Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Canale Mussolini

Canale Mussolini

Titel: Canale Mussolini Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pennacchi Antonio
Vom Netzwerk:
Juden, sie sind halt doch ein Fluch.«
    Sie werden sich aber nun auch erinnern, dass zwei von den vier Planern von Aprilia Juden waren. Hundertprozentige Faschisten, aber Juden. Wie Barany. Und so, von einem Tag auf den anderen, kehrt man sich von ihnen ab und rammt ihnen das Messer in den Rücken.
    Sogar Onkel Adelchi sagte viele Jahre später noch gelegentlich: »Stell dir nur Barany vor. Wäre er zwei Jahre länger am Leben geblieben, hätten wir ihn umgebracht. Gott sei Dank ist er am Amba Aradam gefallen, das war sein Glück.« Erst hätten wir ihn aus dem ONC hinausgeworfen, und dann hätten wir ihn bei Bedarf in einen verplombten Waggon nach Mauthausen gesetzt; wo der Stiefsohn von Pertucci tatsächlich umgekommen ist, das war einer der Architekten von Aprilia und Pomezia. Und alles, weil der Unsrige sich mit Händen und Füßen – mit Leib und Seele, Geist und Seele – an seinen neuen germanischen Verbündeten gekettet hatte.
    »Ja, seid ihr denn verrückt«, brüllte im Faschistischen Großrat als Einziger Balbo – Italo Balbo, Ruhm und Ehre seinem Namen – zusammen mit De Bono. »Aber was haben die Juden euch denn getan? In Italien sind sie faschistischer als wir.«
    »Du verstehst nichts von Politik«, zischte der Duce. Und alle stumm wie die Fliegen, auch Rossoni. Keiner rührte sich mehr da drin. »Mussolini hat immer recht« , stand in ganz Italien auf den Häuserwänden, und indem sie es immer wieder schreiben ließen, glaubten sie es am Ende selbst. Aber noch schlimmer ist, dass er es selbst glaubte. Der einzige Zweifel und die einzige Unsicherheit befielen ihn, wenn er mit seinem Freund Hitler zusammen war: »Wann irrt der sich mal?« Es wurmte ihn, aber da war nichts zu machen: »Adolf hat immer recht.« Er hatte ihn unterworfen. Untergekriegt, wie man bei uns sagt.
    Während wir Pomezia bauten – und den Juden diese schöne Suppe einbrockten –, ging jedenfalls der Spanische Bürgerkrieg zu Ende, und Großmutter war froh, weil Onkel Treves nach Hause kam.
    Oder doch nicht. »Aber wohin gehst du denn?«, fragte man Onkel Treves. »Bei all dem Durcheinander, das überall herrscht, wird keiner mehr vom Dienst entlassen.« Und tatsächlich hatte der andere – der deutsche Freund des Duce – schon Österreich angeschlossen, und dreizehn Tage bevor der Spanische Bürgerkrieg zu Ende ging, hatte er schon einen neuen Krieg mit der Tschechoslowakei angezettelt. Er war einmarschiert, und damit war auch gleich wieder Schluss.
    Um nicht zurückzustehen, waren wir unterdessen am 7. April 1939 in Albanien einmarschiert: »Das gehört uns.« Es gab nichts dort, aber wenn man unseren König nun irgendwo ankündigte, konnte man sagen: »Seine Majestät Vittorio Emanuele III ., Kaiser von Äthiopien, von Gottes Gnaden und durch Willen der Nation König von Italien und Albanien.« Finden Sie etwa, das ist nichts?
    Am 1. September 1939 schließlich – weniger als zwei Monate, bevor wir mit dem Bau von Pomezia fertig wurden und der Duce es einweihen kam – marschierte Hitler in Polen ein und begann so den Zweiten Weltkrieg. Ein weiteres Mal ging die Welt in Flammen auf, auch wenn wir vorerst von dem Schlamassel verschont blieben. Ja, Adolf hatte es dem Duce klipp und klar gesagt: »Halt du dich raus, für meine Zwecke bist du mir nützlicher draußen als drinnen. Sonst stehst du mir nur im Weg.«
    »Ist gut, Adolf, wir halten uns raus«, antwortete er. Aber innerlich wurmte es ihn. »Wie steh ich denn da?«, dachte er bei sich. Wen es hingegen nicht wurmte, das waren wir, genauer gesagt Großmutter, die Kriege satthatte: »Bei all der Arbeit, die wir hier haben!« Die Männer nicht. Die dachten: »Acht Millionen Bajonette! Aber worauf warten wir denn, um in den Krieg einzutreten?« Mittlerweile waren wir zu der Überzeugung gelangt, dass niemand auf der Welt stärker war als wir: »Was sollen die anderen denn schon taugen?«
    Das war jedenfalls die Lage, als der Duce am 29. Oktober 1939 kam, um Pomezia einzuweihen: Die Welt war im Krieg. Es wird Ihnen vielleicht komisch vorkommen, aber für uns war das Schlimmste nicht das – will sagen, der Krieg –, sondern die Tatsache, dass an diesem Tag zur Einweihung von Pomezia Edmondo Rossoni nicht beim Duce war. Nun hatte er auch von ihm genug gehabt. Davongejagt.
    Ein paar Tage zuvor hatte er ihn rufen lassen: »Kamerad Rossoni, ich habe beschlossen, Euer Rücktrittsgesuch als Landwirtschaftsminister anzunehmen.«
    »Hä?«, hatte Rossoni gesagt.
    »Unterschreibt

Weitere Kostenlose Bücher