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Capitol

Capitol

Titel: Capitol Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
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der Tür seinem Gedächtnis eingeprägt. Außer dem Ankläger gab es nichts zu sehen. Widerwillig hielt Jerry den Blicken des Mannes stand.
    »Was werden Sie sagen, wenn der Richter Sie auffordert, zu den Anklagepunkten Stellung zu nehmen?«
    »Nolo contendere.«
    »Sehr gut. Es wäre allerdings nett, wenn Sie sich dazu bereitfinden könnten, ganz einfach ›schuldig‹ zu sagen«, meinte der Ankläger.
    »Mir gefällt das Wort nicht.«
    »Denken Sie daran. Drei Kameras werden auf Sie gerichtet sein. Ihr Prozeß wird live übertragen werden. Für Amerika repräsentieren Sie alle Amerikaner. Sie müssen mit Würde auftreten und ruhig die Tatsache akzeptieren, daß Sie sich durch ihre Komplizenschaft bei der Ermordung des Peter Anderson –«
    »Andrejewitsch –«
    » Anderson des Todes schuldig gemacht haben, wo alles von der Gnade des Gerichts abhängt. Ich werde jetzt gehen. Heute abend sehen wir uns wieder. Und vergessen Sie nicht. Keine Reden. Nichts Lästiges.«
    Jerry nickte. Dies war nicht die Zeit für Argumente.
    Er verbrachte den Nachmittag damit, die Konjugationen portugiesischer unregelmäßiger Verben zu üben und wünschte, er könnte zurückgehen und den Augenblick ungeschehen machen, da er sich bereit erklärte, mit dem alten Mann zu sprechen, der ihm alle Pläne für die Ermordung Andrejewitschs offengelegt hatte. »Nun muß ich Ihnen vertrauen«, sagte der alte Mann. »Temos que confiar no senhor americano. Sie lieben die Freiheit, né?«
    Die Freiheit lieben? Wer wußte das schon noch? Was war Freiheit? Die Freiheit, ein paar Dollar zu machen? Die Russen waren schlau genug gewesen, zu wissen, daß die Amerikaner sich einen Teufel darum scheren würden, welche Sprache die Regierung sprach, wenn man sie nur Geld machen ließ. Und tatsächlich sprach die Regierung sowieso englisch.
    Die Propaganda, mit der man ihn gefüttert hatte, war gar nicht komisch. Sie hatte nur allzu recht. In den Vereinigten Staaten war es noch nie so friedlich gewesen. Sie waren wohlhabender als vor dreißig Jahren während der Hochkonjunktur des Vietnamkrieges. Und das träge, selbstgefällige amerikanische Volk ging wie üblich seinen Geschäften nach, als wären die Leninbilder an den Gebäuden und Anschlagtafeln genau das, was sie sich immer gewünscht hatten.
    Ich habe mich nicht anders verhalten, erinnerte er sich. Ich habe meine Stellenbewerbung zusammen mit der Loyalitätserklärung eingereicht. Bescheiden habe ich die mir angebotene Hauslehrerstelle bei einem hohen Parteifunktionär angenommen. Ich habe sogar drei Jahre lang in Rio seine verdammenswerten kleinen Kinder unterrichtet.
    Wo ich Theaterstücke hätte schreiben sollen.
    Aber worüber soll ich schreiben? Warum eigentlich keine Komödie – Der Yankee und der Kommissar, riesiges Gelächter über einen weiblichen Kommissar, der einen blaublütigen amerikanischen Schreibmaschinenhersteller heiratet. Natürlich gibt es keine weiblichen Kommissare, aber es gilt, die Illusion einer freien und gleichen Gesellschaft zu wahren.
    »Bruce, mein Lieber«, sagte die Kommissarin mit hartem russischem Akzent, der aber sexy klingt. »Deine Schreibmaschinengesellschaft rückt der Gewinnzone verdächtig nahe.«
    »Und wenn ich Verluste machte, würdest du mich einsperren, nicht wahr, meine kleine Nudel?« (Brüllendes Gelächter von den Russen unter den Zuschauern. Die Amerikaner sind nicht amüsiert, schließlich sprechen sie fließend englisch und brauchen keinen Holzhammerhumor. Außerdem sind die Aufführungen alle von der Partei genehmigt, wir brauchen uns also über die Kritiker keine Sorgen zu machen. Macht die Russen glücklich, und zum Teufel mit dem amerikanischen Publikum.) Der Dialog geht weiter:
    »Alles für Mütterchen Rußland.«
    »Mütterchen Rußland kann sich bumsen lassen.«
    »Oh, ja, bitte«, sagt Natascha. »Betrachte mich als ihre persönliche Verkörperung.«
    Ja, die Russen lieben Bühnensex. In Rußland natürlich verboten, aber von den Amerikanern erwartet man, daß sie dekadent sind.
    Ich hätte genausogut Rundfahrten für Disneyland ausdenken können, dachte Jerry. Ich hätte genausogut Slapsticks fürs Varieté schreiben können. Ich könnte auch meinen Kopf in einen Ofen stecken, aber bei meinen Glück wäre es bestimmt ein elektrischer.
    Vielleicht hatte er geschlafen. Er war nicht ganz sicher. Aber die Tür ging auf, und er öffnete die Augen, ohne sich zu erinnern, Schritte gehört zu haben. Die Ruhe vor dem Sturm; und jetzt der

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