Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Canale Mussolini

Canale Mussolini

Titel: Canale Mussolini Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pennacchi Antonio
Vom Netzwerk:
entstehen. Wehe dem, der diese Furche überschritt, auch Romulus hatte alle gewarnt: »Wer sie überschreitet, stirbt.« Sein Bruder aber, um ihn herauszufordern, fängt an, darüber hinwegzuhüpfen, hin und her: »Siehst du, ich habe sie überschritten? Siehst du, ich habe sie überschritten?« Was sollte Romulus da tun? Er brachte ihn um. Als er dann völlig verstört wieder zu sich kam, die Gedärme seines Bruders in der Hand, sagte er sich: »O Gott, was habe ich getan?« Aber es war zu spät – »Was geschehen ist, ist geschehen«, es gab kein Zurück mehr –, mit einem Grasbüschel wischte er das Blut vom Schwert, warf den Leichnam des Bruders in den Graben, bekreuzigte sich oder sprach andere Gebete, wie sie damals üblich waren, fing an Steine zu verlegen und Mauern hochzuziehen. Wie würde er denn sonst vor seinen Gefährten dastehen? So gründete er Rom.
    Ebenso zog der Duce am 25. April 1935 die heilige Furche von Aprilia – das mit der Furche machte er zum ersten Mal, und wir waren alle dabei, alle Peruzzi, Benassi und Lanzidei –, dann mauerte er den ersten Stein und kehrte zu sich nach Hause zurück in den Palazzo Venezia.
    Achtzehn Monate vergingen, und am 29. Oktober 1937 kam Mussolini wieder nach Aprilia, zur Einweihung. Fertig. Vollständig. Und er freute sich, denn es war wirklich ein Schmuckstück geworden. Nur sieben Jahre später sollte Aprilia im Krieg völlig zerstört werden, und es sollte nie mehr so werden wie vorher, aber damals hätten Sie es sehen sollen. Vier Planer waren am Werk gewesen – zwei Ingenieure und zwei Architekten –, und die Architekten waren Juden; hundertprozentige Faschisten, die Juden, genauso wie der arme Barany. Damals machte man noch keinen Unterschied, Juden waren Leute wie alle anderen auch, Italiener und Faschisten wie alle.
    Zur Einweihung brachte der Duce Rudolf Hess mit, die Nummer zwei im großen Nazideutschland. Er kam gleich nach Hitler, und wir waren ja unterdessen Freunde geworden. Am Anfang gab der Duce nicht viel auf sie. Er – Hitler – war es, der ihn ständig treffen wollte und sich immer an ihn hängte: »Duce, du bist das Licht, du bist mein Meister, alles habe ich von dir gelernt, ich will so sein wie du.«
    »Aber bleib mir doch weg, Adolf, fass mich nicht dauernd an«, und er schob ihn mit dem Arm beiseite, denn der fasste ihn wirklich an, und der Duce mochte es nicht, angefasst zu werden. Er mochte nur selber Frauen anfassen. »Aber bringt man denen denn zu Hause keine Manieren bei?«, sagte er zu Rossoni, der neben ihm stand. »Er kommt mir vor wie ein Hanswurst.« Als Hitler ihm dann sagte, dass er was gegen die Juden hatte, wollte der Duce schon Schluss machen: »Aber der ist ja verrückt! Was haben die armen Juden ihm denn getan?«
    Aber dann wurden die Nazis eine Großmacht, und in Spanien – gemeinsam mit uns im Krieg gegen die roten Bolschewiken – fuhren sie so viele und so moderne Flugzeuge auf, dass einem angst und bange werden konnte: Dornier, Messerschmitt, Junkers Stuka Ju-87. Dort erprobten und perfektionierten sie Gerät und Kriegstechnik für den Zweiten Weltkrieg. Auch Flächenbombardements aus der Luft haben sie dort ausprobiert, am 26. April 1936 in Guernica, das sie dem Erdboden gleichmachten, während wir im Agro Pontino dabei waren, Aprilia zu bauen. So jedenfalls läuft das im Leben, am Anfang ist einem einer zuwider, und dann verheiratet man sich mit ihm. Und wir haben uns mit Nazideutschland verheiratet. Im Oktober ’36 unterzeichneten wir ein geheimes Kooperations- und Konsultationsabkommen und schufen die Achse Berlin–Rom, und dann so weiter in diesem Sinne, bis hin zum Stahlpakt, »Zwei Völker, ein Glaube« stand auf den Briefmarken.
    Tatsache ist, dass wir wegen des Abessinienkriegs mit Frankreich und England Ärger hatten, sie warfen uns Knüppel zwischen die Beine – sie hatten ihr Imperium und wir nicht, wie ich Ihnen schon sagte, wir sollten außen vor bleiben –, und auch Gevatter Roosevelt begann, sich zurückzuziehen: »Überfälle, nein, das nicht.« Nazideutschland hingegen hatte sofort zu uns gesagt: »Ja, warum denn nicht? Ihr habt alle guten Gründe auf eurer Seite, von heute an seid ihr unsere Freunde und Brüder, macht nur weiter so, wir helfen euch.« Lassen Sie mal beiseite, dass sie dann, als wir Krieg führten, der wichtigste Waffenlieferant für den Negus waren. Das sind Geschäfte. Business is business , wie Tony Soprano sagt. Und dann zieht eins das andere nach sich, und auch

Weitere Kostenlose Bücher