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Caroline und der Bandit

Caroline und der Bandit

Titel: Caroline und der Bandit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Lael Miller
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einem Fenster zum anderen, um sie zu öffnen.
    Bald gab es
nichts mehr zu tun, und sie mußte sich Mr. Hayes stellen. »Was wollen Sie?«
fragte sie.
    Er lehnte
mit dem Rücken am Türrahmen. »Sie haben geweint«, sagte er. »Ist Ihnen noch nie
der Gedanke gekommen, daß Flynn Ihrer Tränen nicht wert sein könnte?«
    Caroline
dachte an die Picknicks und langen Sonntagsnachmittagsspaziergänge mit Seaton,
an seine Küsse im Mondschein und ihre Träume von einer Zukunft an seiner Seite.
Caroline hatte sich auf den ersten Blick in ihn verliebt, gleich in jenem
Augenblick, als sie sich vor der Tür seiner Praxis zum ersten Mal begegnet
waren.
    »Sie kennen
Mr. Flynn nicht«, antwortete sie so ruhig, wie ihr möglich war, und brachte den
Zeigestock an seinen Platz zurück. »Und vielleicht darf ich bemerken, daß es
sehr brutal von Ihnen ist, hierherzukommen und mich zu quälen.«
    Der Stich
schien Mr. Hayes nicht zu treffen, und er zuckte nur die Schultern.
»Anscheinend kannten die Geschworenen und der Richter ihn auch nicht. Sie haben
ihn wegen Mordes verurteilt, unter anderem.«
    Caroline
war müde, entmutigt und enttäuscht. »Warum sind Sie hergekommen?« fragte sie
scharf.
    Er nahm
seinen Hut ab und kratzte sich nachdenklich am Kopf. »Das weiß ich selbst
nicht«, gab er zu, »vor allem, wenn man bedenkt, daß ich etwas Besseres zu tun
hätte.«
    Sogleich
dachte Caroline an die Dirne, die sich auf seinen Schoß gesetzt hatte, und war
gekränkt. Sie sammelte ein Reihe von Mathematikheften ein und legte sie
krachend auf das Pult. »Das ist keine befriedigende Antwort, Mr. Hayes.«
    Er lächelte
nachsichtig. »Ich scheine diese Unterhaltung immer wieder zum Scheitern zu
bringen, kleine Lehrerin.«
    Aus einem
Grund, den Caroline sich nicht erklären konnte, spielte er mit ihr. Sie
bedachte ihn mit einem herablassenden Blick. »Sie bringen ein Leben zum
Scheitern«, entgegnete sie kühl.
    Er lachte
und preßte eine Hand an seine Brust, als hätte sie ihm dort einen Messerstich
versetzt. Dann löste er sich von der Tür und kam auf Caroline zu, bis er ihr
ganz nahe stand.
    »Sie
sollten etwas weniger großzügig mit Ihren Beleidigungen umgehen«, sagte er mit
leiser Stimme, einer Stimme, die ein warmes Prickeln tief in ihrem Innersten
auslöste. »Nach allem, was Sie mir sagten, scheine ich Ihre einzige Hoffnung zu
sein, Ihren Freund vor dem Strick zu bewahren.«
    Caroline
trat zurück und zupfte verlegen an den dunklen Strähnen, die sich aus ihrem
Knoten gelöst hatten.
    Mr. Hayes'
nicht zugedecktes Auge richtete sich bei dieser Bewegung auf ihre Brust, um
gleich darauf zu ihrem Gesicht zurückzukehren. Wieder spielte ein leichtes
Grinsen um seine Lippen. Caroline wurde ganz schwindelig, und rasch setzte sie
sich auf ihren Stuhl am Pult.
    »Werden Sie
mir helfen oder nicht?« fragte sie atemlos, als Guthrie Hayes sich über sie
beugte und die Hände auf der Tischplatte aufstützte.
    »Ich habe
mich noch nicht entschieden«, erwiderte er. »Das ist kein Unternehmen, das man
leichtfertig eingehen kann, Miss Chalmers. Es gibt eine ganze Reihe von
Möglichkeiten zu bedenken.«
    Ganz
unvermittelt kam Caroline der Gedanke, daß Mr. Hayes eine sehr viel bessere
Erziehung genossen haben mußte, als seine Kleidung und allgemeine äußere
Erscheinung verrieten. »Aber Sie sagen nicht nein?«
    Er
schüttelte den Kopf, und Caroline sah an seiner Miene, daß er selbst überrascht
darüber war. »Nein. Warum, begreife ich selbst nicht, denn Ihre Idee ist
glattweg verrückt. Einer von uns – oder sogar wir beide – könnte im Gefängnis
enden, gleich neben ihrem Beau.«
    Zu ihrer
eigenen Überraschung lächelte Caroline, und Guthrie schien ähnlich erstaunt,
denn er zog sich zurück und wirkte alarmiert und sehr verwirrt.
    »Danke«,
sagte sie.
    Mr. Hayes
fluchte verhalten, riß seinen Hut vom Kopf und stülpte ihn wieder auf. Dann
drohte er Caroline mit dem Zeigefinger. »Ich habe noch keine endgültige
Entscheidung getroffen, kleine Lehrerin! Vergessen Sie das nicht.«
    »Nein«,
erwiderte Caroline, aber es gelang ihr nicht, den Triumph in ihrer Stimme zu
unterdrücken.
    Wieder
fluchte Mr. Hayes, drehte sich auf dem Absatz um und stürmte aus dem Raum. Noch
als er die Tür schloß, fluchte er leise vor sich hin.
    Zum ersten
Mal seit Seatons Verhaftung wurde es Caroline etwas leichter ums Herz. Sie
schloß die Fenster, wusch die Tafel ab, fegte den Fußboden und ging nach Hause.
    Miss Ethel,
grauhaarig inzwischen, aber von

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