Carlottas Kerker
steckt.«
»Und was?«
»Das können wir gemeinsam herausfinden.«
Suko lächelte sie an. »Hast du denn keinen Verdacht, Purdy?«
»Nein, den habe ich nicht. Aber nicht nur der Teufel ist schlimm. Es gibt auch noch...« Sie winkte ab. »Euch brauche ich das ja nicht zu erklären. Denkt nur an den Schwarzen Tod.«
»Den es zum Glück ja nicht mehr gibt!«, fügte ich hinzu. »Den haben wir geschafft.«
»Genau. Und jetzt besuchen wir mal unseren Freund.« Sie stand auf. Wir erhoben uns ebenfalls, ließen Purdy Prentiss aber vor zur Tür gehen, die sie öffnete und als Erste den Flur betrat, der sehr breit war. Das passte zu diesem Haus. Es war ein ehrwürdiges altes Gebäude und hatte wesentlich mehr Jahre auf dem Buckel als wir drei zusammen. Hohe Decken, Rundbögen. Es gab einen Fahrstuhl, ein breites Treppenhaus, und die Göttin Justitia als Halterin der Waage stand auf einem Sockel in der ersten Etage und schaute über ein Geländer hinweg nach unten in den Eingangsbereich.
Die Zellen waren im Keller untergebracht. Dorthin nahmen wir die Treppe und gelangten in einen engen Gang, dessen Steinmauern zusätzlich mit Beton bedeckt waren, als wollte man verhindern, dass sich jemand durch das Gestein biss.
Der Gang endete vor einer Gittertür. Zwei Wachposten saßen in einer kleinen Bude und schauten auf verschiedene kleine Monitore. Es gab einige Zellen, die überwacht werden mussten, weil die Insassen suizidgefährdet waren.
Purdy Prentiss war hier unten bekannt. Die Männer standen auf, als wir ihre Wachstube betraten. Purdy machte sie mit uns bekannt und fragte: »Wie geht es dem Mann?«
»Schauen Sie selbst.«
Nicht nur Purdy blickte hin, auch Suko und ich drängten uns um den Monitor. Das Bild, das sich uns bot, war eigentlich traurig. Da saß der Mann in einer Zwangsjacke mutterseelenallein auf einer Pritsche und stierte ins Leere. Es gab keine Schreie mehr, kein Schimpfen, nicht mal ein schweres Keuchen. Er war in seiner eigenen Dumpfheit gefangen, und aus seinem Mund drang nicht ein Laut. Davon gingen wir aus, weil sich seine Lippen nicht bewegten.
»Hat er nach Essen verlangt?«, fragte Purdy.
»Nein.«
»Und was ist mit Trinken?«
»Auch nicht, Frau Doktor.«
»Okay. Dann werden wir ihn mal besuchen. Bitte, führen Sie uns hin und schließen Sie auf.«
»Natürlich.«
Wir ließen dem Mann den Vortritt. Ich hatte noch immer das Bild des Gefangenen vor Augen, und das brachte mich plötzlich auf eine Idee. »Wie haben sich die anderen Männer umgebracht, Purdy? Wie konnte es dazu überhaupt kommen?«
Sie blieb stehen, schaute zu Boden, und ich merkte, dass ihr die Antwort nicht leicht fiel.
»Sie haben sich auf eine schreckliche Art und Weise selbst getötet. Der eine hat sich die Gabel vom Essgeschirr in die Kehle gerammt, der andere hat sich damit die Pulsadern aufgefetzt. Es war der blanke Horror. Diese Art, sich zu töten, ist gar nicht so einfach. Da muss man wirklich erst mal den Willen und die Nerven dazu haben. Das haben beide gehabt. Um sich so umzubringen, muss man unter einem große Druck stehen, so will ich es mal ausdrücken. Ich weiß nicht, ob er aus ihnen selbst hervorkam oder ob er von außen eingepflanzt wurde...«
»Von außen?«, fragte ich.
»Was ich meine, ist, John, dass alle drei Männer ein bestimmtes Erlebnis hinter sich gehabt haben müssen. Bitte, frage mich nicht, was das gewesen ist.« Purdy fasste nach meinem Arm. Es war ihrem Gesicht anzusehen, dass sie sich alles andere als wohl in ihrer Haut fühlte. »Wir haben natürlich nichts nach außen dringen lassen. Es hat auch keiner nach den Toten gefragt. Offenbar hatten sie keine Freunde oder Verwandte, mit denen sie im engeren Kontakt standen. Als wären sie im normalen Leben gar nicht vorhanden gewesen.«
»Aber sie hatten gemeinsam, dass sie hier in London lebten. Oder kam einer von ihnen aus einer anderen Stadt?«
»Nein. Und es gibt noch eine Gemeinsamkeit: Auch die beiden anderen hatten sich Masken übergezogen, als wollten sie ihre wahre Identität verbergen.«
»Auch Teufelsmasken?«, fragte Suko.
Purdy schüttelte den Kopf. »Nein, das war bei den ersten beiden nicht der Fall. Man kann in bestimmten Geschäften alle möglichen Masken kaufen, das wisst ihr ja.« Sie hob die Schultern. »Wie soll ich die Dinger beschreiben? Es waren Monstermasken, allerdings Mitteldinger zwischen einem Menschen und so einem Geschöpf, wie man sie in diesen Fantasy-Streifen zu sehen bekommt. Da weißt du auch nicht,
Weitere Kostenlose Bücher