weiß, was sie gepackt hat«, dachte Großvater.
    Dort in Oberitalien war es nur recht selten vorgekommen, dass sie in die Kirche gehen wollte. Sie gab dem Pfarrer etwas und auch den Mönchen, wenn sie wegen der Almosen kamen, aber in die Kirche ging sie fast nur an Ostern und Weihnachten. Hier dagegen schien es, als hätte sie diese Schrulle bekommen – Großvater dachte: »Das vergeht wieder« –, jeden Sonntag hingehen zu wollen, regelmäßig wie die Pendeluhr, die bei uns an der Wand hing.
    Eines Sonntagmorgens, jedenfalls als sie auf dem Platz vor der Kirche anhielten, Großvater dem Maultier »Brrr!« zurief, den Karren zum Stehen brachte und auch schon leicht ungeduldig wartete, dass sie endlich voranmachte und ausstieg, damit er ins Wirtshaus kam – wo seine Freunde mit dem frisch gemischten Stoß Karten vor ihren Gläschen schon bereitsaßen fürs Briscola-Spiel –, da sagte sie: »Nein, nein! Du kommst auch mit!«
    »Hä?«, stieß Großvater hervor.
    »Du kommst auch mit!«
    »Aber du bist ja verrückt! Hüaaa «, rief er und trieb das Maultier wieder an.
    Als er nach Hause kam, ein

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