Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Captain und Commander (Chronik der Sternenkrieger 1-4)

Captain und Commander (Chronik der Sternenkrieger 1-4)

Titel: Captain und Commander (Chronik der Sternenkrieger 1-4) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
Vom Netzwerk:
Pflicht, sagte eine Stimme in ihm.
    »Es ist eine Lüge, dass es Gottes Wille sei, den Krieg bis in alle Ewigkeit fortzusetzen«, erhob sich die Stimme des Predigers. »Die Priester sagen, so stünde es in den Heiligen Büchern unserer Überlieferung. Aber sie unterschlagen dabei, dass sie selbst diesen Kanon inspirierter Schriften zusammengestellt haben. Die unterdrückten Apokryphen hingegen sagen etwas ganz anderes. Sie sprechen von der Liebe Gottes und davon, dass jedes Individuum nur Gott gehört, aber nicht einem Moloch wie dem Imperium, das rücksichtslos die Leben von Milliarden Soldaten wegwirft.
    Immer wieder werden sie in ihren Raumschiffen in die Ferne geschickt, um Leid und Unheil über fremde Völker zu bringen. Aber zu allererst bringen sie Leid und Unheil über sich selbst. Über jedes einzelne Qriid-Leben, das da draußen im Raum vergeudet wird. Statt dass wir unser Wissen vermehren und uns an der Schöpfung Gottes freuen, statt dass wir unsere Jungen schlüpfen und aufwachsen sehen und ihnen zeigen, was es heißt, sich des Lebens zu freuen und Glück zu empfinden, ohne anderen das Glück zu nehmen, schickt uns der Tanjaj-Mar, der Oberbefehlshaber der Gotteskrieger, wie sie fälschlicherweise genannt werden, in immer neue Schlachten. Mögen diese im fernen Raum toben oder in den Produktionshallen irgendwelcher Industrieanlagen, die des Krieges wegen am Rande ihrer Kapazitäten arbeiten müssen. Ist es richtig, dass ein Qriid sein persönliches Glück dem Imperium und dem Heiligen Krieg zu opfern hat? Ich sage Nein. Das Streben nach Glück ist keineswegs gegen die Gebote Gottes. Ich sage es und ich sage damit nur das, was schon unsere Vorfahren wussten, die die Apokryphen niederschrieben – jenen Teil der Überlieferung, der nicht weniger von Gottes Geist inspiriert worden ist, als die Heiligen Bücher, aber von der Priesterschaft in schändlicher Weise unterdrückt wurde.« Der Prediger machte eine rhetorische Pause. Wieder ließ er den Blick seiner grauen, falkenhaften Augen über die Zuhörerschaft schweifen.
    »Das Universum ist kein Ort des Bösen. Es ist ein Ort wimmelnden Lebens, geschaffen für die Geschöpfe Gottes. Leben wir im Einklang mit der Ordnung, die der Herr geschaffen hat, und nicht gegen sie, so wie wir es seit Jahrtausenden getan haben.« Er hob mit einer beschwörenden Geste die Krallenhand und rief: »Die Priester nennen uns Ketzer – ich aber sage euch, sie selbst sind Ketzer und haben den wahren Glauben verraten. Sie sagen uns, wir werden das Imperium zu Grunde richten. Ich aber sage euch, sie selbst erschüttern es in seinen Grundfesten, weil sie Gottes Wort beugen, wie es ihnen gefällt. Sie sagen euch, ihr hättet kein Recht auf persönliches Glück, auf die Liebe einer Eierlegerin, auf das Quieken der frisch geschlüpften Jungen, auf ein einfaches Leben in Harmonie und Zufriedenheit! Ich aber sage euch, ihr habt jeden Anspruch darauf, nach Glück zu streben und mehr zu sein als Werkzeuge in einer monströsen Maschinerie des Krieges.«
    Pan-Sen hing am Schnabel dieses begnadeten Redners, dessen Worte eine Saite ganz tief in seiner Seele berührten.
    Denn ganz tief in seinem Inneren konnte er einfach nicht anders, als dem Prediger zuzustimmen. Auch er war den Krieg leid. Die Jahre des Friedens mochten daran schuld sein. Darum hassten die Kommandanten der Tanjaj den Frieden wie die graue Pest von Shedemenia. Der Frieden, so predigten die Kommandanten, machte träge und verstärkte nur die unersättliche Gier nach Glück.
    »Meister, wer bist du?«, fragte einer der Anwesenden. »Nie hast du uns deinen Namen gesagt. Überall kennt man dich nur als ›den Prediger‹«
    Eine Pause entstand.
    Stille herrschte.
    Sekundenlang hätte man den zwei Zentimeter großen und nur wenige Milligramm wiegenden Panzer eines ausgelutschten Qriidianischen Hsirr-Käfers aus einem Qriid-Schnabel zu Boden fallen hören können.
    Dann fuhr der Prediger fort.
    »Nennt mich fortan Ron-Nertas«, sagte er.
    Ron-Nertas – der Friedensbringer, durchzuckte es Pan-Sen.
    »Meister, bist du der Friedensbringer, den uns die verbotenen Legenden aus den Apokryphen verheißen?«, rief ein anderer Qriid sichtlich erregt und immer wieder von schabenden Schnabelgeräuschen unterbrochen. »Bist du der Prophet des Friedens, wie es dort heißt?«
    »Ich bin der, dem keine Waffe etwas anhaben wird, so wie es die Apokryphen weissagen.« Der Prediger, der sich Ron-Nertas nannte, richtete nun den Blick direkt auf

Weitere Kostenlose Bücher