Caravan
denen sie
Song Ying erzählt. Bald sind sie unzertrennlich. Als im College nach Aushilfen beim Erdbeerpflücken gesucht wird – die notwendige
Bescheinigung, dass sie Landwirtschaft studieren, wird (natürlich gegen eine Gebühr) von der Collegeleitung ausgestellt –, beschließen beide spontan, es damit zu versuchen.
Trotz des Jobs auf dem Erdbeerfeld, den das College für sie gefunden hat, hat Song Ying noch nicht genug Geld verdient, um
die Collegegebühren zu bezahlen, geschweige denn um für die Universität zu sparen. Aber sie ist fleißig, intelligent und ehrgeizig.
Ganz bestimmt findet sie einen Weg, ihre Träume zu verwirklichen.
Als Chinese in Malaysia musst du doppelt so clever sein und doppelt so hart arbeiten, um etwas zu erreichen, das hat Soo Lai
Bees Vater ihr mit auf den Weg gegeben. Und selbst das reicht manchmal nicht. Als Soo Lai Bee, den anderen als chinesisches
Mädchen Nummer zwei bekannt, im malaysischen Abitur lauter Bestnoten erzielt und trotzdem keinen Platz an der medizinischen
Hochschule bekommt, während eine Anzahl ihrer Bumiputra-malaysischen Mitschüler mit schlechteren Noten die Quotenplätze abräumen,
ist sie bitter enttäuscht. Das liegt daran, dass die Chinesen in Malaysia zu erfolgreich sind, murmelt ihr Vater finster.
Und wenn die Mehrheit der Bumiputra-Bevölkerung sich gegen die Chinesen wendet, wird es zu Krawallen kommen. Sieh dir Indonesien
an. Aber es tat trotzdem weh. Ihre Eltern, die große Pläne mit ihr hatten, erklärten sich einverstanden, dass sie in England
studieren sollte.
|119| Ja, es würde viel Geld kosten. Aber ihr Vater hatte Rücklagen, denn er hatte ein erfolgreiches Familienbauunternehmen aufgebaut.
In Malaysia hat man als Chinese nur eine Chance, wenn man mit einer Bumiputra-Firma zusammenarbeitet. Die erhält den Auftrag
nach der strengen Quotenregelung, die die Auftragsvergabe an Nicht-Malaysier beschränkt, und dann kauft man ihr den Auftrag
ab. Sie kriegt das Geschäft, du kriegst die Arbeit, das Gesetz wird befolgt und alle sind zufrieden.
Tatsächlich kam Soo Lai Bees Vater sehr gut mit seinem Bumiputra-Geschäftspartner Abdul Ismail zurecht, der Millionen gemacht
hatte, indem er Auto-Import-Genehmigungen nach der Bumiputra-Quote an Chinesen verkaufte und nebenbei mit Bauaufträgen handelte.
Sie trafen sich manchmal sogar privat. Bei einem dieser Treffen lernte Soo Lai Bee Zia Ismail kennen, Abduls Sohn. Es lag
zum Teil daran, dass er Bumiputra war, dass sie sich von ihm angezogen fühlte; es lag zum Teil daran, dass sie keine Malaysierin
war, dass er sich zu ihr hingezogen fühlte. Es ist das Privileg der Jugend, sich in den Falschen zu verlieben, und genau das
taten sie.
Abdul Ismail schäumte vor Wut. Er stellte seinem Geschäftspartner ein Ultimatum: Entweder die Beziehung würde sofort beendet,
oder die Geschäftspartnerschaft würde sofort beendet. Soo Lai Bee weinte und weinte, doch sie hatte keine Wahl. Ihre Mutter
und die zwei älteren Schwestern setzten sie unter Druck. Der Vater warnte sie, dass sie ohne die Geschäftspartnerschaft und
ohne die lukrativen öffentlichen Aufträge das Studium in England vergessen konnte. Mach dir keine Sorgen, ich warte auf dich,
sagte Zia Ismail.
Für den Platz an der englischen medizinischen Hochschule brauchte sie im IELT S-Englischtest mindestens die Note 7, |120| und ihre Eltern hielten es für das Beste, sie gleich wegzuschicken. Also schrieb sie sich an einem Londoner College für Studenten
aus Übersee ein, um Englisch zu lernen. Zwei Wochen nach ihrer Abreise erfuhr Soo Lai Bee, dass Zia sich mit einer anderen
verlobt hatte.
Zuerst war sie traurig, dann war sie wütend, dann war sie froh, von zu Hause weg zu sein, in einem neuen Land, wo es niemanden
kümmerte, welcher Rasse sie angehörte. Am College freundete sie sich mit Song Ying an, einer Chinesin, die nicht einmal studierte,
sondern nur wegen der Arbeitserlaubnis da war. Sie unterhielten sich stundenlang über Mütter, Väter, Jungs, Brüder, Schwestern,
Polen, Ukrainer, Malaysier und Engländer. Sie lachten und weinten zusammen. Sie gingen zusammen Erdbeeren pflücken. Sie gingen
zusammen nach Amsterdam.
|121| Butterblumenwiese
Das Majestic Hotel in Shermouth war vielleicht in den 1950ern luxuriös – verglichen mit Hotels an der Ostsee, aber seitdem
ist in Sachen Renovierung oder Instandhaltung wenig geschehen. Zu den vielen Unannehmlichkeiten gehören der
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