Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Canale Mussolini

Canale Mussolini

Titel: Canale Mussolini Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pennacchi Antonio
Vom Netzwerk:
wenn nach der Eroberung des Imperiums die Sanktionen gegen uns dann aufgehoben wurden und alles wieder fast so wurde wie früher, je grimmiger Frankreich und England uns anschauten, desto enger schlossen wir uns zwangsläufig an Deutschland an.
    Unterdessen gewannen die Deutschen von Tag zu Tag immer mehr an Wirtschaftsmacht und militärischer Schlagkraft. Sie waren – anders als wir – präzise und perfekt organisiert, wie den deutschen Maschinenbau gab es keinen zweiten, sagte Onkel Benassi, der von Maschinenbau etwas verstand –, sie waren selbst wie eine Maschine, die wuchs, sich vergrößerte und verdoppelte. Geometrische Progression nennt man das, und jedes Mal, wenn der Duce hinfuhr und die Aufmärsche sah, kam er völlig beeindruckt wieder. Jetzt war er es, der sich an seinen Arm hängte: »Adolf hier, Adolf da.« Und es war Adolf, der zu ihm sagte: »Bleib mir weg, Duce, fass mich nicht an«, und er trat etwas zur Seite, wobei er ganz leise zu Goebbels sagte: »Was für Manieren, diese Italiener!«
    Der Duce war also hochzufrieden, dass es wieder geklappt hatte – und zwar im Beisein von Rudolf Hess –, der Trick mit der Sonne: »Geh und erzähl das dem Adolf. Ob er so was auch kann.«
    Aber das Merkwürdigste ist, dass genau zwei Jahre später, auch bei der Einweihung von Pomezia am 29. Oktober 1939, ebenfalls ein regnerischer Tag war, es regnete in Strömen, und der Himmel war eine Bleikuppel. Der Duce kam gegen zwölf Uhr Mittag im offenen Wagen aus Rom, und kaum tauchte er von ferne auf, kam nach und nach die Sonne heraus. »Als die Wagenkolonne von der Brücke herunter auf die Piazza zukam, wo wir alle standen«, erzählte Lanzidei, der, wenn er ein Gläschen zu viel getrunken hatte, regelrecht poetisch werden konnte, »da erschien plötzlich und strahlend die Sonne und brachte alles ringsum zum Leuchten.«
    Das war allerdings das letzte Mal, dass ihm der Trick gelang. Ja, es war überhaupt der letzte Trick, der ihm noch geblieben war, die anderen gelangen ihm schon ein Weilchen nicht mehr. Er aber war überzeugt, dass doch: »Jedes Los, das ich ziehe, kann nur das Große Los sein, Mussolini hat immer recht.« Aber nein, im Säckchen waren nur noch die Nieten, die guten Lose hatte er verheizt, wollte das aber nicht wahrhaben. Jedes Mal, wenn er wieder eine Niete zog, sagte er: »Das macht nichts, das nächste ist bestimmt gut«, und fuhr noch einmal mit der Hand ins Säckchen und zog ein noch schlechteres Los. Keine Chance, diese Hand festzuhalten – das war wirklich eine Manie geworden –, denn, wie die Alten sagen, wer bereits beschlossen hat, sich aufzugeben, den machen die Götter blind.
    Am 29. Oktober 1939 weihte er also Pomezia ein. Alles fertig. Auch diese Stadt ein Schmuckstück. Entworfen von denselben vier Freunden – zwei Ingenieuren und zwei Architekten –, die auch Aprilia geplant hatten.
    Während die Bauarbeiten für Pomezia anliefen, erschien allerdings am 22. April 1938 das Manifesto della razza , eine Art wissenschaftliche Rassenlehre, und es wurde eine neue Zeitschrift gegründet, die »La difesa della razza«, Verteidigung der Rasse, hieß. Außerdem hagelte es zwischen September und November antisemitische Erlässe und Gesetze, und Ende 1938 waren die Juden in Italien praktisch Illegale, sie waren nicht länger Bürger wie alle anderen, sie durften nicht unterrichten, kein öffentliches Amt bekleiden oder gar – Gott bewahre! – den Streitkräften oder der faschistischen Partei angehören, sie durften auch bestimmte Berufe nicht ausüben. Ja, sie durften nicht mal mehr ihre Kinder mit den anderen zur Schule schicken.
    Ich will Ihnen die Wahrheit sagen: Die Meinen ließ das völlig kalt. Wie im Übrigen den Rest des italienischen Volkes auch, damit das klar ist. Oder haben Sie zufällig schon mal von jemandem gehört, der 1938 oder ’39 aufgestanden wäre und gesagt hätte: »Aber die Juden, so kann man doch nicht mit denen umgehen«? Niemand. Nicht ein Wort. Das ganze italienische Volk sagte: »Was geht mich das an? Ich bin doch kein Jude.« Ja, und wenn man bedenkt, was die Pfaffen und die Katholische Kirche im Lauf von fünfhundert Jahren in Italien gesagt und getan hatten – sie hatten schließlich die Ghettos erfunden, das erste gleich bei uns in Oberitalien, in Venedig –, nun, dann werden Sie einsehen, dass es auch für meine Verwandten und für das ganze italienische Volk ein Leichtes war, zu den alten Ansichten zurückzukehren: »Ach herrje, diese verflixten

Weitere Kostenlose Bücher