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Caravan

Titel: Caravan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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kicherten beide wie
     irre.
    »Er hat Blumen«, sagte Jola.
    »Blumen? Wofür?« Bei der Vorstellung, dass Vulk mir Blumen brachte, drehte sich mir der Magen um.
    »Blume in der Hand für dich. Hihi.« Das chinesische Mädchen Nummer zwei schlug lachend die Hände vor den Mund. »Pink Blume.
     Pink. Blume für Liebe.« Als würde Pink irgendetwas besser machen. Die dachten alle, das Ganze wäre ein Witz.
    »Ich will seine Blumen nicht«, sagte ich mit gespielter |61| Gleichgültigkeit. Ich war so erleichtert über meine geglückte Flucht. Das Letzte, was ich wollte, war eine Erinnerung an die
     schreckliche Reise, die kalten Pommes, die Übelkeit, die Angst. »Der Mann ist nicht nur zu alt, er ist auch sehr hässlich
     und höchst unkultiviert.«
    »Wir sind alle Gottes Geschöpfe«, sagte Marta vorwurfsvoll. Ich schätze, ihr hat noch nie jemand Blumen geschenkt, wegen ihrer
     großen Nase. Sie ist ein sehr lieber Mensch, aber manchmal übertreibt sie es mit der Religion, finde ich.
     
    Andrij hat mindestens acht Dosen Bier getrunken, und jetzt steht er mit dem Rücken zum Feld, pinkelt und konzentriert sich
     auf das angenehme Gefühl, mit dem warmen Strahl auf die störrischen Nesseln zu zielen, die am Fuß der Hecke wachsen. Ein Stängel
     biegt sich unter dem Strahl, dann springt er zurück. Andrij zielt und trifft wieder. Der Stängel biegt sich, doch er knickt
     einfach nicht ab. Die gezackten Blätter glitzern frech, als er den Reißverschluss zumacht. Später bist du dran, verspricht
     er der zähen kleinen Pflanze.
    Als er im trügerischen Dämmerlicht zum Wohnwagen zurückgeht, hat er plötzlich eine Vision von unglaublicher Schönheit. Ist
     er so betrunken oder träumt er schon? Diese üppigen Proportionen, diese sinnlichen Kurven, diese geheimnisvolle Schönheit,
     feurig und willfährig, monströs und vollkommen. Er streckt die Hand aus, seine Finger zittern. Ja, sie ist Wirklichkeit. Er
     streichelt über ihren schimmernden Körper, schwarzer Lack und Chrom. Er geht um sie herum. Ja, sie ist vollkommen, von allen
     Seiten.
    Und ihr Innenleben? Er probiert die Beifahrertür. Nicht abgeschlossen. Er steigt ein, klettert auf den Fahrersitz, sinkt in
     das weiche, feste, nach Tabak duftende Leder. Was für eine Höhe. Was für eine Kraft. Er fasst das lederbezogene Lenkrad an.
     Er streicht über das Armaturenbrett. So viele |62| Anzeigen. Er tritt auf die Kupplung. Legt einen Gang nach dem anderen ein. Die Schaltung ist butterweich. Er probiert das
     Brems- und das Gaspedal. Sie sind fest, und nachgiebig. Er sucht nach dem Zündschlüssel. Nicht da. Er sieht im Handschuhfach
     nach. Tastet darin herum. Da ist etwas – es ist schwer, kalt. Kein Schlüssel. Eine Kanone. Himmel Arsch!
    Er nimmt die Waffe heraus, wiegt sie in der Hand, dreht sie um. Seine Finger schließen sich um den Kolben. Er spürt die Bedrohung,
     die von der Waffe ausgeht. Öffnet die Trommel – warum sind nur noch fünf Patronen darin? Was ist mit der sechsten passiert?
     Ohne genau zu wissen warum, nimmt er den Revolver an sich und lässt ihn in seiner Hosentasche verschwinden. Das Gewicht zerrt
     an seinem Gürtel. Es fühlt sich gut an, so nah, aber doch vor Blicken verborgen. Dann steigt er aus dem Fahrzeug und schließt
     leise die Tür.
    Als er zum Lagerfeuer zurückkommt, stellt er fest, dass die Frauen schon reingegangen sind. Emanuel schläft. Vitali ist verschwunden.
     Tomasz singt sich selber traurige Lieder vor. Andrij beschließt, der verflixten Nessel noch eins zu verpassen, bevor er ins
     Bett geht. Als er im Schatten zwischen dem Männerwohnwagen und der Hecke steht, beobachtet er, wie der Besitzer des schwarzen
     Geländewagens das Feld herunterkommt und sich ans Steuer setzt. Selbst im Dunkeln kann Andrij erkennen, dass er ein abstoßender
     Typ ist. Was für eine Verschwendung. Und die Kleinigkeit mit der Waffe – wofür braucht dieser Kerl eine Waffe?
    Dann überstürzen sich die Ereignisse, und im Chaos von Licht und Dunkel und zu viel Bier geht alles so durcheinander, dass
     Andrij später nicht genau sagen kann, was eigentlich passiert ist.
    Kaum hat die Dämmerung die Rücklichter des Geländewagens verschluckt, wird die Stille des Tals von einem anderen |63| Motorengeräusch zerrissen. Zuerst denkt er, es ist der Bauer in seinem Landrover, aber das Dröhnen ist lauter, tiefer, und
     hat einen aufregenden pulsierenden Unterton. Er geht ans Tor, um dem Wagen nachzusehen, wenn er vorbeischießt. Doch der

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