Caras Gabe
lernen.“
„Natürlich will ich es“, rief ich kopfschüttelnd. „Ich meine“, atemlos lief ich hin und her, „warum bin ich hier, wenn nicht, um Marmon zu besiegen? Die Prophezeiung sagt, wir werden kämpfen. Weißt du auch, wie es ausgehen wird, Arun? Wird er mich mit einem Lachen in Stücke zerhacken, weil ich zu dumm bin, mein verdammtes Schwert richtig zu halten?“
Der Dämon seufzte leise, dann nickte er. „Es geht heute nicht darum, Marmon zu schlagen. Es geht darum, die ersten Schritte zu lernen.“
Ich stöhnte auf. Es fiel mir zusehends schwerer, mich zu beherrschen. Eine unaussprechliche Angst sammelte sich in mir wie eine schwarze Wolke, die alle Vernunft verschluckte. Und das Schlimmste war, dass ich sie nicht beim Namen nennen konnte. Verzweifelt richtete ich meine Wut auf das, was mir am nächsten war.
„Ich habe keine Zeit für solche Kinderübungen, Arun!“ Brüsk wandte ich mich von ihm ab und trat nach einem Busch, der aus dem Schnee ragte. „Ach, verdammt! Ich sollte es besser sein lassen und meinem Instinkt folgen.“
Plötzlich lag eine Hand auf meiner Schulter. Arun wirbelte mich herum und zog mich zu sich heran, bis unsere Nasen sich beinahe berührten. Seine Miene war finster. „Du kannst alle Entscheidungen treffen, die du willst“, sagte er gepresst, das Biest in der Stimme. „Aber ich werde dich nicht unvorbereitet in Marmons Zitadelle einmarschieren lassen, wo du deinem Instinkt folgend in den Tod rennen kannst.“
Eisig starrte ich zurück. Seine Machtdemonstrationen beeindruckten mich nicht im Geringsten. „Du hast mir gar nichts zu sagen.“
Arun legte den Kopf schräg. Aus seinem Zähnefletschen wurde ein drohendes Lächeln. „Als dein Lehrer im Schwertkampf habe ich das durchaus.“
Ich stieß ihn von mir und schleuderte das Holzschwert beiseite. Es rutschte unter einen Haselnussstrauch und blieb dort hängen. „Dann bist du nicht mehr mein Lehrer!“
Arun zuckte nur mit den Schultern. „Das bin ich. Ob du es willst oder nicht.“
„Oh, nein“, rief ich höhnisch. „Ich wette, Lurian würde mich nur zu gerne unterrichten.“ Ich hatte ihn tief verletzen wollen mit diesem Kommentar und ich zitterte vor Erwartung auf seine wütende Entgegnung, doch Arun lachte bloß.
„Lass das“, schrie ich. „Hör auf zu lachen!“
Der Dämon nahm sich zusammen und sah mich amüsiert an. „Das wäre ein hervorragender Weg, sich das Schwert abnehmen zu lassen.“
Meine Hände ballten sich zu Fäusten, so fest, dass es schmerzte.
„Was ist?“, fragte er lässig. „Hat es dir die Sprache verschlagen?“
„Ich brauche dich nicht!“
„Ich habe nie behauptet, dass du mich brauchst.“ Er trat näher an mich heran. „Weshalb bist du so aufgebracht?“
Ihn nicht anzubrüllen fühlte sich an, als würde ich Messer schlucken müssen. In meinem Kopf, in meinem Bauch bäumte sich die schwarze Wolke zu einem Gewitter auf, das zu explodieren drohte. Mir schwindelte.
„Du lügst mich an, Dämon“, presste ich hervor. „Du sagst mir nicht die volle Wahrheit über die Prophezeiung. Ich weiß, dass du mir etwas verschweigst. Was ist es?“ Ich verschluckte mich beinahe an meinen eigenen Worten, so ungerecht waren sie. Arun hatte bereits große Schmerzen auf sich genommen, um mir überhaupt etwas zu sagen, und nun bezichtigte ich ihn als Lügner. Innerlich schalt ich mich eine feige Heuchlerin. Wie konnte ich so etwas nur von ihm verlangen?
Ich hasste mich in diesem Moment und dennoch konnte ich nicht anders.
Arun wurde blass, doch er wich nicht zurück. „Es gibt Dinge, die … kann ich dir nicht sagen. Mir sind die Hände gebunden.“ Wie um es zu verdeutlichen, hielt er sie gekreuzt vor mich hin. „Wenn ich es dir sagen würde … müsste ich dich verlassen.“
„Umso besser!“ schleuderte ich zurück. „Verschwinde doch gleich! Ich kann das alles auch allein.“ Damit fuhr ich herum und floh.
Die Richtung war egal, solange ich nur von Arun wegkam. Zum Glück standen die Bäume hier dicht an dicht, so dass mich kein tiefer Schnee behinderte und ich schnell zwischen den Stämmen untertauchen konnte.
Im Vorbeigehen schlug ich nach tiefhängenden Ästen, riss die Zapfen von einer Tanne und schleuderte sie ins Unterholz. Meine Augen brannten und in meiner Brust sammelte sich ein beißender Schmerz. Ich ignorierte beides nach Kräften.
Aus dem Augenwinkel sah ich, wie er mir folgte, doch jedes Mal, wenn ich mich nach ihm umdrehte, war er fort.
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