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Caras Gabe

Caras Gabe

Titel: Caras Gabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maya Trélov
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„Verschwinde!“, schrie ich den Büschen entgegen. „Lass mich allein!“
    Das Echo meiner Stimme verhallte zwischen den Tannen. Verstört glotzten die nadelbesetzten Äste zurück. Nichts als Stille umgab mich. Kälte, Schnee und das leise Säuseln fallender Eiskristalle. Ich hielt inne und bevor ich es verhindern konnte, fand ich mich im Schnee kniend wieder, von schmerzhaften Krämpfen geschüttelt und das Gesicht in den Händen vergraben.
    Ich zwang mich dazu, tief Luft zu holen, krallte meine Fingernägel in meinen Unterarm. Der Schmerz war anders, unmittelbarer. Ich biss mir auf die Unterlippe, so fest, dass es blutete, und starrte die umstehenden Tannen hasserfüllt an. Ich würde nicht die Beherrschung verlieren. Nicht hier. Niemals.
    Es dauerte eine Weile, aber es gelang mir, meine Gefühle wieder unter Kontrolle zu bekommen. Anstatt der wirbelnden Schwärze in meinem Kopf spürte ich nur noch eine pochende Leere in der Brust. Das war leichter, besser zu ertragen. Ich stützte die Hände auf meine Knie und atmete langsam und kontrolliert ein und aus. Wenig später hatte ich mich wieder beruhigt.
    Hinter mir raschelte etwas im Gestrüpp. Ich wischte mir eine Träne von der Wange, wandte mich um. Die Dunkelheit verbarg ihn gut, doch ich wusste, dass er dort stand.
    „Du hast mich absichtlich provoziert.“
    Der Dämon trat aus den Schatten heraus und kniete sich vor mich hin. Er hob seine Hand an meine Wange, als suche er nach Tränenspuren. Seine Finger waren warm und rau auf meiner Haut.
    „Ja“, gestand er leise.
    Ich blieb kalt. „Warum?“
    Er seufzte. „Du vertraust niemandem außer dir selbst“, sagte er sanft. „Das macht dich einsam und schwach. Du bist so wütend, dass du nicht klar sehen kannst … und du hast Angst“
    Ich sprang auf, stieß ihn von mir. „Wag es nicht, so etwas zu sagen! Wie könnte ich nicht wütend sein oder Angst haben?“
    Er bewegte sich schneller, als ich blinzeln konnte. Ich wollte zurückweichen, doch er zog mich näher zu sich heran. „Vertrau mir“, flüsterte er. „Vertrau auf deine eigene Stärke. Deine Wut kann eine Waffe sein, ebenso deine Angst, aber nur, wenn du sie beherrschen kannst.“ Seine Lippen streiften meinen Kiefer, den Hals. Sein Griff um meinen Nacken war sanft, doch bestimmt.
    Ich zitterte, ohne genau zu wissen warum. Es war seine Nähe, doch noch mehr waren es seine Worte. Erneut quollen Tränen aus meinen Augen, ohne dass ich es verhindern konnte. Ich blickte Arun offen an, denn diesmal wollte ich, dass er die volle Wucht meines Schmerzes und meiner Wut sah. Arun hielt mein Gesicht in den Händen und ich wusste, er würde nicht weichen.
    „Ich bitte dich, mir zu vertrauen, Cara.“
    Meine Brust wurde eng und enger, bis ich fürchtete zu ersticken.
    Arun lehnte seine Stirn gegen meine. Ich schloss die Augen.
    „Ich bitte dich“, flüsterte er zärtlich.
    Ein Schluchzer brach aus mir hervor, schüttelte mich. Ich schlug die Hände vors Gesicht und sank gegen Aruns Brust. Seine Arme lagen sicher wie der Umhang der Nacht um meinen Körper. Wie konnte ich ihm nicht vertrauen? Es sollte so einfach sein, doch alles, was ich fand, wenn ich in mich hineinhorchte, waren die hassverzerrten Gesichter der Dorfbewohner. Die Priester in ihrer verlogenen Erhabenheit, alle Macht in ihren Händen. Meine Mutter, die ihre Würde und Gehorsam den Priestern übergeben hatte. Mein Vater in Flammen.
    „Ich … ich kann nicht“, stammelte ich. „Es geht nicht.“
    „Shhhhh.“ Aruns Wärme strahlte auf mich über. Ich ließ mich vollkommen in seine Umarmung sinken, vergrub mein Gesicht an seiner Brust und in meinen eigenen Händen. Sie wurden zu Fäusten in meinem viel zu kurzen Haar. Ein weiterer Verrat, den ich nicht vergessen konnte.
    Langsam sammelte sich Wut in meinem Bauch. Wut darüber, dass ich immer wütend war. Darüber, dass ich Arun nicht vertrauen konnte, wie er es verdiente. Und Wut darüber, dass ich ein Feigling war.
    „Cara, ich würde alles für dich geben. Alles.“
    Gab es denn nichts, das ich tun konnte? Tränen strömten aus meinen Augen, obwohl ich sie so fest zukniff, dass es schmerzte. Ich konnte das hier nicht aufhalten. Wie war es möglich, dass ich einen Lichtträger besiegen konnte, aber nicht meine eigenen Ängste? Denn wenn ich ehrlich war, fühlte ich mich hilflos. Vollkommen hilflos.
    „Es tut mir leid, dass ich dir nicht alles sagen kann. Aber ich bin hier, Cara, und ich werde nicht fortgehen.“
    Seine Stimme. Seine

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