Canard Saigon (German Edition)
Teile des Inhalts flogen quer durch den Raum. Nicole drohte, vornüber zu fallen. Im letzten Moment schaffte sie eine Körperdrehung und plumpste mit dem Gesäß hart auf den Sessel. Mit etwas Glück behielt sie die Balance und konnte gerade noch verhindern, dass sie nicht mitsamt dem Stuhl nach hinten kippte.
„Hab ich viel verpasst?“, fragte sie atemlos und schaute mit unschuldigem Blick in die Runde, als wäre nichts geschehen. Alle lachten. Der Auftritt war bühnenreif, dachte Marc. Nicole war manchmal eine richtige Ulknudel.
„Trainierst du für Schwanensee?“, fragte Martin Schilling amüsiert.
„Du muasst ma unbedingt varroudn, wer da die Laufschuach vakauft hout. Der kriagt a Gnackwatschn, dass a bis ham nouch Albanien kugelt“, sagte Red Bull Pauli trocken.
„Nicole, in Simmering hat angeblich eine Gehschule eröffnet. Da werden wir dich für zwei Semester immatrikulieren“, sagte Fritz Stainer lachend.
„Bist du mit der Nummer noch frei?“, fragte Johannes Schmied. „In Las Vegas suchen sie solche Stunts.“
„Ihr seid mir ja nur meine gazellenartigen Beine neidig“, konterte Nicole und musste selbst über ihr Missgeschick lachen.
„Neidig? Wegen der grazilen Bewegungen oder wegen der Beinbehaarung?“, neckte Martin. Alle, einschließlich Nicole lachten.
„Du Depp!“, rief Nicole schmunzelnd in Richtung Martin.
Marc war froh über die gute Laune, die im Team herrschte. Er stand auf, um die Sitzung zu eröffnen.
„Freunde, wie ihr seht, habe ich weder Kosten noch Mühen gescheut, um euch bei Laune zu halten“, sagte Marc, amüsiert über das unfreiwillige Missgeschick. „Ich danke unserer Nicole für ihren gekonnten Auftritt, für den sie monatelang geprobt hat.“
Nicole stand auf und verbeugte sich mit einem übertriebenen Hofknicks. „Autogramme gebe ich nach der Sitzung“, sagte sie und sammelte ihre verstreuten Utensilien ein, bevor sie wieder Platz nahm.
Marc ging zur Pinnwand und gab seinen Kollegen einen kurzen Überblick über den letzten Stand der Ermittlungen. Dann übergab er das Wort an Martin Schilling.
„Ich war heute in Baden, um mir den Fischteich von Max Meisner anzusehen. Der Teich liegt außerhalb von Baden und wird vom Schwechatbach gespeist. Ein asphaltierter Feldweg führt von der Bundesstraße bis zu der eingezäunten Liegenschaft. Links und rechts der Straße erstrecken sich Wiesen, Felder und nahe gelegene Waldstücke. Außer einem Schuppen, etwa 400 Meter vor dem Anwesen, sind weit und breit keine Häuser zu sehen. Ein alter Mann, der für die Meisners den Fischteich in Ordnung hält, führte mich herum. Das Gewässer ist nierenförmig angelegt und nord- und westseitig in ein Waldstück eingebettet. Das Ufer ist begrünt, an manchen Stellen wachsen Baumgruppen bis ans Wasser.“ Martin schaltete den Beamer ein, der ein Foto an die Wand projizierte. „Ich habe mit dem Handy ein paar Fotos geschossen, damit ihr einen Eindruck von diesem prächtigen Anwesen bekommt. Gleich rechts nach der Einfahrt befinden sich zehn überdachte Abstellplätze für Autos. Daran angebaut sind ein Geräteschuppen und eine Vorratskammer für Fischfutter. Längsseits dieser Vorratskammer, die an den Teich heranreicht, sind zwei Ruderboote vertäut. Seht euch dieses Foto an.“ Martin zeigte das nächste Bild. Ein Raunen ging durch Gruppe.
„Über eine Holzbrücke führt ein Weg, von Schilfgruppen gesäumt, auf eine Insel im Teich. Dort steht ein Prachtbau von einem Holzhaus, wie ihr seht. Gepflegter Rasen und einige Baumgruppen umrahmen das Haus. Eine riesige Holzterrasse, bis in den Teich hineingebaut und überdacht, bietet ausreichend Platz für Grillfeste. Und die Angelschnur kann auf jede Seite ausgeworfen werden. Das Blockhaus selbst durfte ich ohne Durchsuchungsbeschluss natürlich nicht betreten. Der alte Mann erzählte mir, dass sich im Haus eine voll ausgestattete Wohneinheit und fünf Gästezimmer befinden. Wasserleitung und Stromversorgung habe Herr Meisner auf eigene Kosten herstellen lassen. Seines Wissens komme er öfter mit Geschäftsfreunden hierher, geangelt wird dabei nicht lange. Aber gefeiert. Und die Herrschaften bleiben oft über Nacht. Der alte Mann war am Dienstag nicht am Teich. Ob jemand hier war, könne er nicht sagen. Ich habe versucht, Herrn Direktor Walch telefonisch zu befragen, aber der ist erst Montag früh in seinem Büro zu erreichen.“ Martin schaltete den Beamer ab und setzte sich.
Paul Valek berichtete, dass von Ahmet Düzel
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