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Caras Gabe

Caras Gabe

Titel: Caras Gabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maya Trélov
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tauchte seine Finger in den Schnee und beobachtete, wie die Eiskristalle auf seiner Haut schmolzen. Ein zaghaftes Lächeln erschien auf seinem Gesicht. „Ein Dämon zu sein, das ist … wie Eis zu sein, das niemals schmilzt.“ Er lachte auf. „Verzeih die pathetische Wortwahl.“
    „Hmm“, ich zog seinen Umhang fester um mich und kuschelte mich an seine Schulter. „Wie war das Leben damals?“
    Arun zögerte. „Es war … rau … und hart. Wir waren Nomaden und zogen mit unserem Stamm durch die Eiswüste. Unser kostbarster Besitz war eine große Herde Rentiere. Es war die Aufgabe der Jüngsten, sie Tag und Nacht zu hüten. Einmal schlief ich bei einer Nachtwache ein und ein Teil der Herde lief davon. Mein Vater war außer sich. Er schickte mich alleine aus, um sie zurückzuholen. Nur ich, ein Hund und der Schlitten. Ich geriet in einen Schneesturm.“
    „Hattest du Angst?“
    Er brummte leise. „Und wie. Ich dachte, ich würde in diesem Sturm umkommen. Doch ich lief weiter, was für eine Wahl hatte ich schon? Irgendwann lichteten sich die Schneewehen und dann fand ich sie, die Rentiere, weit über einen Hügel verstreut.“
    „Was hast du getan?“
    Arun zuckte mit den Schultern. Ich protestierte leise und so hob er seinen Arm und legte ihn um meine Schultern. Ich zog den Umhang bis über meine Nase und lehnte mich an ihn.
    „Ich habe sie eingefangen und zu meinem Stamm zurückgetrieben.“
    Vor meinem geistigen Auge entstanden die Bilder eines Jungen, der sich ängstlich und allein durch den Schnee gekämpft hatte und als Mann zu seinem Stamm zurückgekehrt war.
    „Dein Vater war sicher stolz auf dich“, murmelte ich.
    „Das war er“, sagte Arun mit einem Lächeln. „Er war Robbenjäger und meine Mutter … ich erinnere mich kaum an sie. Nur noch, dass sie häufig sang, während sie ihre Aufgaben verrichtete und … sie trug eine Kette um den Hals, die bei jedem Schritte klackerte.“
    „Hmm“, machte ich und schloss die Augen. Irgendwo zwischen seinen Worten driftete ich davon in einen traumlosen Schlaf.

Kapitel 7
    Als ich wieder erwachte, schien es, als sei gar keine Zeit vergangen, so als hockte ich in meiner eigenen, kleinen Ewigkeit im nächtlichen Wald. Arun erhob sich und verschwand, glitt lautlos in die Finsternis und verschmolz mit ihren Schatten. Als er zurückkam, brachte er mir gefrorene Beeren. Sie schmeckten herb und süß und vertrieben zu meiner Verblüffung Hunger und Müdigkeit aus meinem Körper. Dann hieß er mich aus dem Teich der Mondgöttin trinken. Mit hohler Hand schöpfte ich von dem Wasser. Kurz darauf begannen meine Hände zu prickeln und zu jucken.
    „Was ist das?“, fragte ich beunruhigt.
    Er hob meine Hände ins Mondlicht. Ich runzelte die Stirn. Auf der Innenseite hatte sich eine hauchdünne, durchsichtige Schicht gebildet, die nur in einem bestimmten Winkel silbern aufleuchtete.
    „Ein Geschenk der Mondgöttin“, sagte Arun. „Es ist ein Schutzschild. Undurchdringlich.“
    Staunend öffnete und schloss ich meine Fäuste. Bis auf eine leichte Wärme spürte ich nichts.
    „Das Einzige, das stark genug ist, einen Lichtträger zu verletzen, sind meine Krallen und Zähne“, sagte er, „oder ihre eigenen Federn.“
    Ich drehte meine Hand im Mondlicht und lächelte. „Sehr gut.“
    Noch zeigte der Himmel keine Anzeichen des nahenden Morgens, doch ich spürte, wie die Sonne sich lauernd dem Horizont entgegenhob. Wir standen auf einem Hügel am Waldrand und schauten auf das Dorf hinunter. Die Tannen hinter mir wisperten sich ihre Bedenken zu. Sie streckten ihre stacheligen Finger nach mir aus, doch ob sie mir Glück wünschten oder mich zurückzuhalten wollten, wusste ich nicht.
    Aruns Arme umfingen mich von hinten und er drückte mich ein letztes Mal an sich. Seine Lippen streiften meinen Nacken, als er sprach. „Ich werde dir folgen.“ Dann ließ er mich frei.
    Ich atmete tief durch und setzte mich in Bewegung. Meine Füße trugen mich schnell über den verschneiten Acker und dem noch schlafenden Dorf entgegen. Meine Augen hielt ich starr geradeaus gerichtet. Es war besser, nicht zurückzublicken.
    Auf dem Hügel hinter der Kirche waren Fackeln aufgestellt. Sie bildeten einen perfekten Kreis und erleuchteten die Nacht wie eine schlechte Nachahmung der Sonne. Ich spürte kaum wie ich lief, spürte den harten Boden und auch die dicke Schneeschicht darüber nicht. Der Kreis aus Feuer schien auf mich zu zu schweben oder ich auf ihn.
    Dies war der Ort, an dem die

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