Caravan
der Gitarre an. Andrij glaubt zwischen den Bäumen im Tal Blaulicht zu sehen. Plötzlich
weiß er, was zu tun ist. Er springt in den Landrover, wendet, setzt zurück und hängt den Wohnwagen an die Anhängerkupplung.
Sogar eine Buchse ist da, wo er das Stromkabel einstecken kann. Das Ganze dauert keine zwei Minuten. Dann geht es los.
Als er neben dem Feld den Hügel hinunterrumpelt, stolpert ihm eine kleine Gestalt in einem grünen Anorak vor den Wagen, offensichtlich
immer noch unter dem Einfluss von acht Dosen Bier. Er tritt in die Eisen. Der Wohnwagen macht einen Satz und springt fast
von der Anhängerkupplung. Hm. Er muss sich merken, dass er nicht so scharf bremsen darf.
»Steig ein«, schreit er. Emanuel klettert hinten in den Landrover und macht es sich auf der Pritsche gemütlich.
|75| Unten beim Tor steht Wendy immer noch über dem ausgestreckt daliegenden Bauern. Sie blickt kurz auf, als sie vorbeifahren,
und Andrij glaubt die Spur eines Lächelns auf ihrem Gesicht zu sehen, doch vielleicht hat ihm das Licht einen Streich gespielt.
Der dritte Gang geht nicht rein, der zweite rutscht immer wieder raus, und er muss das aufmüpfige Schleudern und Zerren des
Wohnwagens hinter ihm unter Kontrolle bringen, was bei dem wackeligen Lenkrad keine Kleinigkeit ist. Und dort, mit heulendem
Martinshorn, flackert das Blaulicht das Tal herauf. Heiliger Strohsack! Er ist nur ein paar Kilometer weit gekommen, und schon
sind sie ihm auf den Fersen.
Wie ist das passiert, Andrij Palenko? Vor fünfzehn Minuten hattest du einen Landrover, Geld in der Tasche, freie Fahrt und
eine Jugendliebe, die auf dich wartet. Jetzt hast du sechs Passagiere, einen rebellischen Wohnwagen und die Polizei im Nacken.
Warum hast du nicht einfach nein gesagt?
Links vor ihm geht ein Weg ab – ein grasbewachsener Feldweg, der in einen Wald führt. Er fährt von der Straße. Nach ein paar
Metern verbreitert sich der Weg zu einem Rastplatz mit einem alten Picknicktisch. Hier bleibt er stehen. Emanuel ist hinten
im Landrover eingeschlafen. Andrij steigt aus und steckt den Kopf durch die Wohnwagentür.
»Alles normal hier drin?«
Die vier Frauen und Tomasz kauern zusammengedrängt auf dem Boden. Marta hat sich übergeben.
»Wo sind wir?«, fragt Tomasz.
»Ich weiß nicht. Ich weiß nicht, wo wir sind oder wo wir hinfahren. Aber wir bleiben hier. Morgen entscheiden wir.«
Er setzt sich auf den Boden zu den anderen und stützt den Kopf in die Hände. Er merkt, dass seine Knie zittern. Er ist |76| schweißgebadet. Wenn die Polizei kommt, wird er einfach alles erklären. Er wird ihnen sagen, dass alles ein Irrtum war, und
er wird die Konsequenzen tragen wie ein Mann. Das hier ist England.
Jola hat wirklich keinen Grund, sich zu entschuldigen. Wirklich nicht. Wenn dein Liebhaber dich betrügt und dich mit Reden
von Schmutzen beleidigt, und wenn du eine Frau der Tat bist, musst du handeln. Da kommt dieser große Tollpatsch Andrij und
versucht, alle zu beruhigen. Was hilft Ruhe in so einer Situation? Natürlich wird die Frau die Schuld auf Jola schieben. Alles
Lügen. Aber versuch mal, das einem Polizisten zu erklären. Sie weiß, wie Polizisten denken – sie war mal mit einem verheiratet.
Und wie Polizisten denken, geht so: der Schuldige ist der mit dem Motiv. Hat Andrij ein Motiv, den Knödel zu überfahren? Nein.
Hat Jola ein Motiv? Ja.
Am besten gehen sie also der Polizei aus dem Weg. Zurück nach Polen. Schnell, schnell. Aber jetzt sagt dieses Rotebetehirn,
er kann nicht mehr fahren, er will schlafen. Und sie sieht an der Art, wie er zum Bett hinüberschielt, dass er findet, er
sollte im Frauenwohnwagen schlafen dürfen. Und dieser Schlüpferdieb Tomasz (er glaubt, sie weiß es nicht, aber sie weiß es)
hat seine Schuhe ausgezogen. Puh! Was für ein Gestank! Die Mädchen kreischen und halten sich die Nase zu. Sie verschränkt
die Arme über der Brust und sagt entschieden: »Das ist Frauenwohnwagen, nur für Frauen.«
Aber hört dieses dösköpfige Rotebetehirn auf sie?
»Jola«, sagt er, »du warst vielleicht Königin von Erdbeerfeld, aber hier auf der Straße ich bin der Boss. Und wenn ich nach
Dover fahren soll, muss ich vorher gut schlafen.«
|77| Jola erklärt geduldig, dass in Abwesenheit des Bauern, für die sie übrigens keinerlei Verantwortung trägt, sie die entscheidungsbefugte
Person hier ist, und deshalb wird sie über die Unterkunft bestimmen.
»Ich bin reife und achtbare
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