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Canale Mussolini

Canale Mussolini

Titel: Canale Mussolini Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pennacchi Antonio
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Häuschen mit enormem Dach. Drinnen waren die Waben, und sie stellte es mal hier, mal dort auf – heute auf einem Feld oder an einem Wegrain, morgen woanders –, immer auf der Suche nach der besten Stelle mit den meisten Blüten, wo sie Pollen sammeln konnten. Aber ich sage es Ihnen noch einmal, dort oben gab es keine besonders hochwertigen Pollen, nur Pappeln, ein paar Ulmen und hin und wieder eine Akazie. Da wurde der Honig gut – bei den Akazien –, aber es gab nur so wenige: nur Felder mit Weizen, Hafer, Mais und Rüben. Aber auch das Wiesengras – und damit die Luzerne – kamen nie bis zur Blüte, was ja den besten Pollen gibt, es wurde vorher gemäht und trocknete dann in der Sonne. Was sollten die Bienen da sammeln? Deswegen gab es nur wenige davon, da war nur sie, die sie hin und her trug.
    Im Grunde aber rissen sich die Leute um ihren Honig – und der Pfarrer um ihr Wachs –, auch wenn eigentlich kein Geld dafür da war, aber ein bisschen was brauchte man schließlich immer im Haus, und zwar weniger zum Süßen als für die Kinder. Honig war die einzige Medizin, die es gab, und er war gut sowohl gegen Husten als auch für die Wöchnerinnen, und wenn das Geld fehlte, tauschte man halt etwas, das war aber immer zu ihren Gunsten; sie war imstande und verlangte ein Kalb für ein einziges Glas Honig. Aber all diese Leute, die kamen und bei ihr Schlange standen, sahen es dann letztlich überhaupt nicht gern, wenn sie ihr Bienenhaus auf ihrem Grund aufstellte. Alle versuchten, sie davonzujagen: »Ich hab Angst, halt mir diese Bienen fern.« Dann tat sie so, als würde sie das Haus wegnehmen, stellte es aber gleich daneben auf der Straße wieder auf. »Gehört die Straße etwa auch dir?«, oder am Ufer eines Kanals, wobei sie leise mit ihren Bienen redete, ganz allein, und die Leute bekreuzigten sich.
    Sie sahen sie, völlig schwarz, oder besser gesagt: schwarz und gelb übersät von all den Bienen, die sich auf ihrer Haut drängelten und ihr über die Hände krochen, über Arme, Hals und Gesicht, bis in den Mund hinein und in den Ausschnitt. Und sie bekreuzigten sich – »So eine Hexe!« –, überzeugt, dass sie wirklich mit den Bienen redete. Nun ist das aber, wie Sie wissen, nicht möglich. Das gibt’s weder im Himmel noch auf Erden. Die Wissenschaft schließt es aus. Menschen können sich mit bestimmten Tieren unterhalten und verständigen. Aber das müssen große Tiere sein, in der Evolution etwas näher an uns.
    Meine Onkel und meine Verwandten redeten auch mit Tieren. Großvater zum Beispiel mit seinem Pferd. Wenn er sich über Großmutter ärgerte und es unmöglich war, auch nur ein Wort noch zu sagen, weil das letzte Wort immer sie haben musste, ging er hinaus, der Ärmste, und sagte zu seinem Pferd: »Komm zu mir, du bist der Einzige, der mich versteht auf dieser Welt.« Ganz zu schweigen von Hunden und Kühen. Kühe sind wirklich intelligent, und meine Onkel haben sich immer gut mit ihnen verstanden. Jede hatte ihren eigenen Namen – ich erinnere mich aus meiner Kindheit noch daran – in unserem Stall im Agro Pontino. Wir kamen hierher, ich sagte es Ihnen bereits, praktisch ohne Vieh. Das hatte uns alles Graf Zorzi Vila weggenommen. Aber kaum hier – nach ein oder zwei Tagen –, brachte die ONC alle nach Doganella, wo sie auf einem Gelände ich weiß nicht wie viel tausend Stück Vieh zusammengebracht hatte. Ein wahres Meer an Tieren, ein riesiger Pferch, die alle Mmmuuuh, mmmuuuh machten. Man hörte sie von weitem, schon von der Via Appia aus, und wenn man hinkam, sahen sie aus wie ein schmutzig weißes Meer, ein unentwegtes Gewoge von Rücken und Hörnern. Tausende und Abertausende von Maremma-Kühen, dicht aneinander gedrängt. Wir hatten solche Kühe noch nie gesehen. Bei uns oben gab es eine andere Rasse, mehr Schlacht- oder Milchvieh und mit normalen Hörnern, nicht solchen langen, gedrechselten und spitzen Hörnern auf dem Kopf. Auf den ersten Blick machten sie einem Angst. Dann gewöhnte man sich daran, und auch die Maremma-Kuh wird einem vertraut wie ein Mitmensch. Als Milchkühe taugen sie nicht sonderlich, sie geben zu wenig. Auch als Schlachtvieh machen sie nicht viel her, selbst wenn man sie mästet, wirken sie doch immer nur wie Haut und Knochen. Aber als Arbeitstiere, helf Gott! Da gibt es keine zweite wie die Maremma-Kuh. Du treibst sie, und sie treibt dich. Unter dem Pflug, im Geschirr oder vor der Egge, was auch immer, von früh bis spät, die lässt nicht locker, bockt

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