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Carpe Somnium (German Edition)

Carpe Somnium (German Edition)

Titel: Carpe Somnium (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy Marino
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ungefähr.« Sie öffnete ihre Hand und die Waffe glitt wieder in den Ärmel. »Hör zu, Sliv, ich brauch deine Hilfe.«
    Aus dem Lautsprecher drang plötzlich gellendes Rauschen. Mistletoe zuckte zusammen.
    »Kann ich reinkommen und mit dir reden?«
    Mehr Störgeräusche. Das Insekt und die Lautsprecherscheibe zogen sich ins Dunkel zurück. Nachdem sie ein paar Minuten auf irgendwelche neuen Anweisungen gewartet hatte, wollte sie sich gerade weiter durch den Korridor vorarbeiten, als sie Schritte näher kommen hörte.
    Sliv trat ins Licht. Mistletoe schlug sich die Hand vor den Mund, um nicht laut aufzuschreien. Haut und Fleisch seines linken Arms fehlten, sodass nur noch eine innere Mechanik aus dünnen Metallkolben wie bei den Beinen des Kamerainsekts zu sehen war. Anstelle einer Hand neigten sich drei glänzende silbrige Zahnräder schräg zueinander und bildeten eine Art hohler Spitze.
    »Freu mich auch, dich zu sehen«, sagte er.
    Sie begriff, dass sie die Augen vor Schreck vermutlich weit aufgerissen hatte.
    »Ist nix Neues – da draußen trag ich bloß immer lange Ärmel«, erklärte er und nickte in Richtung des Tunneleingangs.
    »Aber deine Hand …«
    Er deutete auf eine Reihe übergroßer Patronen, die von seinem Gürtel baumelten. Eine davon zog er ab und klemmte sie zwischen die Zahnräder am Ende seines Arms. Die halbrunde Hülse glitt zurück, und fleischbedeckte Finger sprossen daraus hervor. Er wackelte mit ihnen.
    »Hast du die gemacht?«, fragte sie.
    »Mm-hmm«, machte er. »War ’n Kinderspiel.«
    »Oberstadt-Tech?«
    Er lehnte sich gegen die Wand und strich sich das zottige braune Haar aus den Augen, klemmte es hinter die Ohren. »Vom Feinsten«, sagte er.
    Mistletoe musterte ihn kurz. Warf seine Nase im Scheinwerferlicht einen Schatten, oder versuchte Sliv, sich einen Schnurrbart wachsen zu lassen?
    »Die Haut hier ist jedenfalls echt«, sagte er und zeigte auf sein Gesicht.
    Sie wandte den Blick ab, dachte an Ambrose mit seinem feinen Anzug, seinem glatten blonden Haar und seinen makellosen Zähnen und merkte, dass sie, ohne es zu wollen, Sliv gerade mit ihm verglichen hatte.
    »’tschuldige«, sagte sie.
    »Nicht weiter wild.«
    Sie zog die angesengte Armbanduhr aus ihrer Tasche und reichte sie Sliv. »Irgend ’ne Idee, was das ist?«
    Mit dem Saum seines Shirts rieb er den schwarzen Rußfilm ab, wodurch auch der Rest der Beschriftung zum Vorschein kam: ESCU . Dann steckte er eine andere der baumelnden Patronen auf seine Zahnradhand. Anstelle der Finger fächerte sich ein Satz Schraubenzieher und Minischraubenschlüssel auf. Er stemmte die Abdeckung von der quadratischen Oberseite. Mistletoe beugte sich neugierig vor.
    »Du stehst mir im Licht«, sagte er, ohne aufzuschauen. Sie lehnte sich zurück gegen die Wand und wartete, während er das Innenleben der Uhr mit einem winzigen Schraubenzieher traktierte. Nach ein paar Sekunden ließ er die Abdeckung wieder einrasten und drückte auf einen der silbernen Knöpfe.
    Eine Entladung wie bei einer Prä-Unison-Blitzlampe tauchte den Tunnel in flammhelles weißes Licht. Kalt gleißte ein chaotischer Funkenregen auf und erstarrte in der Luft zwischen ihnen. Sliv schüttelte die Armbanduhr und schlug sie einmal gegen die Zementwand. Die Funken ordneten sich zu kleinen Blöcken von weißem Text auf einer hellblauen projizierten Seite.
    » ESCU steht für Eastern Seaboard City University«, sagte Sliv durch das blassblaue Leuchten. »Und das Teil hier ist ’ne alte Seminar-Datenbank. Forschungskram und Anweisungen für Hausarbeiten und so ’n Zeug. Ist schon ’n paar Jahre alt – sie haben aufgehört, die zu verwenden, als die meisten ihrer Studenten hartkodiert waren.«
    Mistletoe überflog die Seite. Ganz oben stand eine Art Überschrift:
    SEMINAR # E-56.8
    NUTZUNG DES MARKTS FÜR
    FREIBERUFLER IN UNISON
    PROFESSOR DEIDRE O’HANLON
    Deirdre
. Das zweite
D
, das Jiri in seinen Notizen erwähnt hatte?
    Mistletoe wusste nur eins über die Eastern Seaboard City University: Sie befand sich oberhalb des Sphärenschilds.
    »Ich muss rauf in die Oberstadt«, sagte sie.
    Die Seminardaten verschwanden. Sliv zog eine lange Haarsträhne hinter seinem Ohr hervor und begann, sie zwischen Daumen und Zeigefinger träge hin und her zu rollen. »Wir haben für morgen Nacht ’ne Proviantbeschaffung geplant. Bist herzlich eingeladen.«
    »Wer ist ›wir‹?«
    »Ich und meine Gang.«
    »Du bist in keiner Gang.«
    »Doch, bin ich. Wir nennen uns die« – sein

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