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Canale Mussolini

Canale Mussolini

Titel: Canale Mussolini Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pennacchi Antonio
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während er fluchte wie ein Henker: »Macht langsam, dass der Tod euch hole, macht langsam, oder ich schick euch zurück nach Venetien.« Er hatte sich die Kinnlade und ein paar Rippen gebrochen. Trotzdem wollte er bei der Veranstaltung nicht fehlen. »Ja, verdammt noch mal, da wird Pontinia gegründet und ich soll nicht dabei sein?«, brüllte er durchs ganze Krankenhaus von Velletri, bis man eine Tragbahre für ihn herbeischaffte und ihn so nach Pontinia brachte. Es gibt noch diese Fotos, wo der Duce eine Kelle Mörtel auf den ersten Stein streicht, und neben ihm Cencelli, der aussieht wie eine Mumie, in Milizuniform mit schwarzem Hemd, aber mit weißem Verband überall, um den Hals, das Kinn, das halbe Gesicht und den Kopf ganz umwickelt, darauf den schwarzen Fez. Wie Tutenchamun sieht er aus.
    Es war jedenfalls der 19. Dezember 1934, Segen des Bischofs, Grundsteinlegung, das ganze Trara wie die anderen Male – die Peruzzi natürlich vollzählig anwesend –, und auch dort in Pontinia regnete es. Aber kaum traf der Duce ein, kam die Sonne heraus. (Was ist, Sie lachen? Was gibt’s da zu lachen? Wenn Sie es nicht glauben wollen, ist das Ihre Sache, aber meine Onkel haben es mir so erzählt. Und sie waren schließlich dabei.)
    Wer nicht mehr dabei war, als Pontinia im darauffolgenden Jahr am 18. Dezember eingeweiht wurde, das war eben der arme Cencelli. Er hatte die Stadt gewollt, wie gesagt, hatte sie bei Gefahr seines Lebens gegründet, hatte alle Entwürfe machen lassen und die Bauunternehmen jedes einzeln kontrolliert, aber als der Zeitpunkt da war, sie fertig zu sehen und einzuweihen, war er nicht mehr da. Er war ausradiert worden.
    So war der Duce nun einmal: Wenn er es satt hatte, hatte er es satt. Cencelli machte sich zu breit, das stimmt. Er war eben aus Rieti. Ständig zankte er sich mit jemandem: mit den ehemaligen Eigentümern, mit den Adelsfamilien, mit den Bauunternehmern, mit den Erdarbeitern an den Kanälen, mit den Siedlern auf den Höfen, mit den Gewerkschaften und mit den Heiligen im Paradies. Kurz und gut, mittlerweile war er im Agro Pontino verhasster als die Anophelesmücke oder die Sezzesen.
    Der Ehrlichkeit halber muss man aber auch sagen, dass der Duce offenbar etwas neidisch geworden war. So war er nun mal, erst hob er einen in den Himmel, wenn einer aber dann gar zu sehr glänzte, warf er ihn zurück in die Gosse.
    Ich weiß nun nicht, wie die Dinge mit Cencelli im Einzelnen gelaufen sind. Jedenfalls wusste der Duce ganz genau – auch wenn er das ganze Verdienst dann für sich beanspruchte –, wer der eigentliche Begründer von Littoria gewesen war und wer ihn hingegen daran hatte hindern wollen. Und vor allem wusste er, dass auch der andere das wusste. Ausgesprochen hat Cencelli das nie, jedenfalls nicht offen, ja, es konnte sogar vorkommen, dass er sagte: »Duce, du bist das Licht, alles hast du gemacht, ich habe einen Dreck gemacht, und an diese Sache da erinnere ich mich gar nicht mehr, ich erinnere mich schon gar nicht mehr, dass überhaupt irgendwas geschehen ist, dafür lege ich die Hand ins Feuer!« Aber bei dem schlechten Gewissen, das der Duce hatte, wollen Sie, dass diese Sache da nicht an ihm nagte?
    Tatsache ist jedenfalls, dass der Duce eines Tages »Basta!« sagte, ihn aus der Opera Nazionale Combattenti hinauswarf und, als Pontinia fix und fertig war, zur Einweihung nur er und Rossoni kamen. Jetzt war es Cencelli, der in Magliana Sabina saß und sich vor Ärger zerfraß. Es war, wie gesagt, der 18. Dezember 1935, und auch wenn Sie das nicht glauben wollen, auf dem Hof muss noch irgendwo die Ausgabe des »Mattino« aus Neapel herumliegen, wo berichtet wird, wie nach dem Regen, der seit dem Vorabend ununterbrochen gefallen war, und trotz des dunklen, wolkenverhangenen Himmels, sobald Er erschien, die Sonne herauskam: »Der Himmel war, wie gesagt, ganz bedeckt, aber in ebendiesem Augenblick blies ein heftiger Windstoß die Wolken in Richtung der schneebedeckten Lepiner Berge. Ein Stück blauen Himmels wurde sichtbar, und Mussolini wandte seinen Blick dorthin, bevor er auf die Menge sah.«
    Es war der 18. Dezember 1935, ich wiederhole es noch einmal, seit drei Monaten waren wir im Abessinien-Krieg, und vor dreißig Tagen – so steht es auf der Tafel, die zum ewigen Gedenken unter dem Turm von Pontinia angebracht wurde – hatte die ganze Welt, oder genauer gesagt, hatte der Völkerbund den Wirtschaftsboykott über uns verhängt, Sanktionen, mit denen die ganze zivilisierte

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