Cantucci-Herzen brechen nicht: Roman (German Edition)
Ferrettis eine Besorgung erledigen.«
Erleichtert darüber, etwas Zeit für sich zu haben, um diese plötzliche Wendung zu verarbeiten, die ihre Zukunft genommen hatte, erklärte Lily sich bereit, einen Karton Amorucci an eine Trattoria in Monticchiello zu liefern, einer anderen kleinen Hügelstadt, ungefähr vierzig Minuten Fahrzeit entfernt.
»Ihre erste kommerzielle Bestellung«, bemerkte sie, als sie den Karton nahm. »Glückwunsch.«
»Sie können die Trattoria nicht verpassen«, sagte Violetta und schob Lily praktisch aus der Tür. »Ist die einzige Ristorante in der Stadt.«
Lily konnte sich kaum an die Fahrt erinnern, weil ihre Gedanken sich überschlugen. Sollte sie nun zurückfliegen nach New York? Es schien die angemessenste Handlungsweise zu sein – sie musste schließlich zu Spezialisten, sich den üblichen Tests unterziehen. Oder nicht? Sie dachte an das Lächeln, das sie immer wieder in ihrem Gesicht fand. Die Toskana hatte es dort nach so langer Abwesenheit anscheinend fest verankert. Lily hatte diesem herrlichen Flecken Erde viel zu verdanken.
Sie parkte am Stadtportal von Monticchiello und begann, mit ihrer Schachtel Amorucci zu der Trattoria hochzugehen. Rote Geranien ergossen sich über den Rand des alten Steinwalls, der die Stadt umringte. Eine giftgrüne, gelb getupfte Eidechse, die sich in der Hitze aalte, streckte ihr die Zunge heraus. Lily streckte ihr ebenfalls die Zunge heraus. Die Temperatur war perfekt, die Sonne tanzte über Lilys Rücken, und eine leichte Brise kitzelte sie im Gesicht.
Sie schob die Tür zum Restaurant auf. Die Theke war verwaist, aber eine offene Doppeltür zeigte auf eine Außenterrasse, von der aus man das pittoreske Tal überblicken konnte, durch das sie gerade gefahren war.
»Hallo!«, rief sie, während sie hinaustrat und einen Hauch von Jasmin wahrnahm, der an dem Spalier hinter ihr emporkletterte.
Ein einzelner Tisch mit einer weißen Tischdecke, die leicht im Wind flatterte, war am Rand der Terrasse gedeckt. Darauf standen eine Flasche Wein und zwei Gläser. Dahinter stand Daniel.
»Oh, du!«, sagte sie.
Er lachte, und in diesem Moment sah er aus wie der Daniel, in den sie sich vor all den Jahren verliebt hatte. Zugegeben, eine leicht verschmutzte Version, ein bisschen gezeichnet, ein bisschen geknickt, aber trotzdem ein und derselbe Daniel.
»Ja, ich«, sagte er. »Klingt es zu kitschig, wenn ich sage, dass wir aufhören müssen, uns so zu treffen?«
Lily erwiderte sein Lächeln und setzte sich an den Tisch. »Ich hatte noch nie was gegen ein bisschen Kitsch«, gestand sie.
»Eigentlich bin ich hier mit einem neuen Winzer verabredet. Seine Frau hat mich heute schon ganz früh angerufen. Aber unsere Gastgeberin hat mir eben gesagt, dass der Mann aufgehalten wurde. Dann hat sie mich einfach mit dieser Flasche hier alleine gelassen, weil sie selber dringend wegmusste. Ich weiß, es ist noch früh, aber darf ich dir einen Wein einschenken?«
Er schickte sich an, ihr Glas zu füllen, aber Lily hielt die Hand darüber. »Nein danke, für mich nicht.«
»Ich kann bestimmt einen Weißwein auftreiben, wenn dir das lieber ist, oder Prosecco. Das ist zwar kein Champagner, aber …«
»Nein, Daniel, wirklich nicht. Ich trinke nichts.«
»Du trinkst nichts?«
Er blickte sie an, besorgt, und einfach so wusste sie, dass sie ihn liebte, dass sie die Liebe stärker spürte als alles andere, und welche Entwicklung auch immer dahintersteckte: Es lag an ihr, diese Felsbrocken wegzurollen, um den schwierigen Zugang zu ihrem Herzen zu ermöglichen. Sie konnte es, wenn sie wollte.
Und in diesem Augenblick, während sie in der warmen Sonne saß und ein neues Leben in ihrem Bauch Strahlen aussendete, wollte sie.
Ihr Timing war, gelinde gesagt, schlecht. Aber nun, da sie in die Zukunft blickte, statt in die Vergangenheit, hatte sie ihre Gewissheit wieder. So einfach war das; sie war sich sicher, was Daniel betraf.
Natürlich konnte es sein, dass er sich unter den gegebenen Umständen nicht so sicher war, was sie betraf. Aber es gab nur eine Möglichkeit, das herauszufinden.
»Wirst du mich wirklich immer lieben, Daniel, egal was kommt?«
Er machte einen erstaunten Eindruck, antwortete aber trotzdem. »Ja, das werde ich.«
»Selbst wenn ich etwas getan habe, das alles zwischen uns für immer ändern wird?«
»Ich bezweifle, dass das möglich ist.«
»Glaub mir, Daniel, es ist möglich. Tatsächlich ist es sogar absolut sicher.«
»Du machst mir Angst, Lily.
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