Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Caravan

Titel: Caravan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
Vom Netzwerk:
läuft ganz und gar nicht nach Plan. Er steckt zwischen den beiden fest wie eine Scheibe Wurst in einem verrückten
     Sandwich. Der Bauer ist so schwer, dass Andrij keine Luft mehr kriegt. Während der Bauer auf ihn einprügelt und mit den rauen
     Händen nach seinem Hals tastet, windet sich die Blonde unter ihnen heraus, steigt in den Sportwagen und lässt den Motor an.
     Der Wagen macht einen Satz, und der Bauer rutscht von der Haube und landet mit einem Rumms auf dem Boden.
    »Pass auf, mein Knödel!« Andrij, der noch auf der Haube hängt, hört Jolas Gekreisch |66| von oben vom Feld und sieht, wie sie auf ihren hochhackigen Sandalen durch die Erdbeerbüschel stolpert. Auch der Bauer sieht
     sie, als er sich hochrappelt.
    »Bleib weg, Himmelschlüssel!« Er winkt sie fort.
    Der Wagen setzt zurück, heult auf, dann schießt er wieder vor. Es gibt ein grauenhaftes Knirschen. Der Bauer fällt zu Boden
     und krümmt sich. Der Wagen setzt zurück und heult wieder auf. Andrij hängt mit einer Hand am Scheibenwischer, mit der anderen
     hämmert er gegen die Windschutzscheibe.
    »Stopp! Stopp!«
    »Mein Knödel!«
    Hinter sich hört er Jola schreien, aber er kann nicht richtig sehen, was passiert. Als der Wagen wieder nach vorn schießt,
     lässt er sich fallen und landet auf dem Bauern, der sich in Schmerzen auf dem Boden windet, den Mund zum Schrei aufgerissen,
     doch es kommt nur ein leises Gurgeln heraus. Andrij macht sich zitternd von ihm los und starrt ihn entsetzt an. Aus dem linken
     Bein schauen überall Knochen heraus. Der Wagen setzt zurück und heult dann erneut auf.
    »Mein armer Knödel!« Jola stolpert das Feld herunter, stürzt sich auf den Bauern und versucht, ihn aus der Schusslinie zu
     ziehen. Er ist zu schwer. Der Wagen rast auf sie zu. Andrij rappelt sich auf die Füße, und zu zweit schaffen sie es gerade
     noch, den zuckenden Bauern aus dem Weg zu zerren, wobei sie nur um Haaresbreite der Stoßstange entkommen, als der Wagen auf
     sie zurast. Die blonde
angliska rosa
hinterm Steuer grinst wie eine Wahnsinnige.
    Krraaack! Mit einem schrecklichen metallischen Kreischen pflügt der Wagen in das Heck des Männerwohnwagens, der von den Backsteinen
     kippt und in einem irren Winkel auf der Achse landet.
    Die
angliska rosa
steigt aus, um sich den Schaden an |67| ihrem Wagen anzusehen. Dann geht sie auf den Bauern zu, der im Licht der Scheinwerfer am Boden liegt, und gibt ihm einen Tritt.
    »Du mieses Arschloch. Das nächste Mal setzt es was.«
    »Wendy«, stöhnt er, »es war gar nichts. Nur ein bisschen Schmusen.«
    Jola hat sich bis jetzt von der Blonden ferngehalten, doch Selbstkontrolle ist eindeutig nicht ihre Stärke.
    »Schmutzen! Was heißt Schmutzen, he?« Mit fuchsiapinken Zehennägeln geht sie auf ihn los. »Ich bin Himmelschlüssel, nicht
     Schmutzen!«
    »Jola, nicht   …« Andrij versucht, sie zurückzuhalten, aber sie reißt sich los und fällt über den Bauern her.
    »Lass ihn los!«, schreit die Blonde. »Auch wenn er ein Schwein ist, er ist immer noch mein Schwein, nicht deins!« Sie stürzt
     sich auf Jola, die gerade wieder zu einem Tritt ausholt, und reißt sie zu Boden. Keuchend zerren sie einander an den Haaren.
    »Ihr alle Schweine!« Jola strampelt und boxt, aber die Blonde ist größer und stärker als sie. »Lass los!«
    »Stopp! Bitte! Gebt Ruhe!«, ruft Andrij. Er packt die Blonde und hält sie fest in den Armen. »Lady, bitte   …«
    Jola nutzt die Gunst des Augenblicks, stolpert davon und sucht Deckung im Männerwohnwagen. Andrij greift nach der Hand der
     Blonden, die zur Faust geballt ist, und versucht sie an seine Lippen zu drücken, aber sie reißt sich los, holt aus und gibt
     ihm einen krachenden Kinnhaken.
    Vor seinen Augen tanzen Sternchen, dann wird alles schwarz.
     
    Die chinesischen Mädchen starren aus dem Fenster und versuchen zu begreifen, was am unteren Ende des Feldes vor sich geht.
     Was sich da mal im Schatten, mal im grellen |68| Scheinwerferlicht abspielt, ist wirr und undurchschaubar. Sie sehen, wie das Auto zurücksetzt und nach vorn schießt. Sie sehen,
     wie Jola sich auf einen Körper wirft, der am Boden liegt. Sie hören das Krachen, als das Auto den Wohnwagen rammt. Sie sehen
     Irina mit Marta ein Stück weiter unten am Feldrand stehen, von wo die beiden die Ereignisse beobachten. Irgendwann mitten
     im Chaos fährt Vulks Geländewagen durch das offene Tor und rollt geräuschlos neben den Erdbeerreihen den Hügel herauf zum
     Frauenwohnwagen,

Weitere Kostenlose Bücher