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Canard Saigon (German Edition)

Canard Saigon (German Edition)

Titel: Canard Saigon (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Friesenhahn
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an Maricela Rodriguez vermied er durch die Entführung, einen Tatort zu hinterlassen. Er plant seine Taten penibel. Alle gesicherten Spuren weisen ein gemeinsames Merkmal auf. Sie sind von gewöhnlicher Herkunft. Das Gewebeklebeband, der Plastiksack und das Massageöl zählen zu den meistverkauften Produkten ihrer Art. Das ist kein Zufall, sondern Kalkül. Der Täter ist extrem vorsichtig und kennt die Vorgangsweise unserer Ermittlungen. Er trägt Handschuhe und vermutlich einen Schutzanzug, um keine DNA-Spuren zu verursachen. Falls er die Opfer vergewaltigt hat, trug er ein Kondom. Er hat sich die gesamte Körperbehaarung abrasiert. Die Kopfbehaarung ist entweder nicht vorhanden oder bestens geschützt. Der Täter hat seine Opfer beobachtet und ihre Gewohnheiten studiert. Zumindest die beiden Mordopfer. Ort und Zeit der vermutlichen Entführung von Maricela Rodriguez sind sorgfältig ausgewählt. Er minimierte die Gefahr, von Augenzeugen gesehen zu werden und Spuren zu hinterlassen.“ Sandra unterbrach ihre Ausführungen und trank einen Schluck Mineralwasser. „Und jetzt begebe ich mich in das Reich der Spekulation. Wir suchen einen Mann, der in Wien lebt oder arbeitet und beste Ortskenntnisse von Wien und Umgebung besitzt. Er ist zwischen 175 und 183 Zentimeter groß, schlank und gut trainiert. Der Mann hat eine gute bis sehr gute Schulbildung. Er ist zwischen 30 und 45 Jahre alt, ist oder war verheiratet und Vater eines Kindes. Er hat einen gut dotierten Job, bekleidet aber nicht die Position, die ihm seiner Meinung nach zustehen würde. Eine entbehrungsreiche Kindheit führte zu einem ausgeprägten Ehrgeiz, schnell zu Geld und Macht zu kommen. Er hat relativ jung geheiratet. Vermutlich eine schlichte Frau aus einer Familie mit gutem finanziellem Hintergrund. Die Ehe schloss er nicht aus Liebe, sondern aus Berechnung. Die Ehefrau betrachtet Sex als notwendiges Übel und gestattet keinerlei Sexualpraktiken, die von ihrer eng gesteckten Norm abweichen. Seit der Geburt ihres Kindes entzieht sie sich seinem Verlangen für immer längere Zeiträume. Er leidet darunter und flüchtete in Affären. Allerdings konnten diese Frauen seine Fantasien nicht befriedigen. Mit der Zeit wurden seine Vorstellungen immer gewalttätiger, so dass er annimmt, dass keine Frau sie freiwillig mit ihm ausleben würde. Er fühlt sich von seiner Familie gefesselt und geknebelt. Und ebenso beruflich. Er glaubt und weiß, dass er ausgezeichnete Arbeit leistet, was von seinen Vorgesetzten nicht entsprechend honoriert wird. Die Unzulänglichkeit seiner Arbeitskollegen widert ihn an, obwohl er stets bemüht ist, freundlich zu sein. Das wird ihm als aufgesetzt und überheblich ausgelegt. Er ist unbeliebt und hat kein Charisma. Der Mann sucht die Nähe von starken und einflussreichen Persönlichkeiten, hofiert sie und hofft, dadurch Karriere zu machen. Die Motive für seine Morde sind sexueller Natur. Die Art und Weise, wie er seine Opfer fesselt, einölt und höchstwahrscheinlich vergewaltigt, sind für ihn eine sexuelle Befreiung. Ungestört und ohne Widerstand kann er seine Fantasien ausleben. Er genießt die Macht, Frauen so zu behandeln, wie sie es ihm freiwillig nie gestattet hätten. Vermutlich tötet er seine Opfer wegen seiner panischen Angst, erwischt zu werden. Nach dem Tod der Opfer sind ihm diese lästig. Er entsorgt sie wie Müll. Die Abfälle, die er über den Leichen platziert, dienen zwar vordergründig der Verschleierung, stehen aber symptomatisch für sein Empfinden.
    Die Auswahl seiner Opfer – eine Polin, eine Türkin und eine Asiatin – scheint rassistisch, politisch motiviert zu sein. Der Täter steht mit seinen politischen Ansichten vermutlich rechts. Aber vielmehr bieten ihm diese Opfer viele Vorteile für seine grausigen Verbrechen. Die Frauen sind fast alle alleinstehend und haben keine Familie in Österreich. Damit sind sie für die österreichische Medienlandschaft weniger interessant. Es gibt keine seitenlangen Reportagen über das Leid der Hinterbliebenen. Und er lenkt uns, die Ermittler, damit auf eine falsche Spur. Wir sollen denken, er sei ein Rechtsradikaler. Aber nochmals, ich sehe die sexuellen Motive im Vordergrund.
    Der Gesuchte wird nicht mit uns kommunizieren, ist nicht provozierbar und wird weder Statements noch Bekennerschreiben veröffentlichen. Die einzige Botschaft, die er der Öffentlichkeit zukommen lässt, sind die Entenfedern. Welche Bedeutung diese Federn haben, weiß ich nicht. Vielleicht ist

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