Caras Gabe
Tropfsteinhöhle, in der wir den vergangenen Tag verbracht hatten. Vereinzelte gelbe Sonnenstrahlen fielen durch den niedrigen Eingang um die Ecke, doch ansonsten herrschten Feuerschein und zuckende Schatten über den ausgehöhlten Raum.
Der Boden war von einem feinen Sand bedeckt und so hockte ich mit unterschlagenen Beinen vorm Feuer. In der einen Hand hielt ich ein Stück Holz und in der anderen ein kleines Messer, das ich in dem Beutel gefunden hatte, den Arun von Rosana mitgenommen hatte.
Mein Vater hatte mir gezeigt, wie man Holz bearbeitet, aber ich hatte es so lange nicht mehr versucht, dass ich mich furchtbar ungeschickt anstellte. Ich hatte den Ast von seiner Rinde befreit und auf die richtige Größe gestutzt, doch ich wusste noch nicht, was ich für ein Motiv schnitzen wollte. Vielleicht einen flachen Mond, dachte ich in einem Anflug von Frustration. Das sollte einfach genug für mich sein.
Arun kniff die Augen zusammen und sah mir mit schräg gelegtem Kopf bei meiner Arbeit zu. „Ich bin nicht sicher, ob der Wald wirklich verschwindet oder den Ort wechselt. Es fühlt sich mehr an, als …“ Sein Stimme verlor sich, als ich mich erhob, zwischen seinen Beinen niederkniete und eine Hand nach seinem Haar ausstreckte. Ich zog ihn sanft zu mir heran und küsste ihn. Als ich die Augen wieder aufschlug, hatte Arun einen solch entrückten Ausdruck im Gesicht, dass mich eine Welle der Zuneigung überkam.
„Jetzt habe ich meinen Gedanken verloren“, beschwerte er sich milde und beugte sich hinab, um meinen Hals zu küssen.
Ein angenehmes Kribbeln durchzog meinen Körper. Ich schmiegte mich an Arun und legte mein Ohr an seine Brust, um seinem Herzschlag zu lauschen. „Das macht nichts“, flüsterte ich. „Der kommt schon wieder.“
Das leise Lachen des Dämons erfüllte die Höhle und es war mir eine der schönsten Erkenntnisse, dass dieses einfache Geräusch die Macht hatte, mein Herz schneller schlagen zu lassen.
Kapitel 12
In der folgenden Nacht legten wir auf der Suche nach dem Wald eine beachtliche Strecke zurück, doch der Anblick der geduckten, verknoteten Äste und Stämme blieb uns verwehrt. So auch in der vierten Nacht. Arun wurde zusehends seltsamer. Einmal blieb er inmitten der weiten Ebene stehen, schlang die Arme um mich, vergrub sein Gesicht an meiner Halsbeuge und ließ mich lange Zeit nicht wieder los.
„Cara.“ Es kam als ein heiseres Flüstern.
Seine Umarmung wurde fester, so als fürchte er, ich könne ihm entschlüpfen. Ich spürte etwas Feuchtes an meinem Nacken. „Arun. Was hast –?“
Im nächsten Augenblick küsste er die Stelle und vertrieb meine Frage und alle daran angeknüpften Gedanken.
„Gibbons Tal ist vollkommen abgebrannt“, sagte er mit rauer Stimme.
Das brachte mich ruckartig zurück in die Gegenwart. „Was?“
Arun hielt mich bei den Schultern. „Ich war gestern Morgen dort.“ Er senkte den Blick und schüttelte den Kopf. „Es ist grauenvoll. Rosana und ihre Heiler tun, was sie können, aber bei so vielen Verletzten sind sie machtlos.“
Ich presste die Kiefer aufeinander in dem Versuch, nicht laut zu schreien. „Und wir stolpern durch diesen verdammten Sumpf und suchen einen Wald, der sich vor uns versteckt.“ Ich schaute umher und trat nach einem Grasbüschel. „Verdammt!“
Arun rieb sich mit einer Hand über die Augen.
„Kanntest du jemanden aus der Stadt?“, fragte ich zaghaft, denn es überraschte mich, dass das Leid dieser Menschen ihm so nahe ging. Nicht, weil er nicht mitfühlend war, sondern weil er ein Varuh war, und ich hatte immer geglaubt, dass Dämonen sich generell von den Angelegenheiten Sterblicher fernhielten. Auf Arun traf das anscheinend überhaupt nicht zu.
Er nickte stumm. „Die Sonne kommt“, sagte er tonlos und schaute nach Osten.
Am Rande des Horizontes konnte ich die Farben des nahenden Morgen erahnen. Ich wollte gerade vorschlagen die verbleibenden Minuten zu nutzen, um zu Rosana zu reisen und ihr beizustehen, als Arun etwas in der Ebene entdeckte. Er wurde vollkommen still und spähte der aufgehenden Sonne entgegen.
„Was siehst du?“, fragte ich alarmiert. Es war bereits hell genug für die Lichtträger und ich konnte nicht anders als mir vorzustellen, dass jeden Moment einer vor mir auftauchte, um sich auf mich zu stürzen.
Arun fasst mich an der Schulter und zeigte in eine Richtung, in der ich jedoch nichts außer erfrorenem Gras, Sumpf und zerstückelten Felsen erkennen konnte.
Dunkelheit umhüllte
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