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Canale Mussolini

Canale Mussolini

Titel: Canale Mussolini Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pennacchi Antonio
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sofort.
    »Ja, ja, nur für euch«, stimmte sofort auch Onkel Adrasto zu, »das ist besser so für euch.«
    »Ja, ja, besser so; eine hier, eine dort«, stimmten sofort auch die Schwägerinnen Peruzzi mit ein – allen voran Tante Bissola, die an diesem Tag bei uns auf dem Hof war, und Tante Nazzarena, die marokkanische »Braut« aus Cori, die Onkel Adrasto genommen hatte –, und sie fingen an, die Sachen und die Wäsche von Tante Zelinda abzuladen.
    »Aber nicht doch, nicht doch«, sagte Großvater zu seiner Frau. »Sag ihnen, sie sollen sie nicht auseinanderreißen, sie sollen beide hierbleiben.«
    »Das ist besser so für sie«, sagte Großmutter, »eine hier, eine dort.«
    Armida, was soll ich Ihnen dazu sagen? Zelinda brach in Tränen aus. Das war ihr Hof. Oder um die Wahrheit zu sagen, es war Pericles Hof, denn er und Temistocle waren die einzigen Frontkämpfer von 1915–1918, die es als solche der ganzen Familie ermöglicht hatten, bei der ONC Ansprüche auf Zuteilung der Höfe geltend zu machen; abgesehen von der Tatsache – die mir nicht nebensächlich erscheint –, dass sie es waren, die damals mit dem Fahrrad nach Rom fuhren, um Rossoni aufzusuchen. Aber Sie wissen ja, wie solche Dinge laufen: Wenn man fortgegangen ist und dann mit eingezogenem Schwanz zurückkommt, darf man nicht erwarten, dass Kälber für einen geschlachtet werden wie für den verlorenen Sohn. Das kommt nur in der Bibel vor. In der irdischen Welt dagegen kommt es viel häufiger vor, dass man mit Steinwürfen empfangen wird, wenn’s gutgeht. Wenn man dagegen nicht mit Steinwürfen empfangen, sondern sogar mit dem Karren abgeholt wird, sagt man zu allem ja – »ja, danke« – und setzt sich schön brav in den Winkel, der für einen vorgesehen ist. Man macht gute Miene zum bösen Spiel, wie es so schön heißt. Man wird ja wohl nicht protestieren und unbedingt selbst bestimmen wollen.
    Allerdings war da Clelia – die Frau von Onkel Temistocle, die dort in Oberitalien erst Magd und Dienerin bei uns gewesen war und die Großmutter nicht recht leiden konnte –, die hingegen war sehr froh, dass Armida zu ihr kam: »Komm her, komm her«, weil sie lauter Jungs und nur eine Tochter hatte. »Komm her, so hilfst du mir, und wir können miteinander reden«, denn auch mit dieser Schwägerin war Armida ein Herz und eine Seele.
    Wie bitte, was sagen Sie? Ich hätte aber doch vorher gesagt, Armida wäre mit Großmutter ein Herz und eine Seele gewesen, und warum sie sie dann nicht bei sich behalten hätte, wie Großvater hingegen wollte?
    Was soll ich Ihnen sagen? Sicher waren Großmutter und Armida sehr gut miteinander – Großmutter trug sie auf Händen, als Vorbild für ihre Töchter –, aber mit Onkel Adelchi war sie eben doch noch mehr ein Herz und eine Seele.
    Das sind die Tatsachen, und so richteten sie sich ein: Tante Zelinda und die Familie von Onkel Iseo im väterlichen Haus, im Podere 517, Armida und die Familie von Onkel Pericle im Podere 516, ebenfalls am Canale Mussolini: »Wenn Pericle dann nach Hause kommt«, überlegte Armida an dieser Stelle sehr richtig – »wird er sich mit seinen Brüdern einigen.« Sie nahm ihre Sachen, die Bienenhäuser, die Bienen, die Kinder und zog zu Onkel Temistocle und Clelia.
    Das war aber einige Zeit vorher passiert – einige Monate, fast ein Jahr – vor diesem Weihnachten 1941, als wir schon seit einem Weilchen Ostafrika verloren hatten und die Postkarte von Onkel Iseo kam, dass er Kriegsgefangener und am Leben war, und von dem anderen, von Pericle, wusste man nichts.
    So jedenfalls war die Lage am Heiligabend 1941, als im Hause Peruzzi die Nachricht eintraf, dass man von Pericle keinerlei Nachricht mehr hatte, weder tot noch lebendig. Die Truppen der Achse waren an allen Fronten im Vormarsch – außer in Ostafrika natürlich, das mittlerweile verloren war –, ihr Vorrücken schien unaufhaltsam und der Sieg immer näher: »Wer soll uns noch aufhalten?«, sagte Onkel Adelchi, wenn er im Radio die Frontnachrichten hörte. »Siegen! Siegen! Siegen! Siegen werden wir zu Luft, zu Land und zur See«, sangen alle miteinander, und im Agro Pontino ging das Leben weiter wie immer. Arbeiten und noch mal arbeiten. Natürlich auch noch mehr arbeiten als früher, Tag und Nacht, Frauen, Alte und Kinder, weil nur mehr wenige Männer da waren.
    Die Peruzzi in aller Welt verstreut. Onkel Cesio in Libyen; Onkel Treves, der von Frankreich nach Russland verlegt worden war, zusammen mit Onkel Turati – und wenn

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